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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie hin und her pendelte. Fassungslos sah Sandra diesem Schauspiel zu.
    »Was bedeutet denn das?« fragte sie.
    Bob gab der Flasche einen neuen Stoß und machte sich daran, einige Dosen zu öffnen. »Das ist lange her«, sagte er. »Als Junge habe ich mal einen Roman gelesen, der in der Sahara spielte. Auch eine Wüste. Und in dem Buch wurde beschrieben, daß die Berber ihre mit Wasser gefüllten Beutel aus Ziegenfell an einen Palmzweig hängen und ihn hin und her pendeln lassen: Der ständige Luftzug kühlt das Wasser. Das fiel mir eben ein. Und das probiere ich jetzt aus.« Wieder gab er der Flasche einen Stoß. »Mag sein, daß der Bursche, der das Buch geschrieben hat, gelogen hat. Man soll Bücherschreibern nie trauen …«
    Es wurde ein festliches Mahl. Die Höhle war mit einer Gaslampe erleuchtet, der Wein blinkte in den imitierten Kristallgläsern, es duftete köstlich nach Fleisch. Bob hatte ein neues Hemd angezogen und Sandra hatte sich das Gesicht waschen dürfen, in einer Nische stand ein Transistorradio und spielte das Brandenburgische Konzert Nr. 1 von Bach. Bob hatte lange gesucht, bis er diesen Sender gefunden hatte. Es war eine einmalige Stimmung um sie herum, lautlose, kalte Wüstennacht, dazu ein festlich gedeckter Tisch in einer bizarren Höhle, und das alles übertönt von einer Musik, die in dieser fremden Welt wie die Botschaft von einem anderen, glücklicheren Stern klang.
    »Ich heule gleich los!« sagte Sandra gepreßt. »Mich kriegt so schnell keiner zum Weinen, aber du schaffst es …«
    Sie aßen, ohne ein Wort zu sprechen. Das Schweigen wurde erst gebrochen, als Bob seinen Weinbecher hob und stockend sagte: »Ich schwöre dir: Ohne dich ist mein ganzes Leben nichts mehr wert!«
    »Auch ich könnte nicht mehr ohne dich sein, Bob …«
    »Ist das nicht ein Wunder, daß man sich so lieben kann?«
    »Es muß ein Wunder sein. Man kann es nicht erklären. Es ist plötzlich in einem.«
    Es war eine kalte Nacht. Nach dem Essen wickelte sich Sandra in eine dicke Decke. Bob kramte in einer Kiste, aus dem Radio tönte ein Klavierstück von Liszt.
    »Draußen scheint ein toller Mond!« sagte er plötzlich. »Ich will dir etwas zeigen …«
    »Den Mond?« Sie erhob sich und ging, in die Decke gehüllt, zum Eingang der Höhle. Das wilde, trostlose Tal lag in einem Silberschimmer, die Felsen leuchteten wie polierte Statuen. Die Stille war vollkommen, nur von ferne klang die Musik. Totes Land. Sandra zuckte zusammen, als Bob an ihr vorbeiging und hinaus in die Felsen trat. Er trug etwas Blinkendes unter dem Arm, das sie nicht sofort erkennen konnte. Aber als er es nach vorn nahm, sah sie, daß es eine Trompete war.
    »Die hast du auch mitgenommen?« wollte sie ihn fragen, unterließ es dann aber, schlug die Decke enger um sich und lehnte sich gegen die Felsenwand.
    Bob hob sich gegen den Mondschein ab wie ein Schattenriß. Er stand neben der Höhle auf einem großen Stein, getaucht ins Silberlicht, ein Stück der Felsen, die in diesem Schattenspiel lebendig zu werden schienen.
    Sandra legte den Kopf an den kalten Fels, als Bob zu blasen begann. Es war kein normales Trompetenspiel … Die Töne vermischten sich mit dem Silber der Nacht, umrankten die Felsen, echoten aus den Klüften zurück, stiegen hinauf in den Sternenhimmel und füllten die einsame Stille aus mit einem Klang, den der Gesang der Steine zu begleiten schien. Zwischen Himmel und Erde gab es nur noch diesen Klang …
    Als Bob zurückkam, stand Sandra weinend neben der Höhle. »Das war von mir!« sagte er. »Ich habe es in München komponiert, nach unserer ersten Nacht. Gefällt es dir? Es heißt ›Sandras Blues‹ …«
    Da warf sie die Arme um ihn, er ließ die Trompete fallen, weil er glaubte, sie stürze hin, fing Sandra auf, stemmte sie auf seine Arme und trug sie in die Höhle zurück.
    Bobs Zweifel an der Freundschaft seiner alten Kameraden waren nicht gerechtfertigt. Zwar stellte sich Staatsanwalt Ambro Seck als ein scharfer Hund heraus, der auf Kosten Bobs unbedingt Karriere machen wollte, indem er den ›Fall Brook‹ durch Presseerklärungen hochspielte, so daß man den Eindruck gewinnen mußte, seit der Entführung des Lindbergh-Babys habe es keinen satanischeren Kidnapper gegeben als Bob. Aber da war auf der anderen Seite Richter de Trajano, der in der Mittagssendung der größten Fernsehgesellschaft einen Vortrag über sogenannte ›Liebestäter‹ hielt, der allen Frauen die Tränen in die Augen trieb. Pfarrer McDolland
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