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Der Hammer der Götter

Der Hammer der Götter

Titel: Der Hammer der Götter
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ins verheißene Land der Götter hatte er sie geradewegs nach Utgard geführt, und alles, was sie gefunden hatten, war der Tod.
    Etwas plätscherte. Thor wandte sich wieder um, verscheuchte die düsteren Gedanken (oder versuchte es wenigstens) und suchte das Wasser sorgsam mit Blicken ab, so weit er es bei dem kaum vorhandenen Licht konnte. Überall schien nur Schwärze zu sein.
    Aber er ... spürte etwas. Etwas war da. Etwas Großes, das näher kam. Und sehr gefährlich war.
    Thor versuchte den Gedanken als so albern abzuschütteln, wie er war, aber es schien ihm wohl nicht ganz zu gelingen, denn er ertappte seine Hand dabei, ganz ohne sein bewusstes Zutun unter den zerfetzten Mantel zu kriechen und nach der Schwertscheide zu tasten. Sie war leer. Er musste die Klinge irgendwann während ihrer verzweifelten Flucht von Bord des Naglfar verloren haben. Fast erschrocken zog er die Hand zurück, wollte stattdessen nach Mjöllnir greifen und wagte es dann doch nicht. Nun, wo er wusste, was dieser Hammer wirklich war, brachte seine Berührung keinen Trost mehr.
    Das sonderbare Geräusch wiederholte sich nicht, aber das Gefühl, nicht mehr allein zu sein und auf eine ebenso lauernde wie feindselige Art angestarrt zu werden blieb. Thor versuchte noch einmal, den Gedanken als kindisch abzutun (es gelang ihm so wenig wie beim ersten Mal) drehte sich mit einem Ruck weg und erstarrte, noch bevor er die Bewegung halb beendet hatte, als er eine kaum kindergroße Gestalt in einem schwarzen Mantel gewahrte.
    Dwegrs Gesicht war mit der Nacht verschmolzen und nicht mehr als ein Dreieck vielleicht noch tieferer Schwärze unter seiner hochgeschlagenen Kapuze, aber er konnte das Funkeln seiner boshaften Kinderaugen trotzdem sehen.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen, Thor, Sohn des Odin und Bruder des Loki«, sagte der Zwerg spöttisch. »Ich habe dich unterschätzt. Ich hätte nicht geglaubt, dass du es überlebst.«
    »Das wundert mich«, antwortete Thor. »Wo du doch ich bist.«
    »Und du dich doch immer selbst so richtig einschätzt, nicht wahr?« Der Zwerg lachte meckernd.
    ((»Ich weiß jetzt, wer ich bin«, erinnerte Thor, aber Dwegr schüttelte nur noch einmal und noch heftiger den Kopf. Sein Lachen wurde nicht lauter, aber eindeutig noch spöttischer. »Oh nein, mein Freund«, sagte er. »Du meinst, jetzt mehr über dich zu wissen, aber glaub mir, du hast noch nicht einmal angefangen, die Wahrheit zu begreifen.«
    Thor war nahe daran, einfach weiterzugehen und das Gespräch mit diesem selbstzerstörerischen Teil seiner Selbst einfach zu beenden. Aber es war seltsam: Dwegr machte ihm keine Angst mehr. Ganz im Gegenteil. Aus einem Grund, den er selbst nicht verstand, beruhigte ihn das neuerliche Auftauchen des Zwerges eher. Vielleicht, weil es mit ihm begonnen hatte.
    Vielleicht würde es auch mit ihm enden.
    »Bist du denn sicher, dass es mit mir begonnen hat?«, fragte Dwegr lauernd.
    Was sollte der Unsinn, dachte Thor. Es hatte auf der Insel angefangen, gleich nach seinem Erwachen in dem Zelt, in dem ...
    »Jetzt sind es noch sechs, Thor«, fuhr Dwegr fort, und plötzlich waren aller Spott und jede Häme aus seinen Worten verschwunden. Sie war so kalt und hart wie Stein. »Acht, den Kapitän und dich mitgezählt.«
    »Du wiederholst dich«, sagte Thor. »Besser gesagt wiederholst du Torben.«
    »Die Worte eines guten Freundes zu wiederholen kann niemals schaden, meinst du nicht auch?«, fragte Dwegr. »Schon gar nicht, wenn man nur noch so wenige Freunde hat. Du bist ihm etwas schuldig, Thor.«
    »Was soll das?«, fauchte Thor. »Wenn du nur gekommen bist, um mich zu quälen, dann kannst du gleich wieder verschwinden. Das schaffe ich auch ganz gut ohne dich.«
    »Ach was«, sagte Dwegr schnippisch. »Du hast es immer noch nicht begriffen, wie? Warum eigentlich nicht? Du bist manchmal etwas schwer von Begriff, ich weiß – wer nicht, wenn nicht ich? – aber dumm bist du gewiss nicht. Doch wenn du es so spielen willst ...« Er hob raschelnd die Schultern. »Es ist nicht vorbei, Thor. Es wird so enden, wie es begonnen hat. An den Ufern Asgards.« Er bewegte rasch die Hand, als Thor ihn unterbrechen wollte. »Nein, keine Sorge – eures Asgard, des Landes, dessen Namen ihr gestohlen habt. Nicht der Welt der Götter ... oder was ihr dafür haltet. Du musst sie zurückbringen. Das bist du ihnen schuldig.«
    »Ich weiß«, sagte Thor. Sein Herz klopfte.
    »Was du nicht weiß, ist das: Sieben werden zurückkehren, und noch einer
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