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Der Hammer der Götter

Der Hammer der Götter

Titel: Der Hammer der Götter
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verwirrt. »Herr?«
    »Du bist ein guter Mann«, sagte Thor. »Du wirst sie nach Hause bringen. Das weiß ich.«
    »Herr?«, murmelte Torben noch einmal. »Thor?«
    Statt zu antworten, wandte sich Thor wieder um, schlug den Mantel zurück und zog den Hammer. »Dann komm!«, schrie er.
    Und die Midgardschlange kam.
    Groß, böse und unverwundbar wuchs sie vor dem Schiff aus dem Meer, ein geschuppter Gigant mit Zähnen wie ein Drache und tellergroßen Augen voller unstillbarem Hass auf alles Lebendige und Fühlende. Eingehüllt in einen Geysir aus spritzender schwarzer Gischt bäumte sie sich höher als der größte Mast über dem Schiff auf, und ein Brüllen erklang, unter dem sich der Himmel selbst zu ducken schien. Hinter ihm schrie Torben in schierer Panik auf und stolperte zurück, und Thor schleuderte den Hammer mit seiner ganzen gewaltigen Kraft.
    Mjöllnir verwandelte sich in einen rasenden schwarzen Schemen, traf den gepanzerten Schädel des Ungeheuers – und das Unvorstellbare geschah: Der Hammer prallte von der Schläfe der Midgardschlange ab, verschwand in der Dunkelheit und stürzte weit entfernt und mit einem gewaltigen Klatschen ins Wasser.
    Kreischend vor Wut und Schmerz bäumte sich die Bestie noch weiter auf, wurde zu einem Berg aus Schuppen und schierer peitschender Wut, der vor und neben dem Schiff aus dem Meer wuchs. Schwarzes Blut spritzte zwischen geborstenen eisenharten Schuppen hervor, und das gesamte Schiff wurde emporgehoben und legte sich gefährlich weit auf die Seite, als das Meer unter seinem Toben zu schäumen begann, und Thor kämpfte einen halben Atemzug lang mit verzweifelt rudernden Armen um sein Gleichgewicht und fiel dann kopfüber von Bord.
    Eiskaltes Wasser schlug über ihm zusammen, und er sank sofort wie ein Stein in die Tiefe. Reines, schwarzes tobendes Chaos umgab ihn. Er konnte nicht atmen, wusste von einem Moment zum anderen nicht mehr, wo oben oder unten war, rechts oder links, und die Kälte begann seine Glieder augenblicklich zu lähmen. Unendlich altes schwarzes Blut vermengte sich mit dem Wasser und machte es bitter und ätzend wie Säure, und das Gewicht seiner Rüstung zog ihn trotz seiner verzweifelten Schwimmbewegungen unbarmherzig weiter in die Tiefe. Die Welt erbebte in ihren Grundfesten, und die Schöpfung selbst schien in schierer Todesqual aufzuschreien. Das Unmögliche war möglich geworden. Mjöllnir hatte versagt. Der eine Moment, für den Mjöllnir vor so langer Zeit erschaffen worden war und auf den er all die unzähligen Menschenleben lang gewartet hatte, war gekommen, und der Hammer hatte versagt. Der alte Feind war vielleicht verletzt, aber nicht geschlagen.
    Trotz des lähmenden Entsetzens, das immer noch stärker und stärker in ihm wurde, begann er sich mit hastigen Bewegungen aus seiner Rüstung zu schälen und mobilisierte noch einmal alle seine Kräfte, um den Sturz in die grundlosen Tiefen unter sich abzubremsen. Die Kälte lähmte ihn immer stärker, und auch der Luftmangel begann sich schon quälend bemerkbar zu machen, denn auch er musste atmen, und auch sein Körper protestierte mit immer heftigeren Schmerzen gegen jeden Fuß, den er weiter in die Tiefe sank und der enorme Druck rings um ihn herum zunahm.
    Irgendwie gelang es ihm trotz allem, sich des Gewichtes nicht nur seiner Rüstung, sondern auch aller anderen Kleidungsstücke zu entledigen und den Sturz zum schwarzen Herz der Welt hinab nicht nur aufzufangen, sondern sich auch mit ebenso mühsamen wie verzweifelten Schwimmbewegungen wieder nach oben zu arbeiten.
    Bis zum Schluss war er nicht sicher, es zu schaffen. Seine Lungen schrien nach Luft, und der grausame Druck schien immer noch weiter zuzunehmen, obwohl er nun wieder nach oben stieg. Etwas Gigantisches tobte am flüssigen Himmel über ihm, und wenn es das Schiff überhaupt noch gab, dann war es längst außer Sicht, vom Wüten der waidwunden Bestie davongeschleudert wie ein trockenes Herbstblatt im Sturm.
    Die Schmerzen in seiner Brust wurden unerträglich. Sein Herz weigerte sich zu schlagen, fehlte ihm doch nun auch noch das allerletzte bisschen Sauerstoff, und alles um ihn herum färbte sich rot. Er konnte spüren, wie seine Muskeln zu Eis erstarrten und ihm einer nach dem anderen den Gehorsam verweigerten.
    Und dann brach er durch das kochende Meer, riss die Arme in die Höhe und sog die Lungen mit einem schreienden Keuchen voller Luft.
    Der erste Atemzug brannte wie Feuer in seiner Brust, und auch die Schwäche schien
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