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Der Hammer der Götter

Der Hammer der Götter

Titel: Der Hammer der Götter
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Beinen, und das Töten ging weiter.
    Für einen unendlich kurzen, aber durch und durch entsetzlichen Moment war Thor plötzlich nicht mehr sicher, nicht nur einem aus Verzweiflung geborenem Irrtum erlegen zu sein. Was, wenn er den Männern nun auch noch ihre allerletzte Chance genommen und sie in den sicheren Tod geführt hatte?
    Doch das hatte er nicht. Das Schicksal mochte grausam sein, doch selbst die Bosheit der Götter war wohl nicht grenzenlos, und es war genau wie auf dem anderen Schiff, das er gerade versenkt hatte: Die bizarren Kreaturen schienen kaum Notiz von ihnen zu nehmen. Die wenigen, die sie überhaupt anzugreifen versuchten, wurden rasch niedergemacht oder einfach über Bord geworfen, und der allergrößte Teil der Dauger (und es waren noch immer entsetzlich viele) konzentrierte sich ganz darauf, das Naglfar zu erreichen und an seiner Flanke hinaufzuklettern, die wie eine schwarze Klippe über ihnen aufragte.
    »Das Feuer!«, befahl Thor. »Löscht das Feuer!« Gehorsam wandte sich die Hälfte der Männer um und eilte zum Heck, um die Flammen zu ersticken, die immer noch aus dem geborstenen Heck schlugen; eine Idee, auf die die eigentlichen Besitzer dieses Schiffes noch gar nicht gekommen zu sein schienen. Ganz im Gegenteil wurde Thor eines vollkommen grotesken Bildes angesichtig, als er sah, wie mehrere Dauger tatsächlich lichterloh brennend an den schwarzen Planken hinaufkletterten und sich ein stummes Wettrennen mit den Flammen lieferten, die sie verzehrten.
    Er wartete nicht ab, um sich davon zu überzeugen, ob es ihnen gelang oder nicht, sondern hob Mjöllnir und drehte sich rasch im Kreis, um nach irgendetwas Ausschau zu halten, das er zerschmettern konnte.
    Es gab nichts. Die wenigen Männer, die ihm noch verblieben waren, reichten vollkommen aus, um ihnen die untoten Krieger vom Leib zu halten, die dumm genug waren, sie angreifen zu wollen, und er sah aus den Augenwinkeln, dass es auch Torben und den anderen anscheinend ein Leichtes war, die Flammen zu löschen. Rasch befestigte er den Hammer an seinem Gürtel, bückte sich nach dem erstbesten Trümmerstück, das ihm geeignet schien und stemmte es gegen die Flanke des Naglfar .
    Nichts geschah. Thor strengte seine ganze gewaltige Körperkraft an, um das Boot vom Naglfar zu lösen, doch es schien wie durch einen bösen Zauber gebannt (vielleicht auch durch den Sog, den das viel größere Schiff auf den Rumpf des kleineren Seglers ausübte). Erst, als auch die anderen Männer zugriffen und sich mit Planken, Trümmerstücken oder auch ihnen Schwertern zu ihm gesellten, begann sich das schwelende Wrack – widerwillig und mit einem saugenden Laut, der fast wie ein resignierendes Seufzen klang – vom Naglfar zu lösen. Noch immer tauchten Krieger mit leeren Augen und zerfallenen Gesichtern rings um sie herum wie aus dem Nichts auf und begannen das gewaltige Kriegsschiff zu entern, doch bald schon griffen die ersten Hände ins Leere, und die ersten Körper landeten mit gewaltigem Platschen im Wasser, als die Lücke zwischen den beiden Schiffen zu groß wurde.
    Sie waren nicht allein. Bei allem Entsetzlichen, mit dem er bisher konfrontiert worden war, war es ihm bisher nicht wirklich aufgefallen, doch auch im Meer rings um sie herum trieben noch zahllose, von einer bösen Verhöhnung von Leben erfüllte Gestalten, die mit ungeschickt wirkenden Schwimmbewegungen das Naglfar zu erreichen versuchten. Und es wurden mehr, als spie nun auch das Meer all die Toten aus, die seit Anbeginn der Zeit auf seinen Grund gesunken waren. Keiner von ihnen nahm auch nur Notiz von dem brennenden Schiff, und auch die wenigen Dauger, die sich noch an Deck befanden, verloren nun auch noch das allerletzte Interesse an Thor und seinen Männern und hatten es nur umso eiliger, über Bord zu springen und zum Naglfar hinüberzuschwimmen.
    »Thor, was ... was tust du?«, stieß Torben atemlos hervor. Thor hatte nicht einmal gemerkt, dass er zurückgekommen war. Der Kapitän wankte vor Erschöpfung, halb geronnenes Blut und Ruß bildeten eine grässliche schmierige Schicht auf seinem Gesicht, und sein Mantel schwelte. Thor streckte beiläufig die Hand aus und erstickte eine Flamme, die aus dem Stoff züngelte.
    »Was ... hast du ... vor?«, japste Torben.
    »Das Naglfar , Torben«, antwortete Thor. »Wir geben es auf. Es gehört ihnen.«
    So wie es das immer schon getan hatte.
     
    *
     
    »Acht, Thor.«
    Thor erkannte die Stimme, aber es wollte ihm nicht gelingen, ihrem Klang
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