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Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Titel: Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist
Autoren: Noam Shpancer
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Bedeutung.« Seine Stimme wird lauter. »Nicht alles im Leben
ist positiv. Es gibt negative Dinge. Abgetrennte Gliedma-ße wachsen nicht wieder nach. Dieses Leben, wenn man es letztlich analysiert, ist ein chronischer und endlicher Zustand.«
    »Sie wissen, wie man einen Menschen ermutigt und aufheitert, Professor«, sagt Eric.
    »Ich versuche, die Dinge präzise zu beschreiben. Um jeden Preis an der Idee des Positiven zu kleben, deutet auf eine gewisse Oberflächlichkeit hin, auf die Schwierigkeit, die innere Komplexität wahrzunehmen. Es ist besser, nach einer Synthese und nach Ausgeglichenheit zu suchen und das Paradox zu erkennen: Hin und Her, Geben und Nehmen, Angst und Mut, Leben und Tod. Uns im Reich des Inneren richtig zu bewegen, das ist unser Ziel.« Er hat die Hände nun erhoben, und seine Stimme wird sanfter und verklingt zu einem Flüstern. »Bonnards gelber Pinselstrich«, murmelt er. Seine Hand hängt in der Luft, als hielte sie einen unsichtbaren Malerpinsel und striche damit langsam auf und ab, wie ein Dirigent, der ein unsichtbares Orchester führt. Seine Augen schließen sich. »Die Geste, das richtige Vorgehen, das richtige Wort …« Er sammelt sich und öffnet die Augen. »Wie dieser alte Bastard Miles Davis einmal sagte, du musst nur eine einzige Note spielen: die richtige. Und außerdem sagte er: Hab keine Angst, Fehler zu machen. Es gibt keine Fehler.«
    Jennifer hält in ihrer emsigen Mitschrift inne, hebt den Kopf und wirft ihm einen verwirrten Blick zu.
    Der Psychologe macht ein paar Schritte auf sie zu. »Nun, ich wurde gerade von meinen eigenen Gedanken übermannt«, sagt er. »Hier, schreiben Sie das. Das Ziel der Therapie besteht darin, den Klienten mit den Werkzeugen auszustatten, die seine psychische Gesundheit stärken und erhalten. Wir helfen ihm, den richtigen Einsatz dieser Werkzeuge zu üben – Emotionen
zuzulassen, seine Gedanken rational zu betrachten, bewusst gegen falsche Reaktionsmuster anzugehen und sich auf den Fluss richtiger, gesunder Muster einzulassen.«
    Jennifer atmet erleichtert auf; ihre Stirn entspannt sich, zieht sich jedoch gleich wieder in Falten: »Aber wie können Sie eine gesunde von einer ungesunden Reaktion unterscheiden?«, fragt sie.
    »Wenn der Klient auf den Gleisen steht und ein Zug kommt, ist die wachsende Angst des Klienten eine richtige Reaktion; ein guter Rat, auf den er besser hören sollte. Der Beweis bestätigt überaus heftig, dass eine Kollision zwischen Mensch und Zug tatsächlich schädlich ist. Doch wenn der Klient voller Angst vor einem Aufzug steht, dann muss er sich dieser Angst stellen und nicht ihr gehorchen, denn die Gefahren eines Aufzugs sind zu vernachlässigen, und Aufzüge zu vermeiden wird unnötiges Leid verursachen. Und, wie Freud früh erkannt hat, gibt es im Leben genug echtes Leid, mit dem man sich abfinden muss; es ist nicht nötig, dem noch Erfundenes hinzuzufügen. Ihre Mission, Jennifer, sollten Sie sich dafür entscheiden, dies zu wollen, besteht darin herauszufinden, ob das Problem des Klienten der Zug oder der Aufzug ist; und dann besteht Ihre Mission darin, dem Klienten dabei zu helfen, von den Eisenbahngleisen herunterzukommen und Aufzüge zu betreten. Wie werden Sie das bewerkstelligen? Mit Demut, wie wir bereits gesagt haben; mit Ihrer wachen und annehmenden, jedoch innerlich unbeteiligten Präsenz; mit Bedacht und Führung – das sind die Bestandteile.«
    Er verstummt einen Augenblick und blickt auf die Studenten. Wie müde ich bin, der Gedanke raschelt durch sein Inneres wie ein Windstoß. Er reißt sich zusammen. »Und dennoch ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass, so gewandt und bewusst
und annehmend Sie auch sein mögen, so aufklärerisch und heilend die therapeutische Erfahrung auch sein mag, es dennoch nicht ausreichen wird, den Klienten in Gang zu bringen. Eine Stunde pro Woche gegen die Wände zu schlagen genügt nicht, um die Festung zu stürmen, die im Laufe so vieler Jahre errichtet wurde. Die in den Sitzungen erlernten Lektionen müssen auf die tägliche Praxis übertragen werden. Die Form des Lebens, die abschließende Analyse, ergibt sich aus der Summe der alltäglichen Gewohnheiten.«

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    H at Ihnen die Show gefallen?«, fragt Tiffany.
    »Ich habe mich für Sie gefreut, dass Sie Ihr Versprechen gehalten und Ihr Ziel erreicht haben. Sie haben den Mut aufgebracht. Es war gut, das mit anzusehen.«
    »Ja, aber hat Ihnen die Show gefallen?«
    »Konzentrieren wir uns auf Sie. Wo sind
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