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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg
Autoren: H. J. Alpers
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verziehen, „danach wirst du nichts mehr haben, wofür du leben kannst.“
    Er sah mich merkwürdig an. „Das wirst du wohl nie verstehen, was? Ich will dir mal was sagen, Sagar. Ich hasse diese verdammten Schiffe und all die verdammten Stunden, die ich damit vertan habe, ihnen zuzusehen und sie in dem blöden kleinen Buch abzuhaken. Annette sagt, das ist Kinderkram, und recht hat sie! Heute wirst du mich da zum letzten Mal sehen. Nur dieses eine letzte Mal noch …“
    Seine Stimme senkte sich plötzlich zu einem Flüstern, und mir lief ein ungesunder Schauer über den Rücken. Da war etwas gegenwärtig, was ich nicht verstand. Vielleicht verstehe ich es jetzt, aber mit fünfzehn konnte ich nicht begreifen, wie jemand aufhören konnte, etwas so Großes, so Starkes, so Männliches wie ein Shuttle-Schiff zu lieben und zu verehren. Ich verstand nicht, wieso Charlesworth die Dinge auf diese hinterhältige Weise sollte besiegen wollen oder wieso er eine komplette Liste von Nummern als einen Sieg zu betrachten schien.
    „Wir sehen uns dann am Beobachtungspunkt“, sagte ich unglücklich. So jung wie ich war – Charlesworth war doch ein Bestandteil meines Lebens gewesen, und der Raumhafen würde ohne ihn nicht mehr dasselbe sein, trotz all seiner Fehler. So viele von den anderen verloren jetzt ebenfalls das Interesse: Stagg trieb sich die ganze Zeit mit Mädchen herum; Simpson hatte die Gegend verlassen; Walker redete dauernd über irgendeine nebelhafte Zukunftskarriere … Nach dem heutigen Tage würde ich der einzige sein. Ganz gleich, wie sehr einem seine Freunde mißfallen, es kommt noch immer der Tag, an dem man sich wünscht, sie wären noch da.
    Ich kam als erster am Beobachtungspunkt an. Der Raumhafen war ruhig an diesem strahlenden Julinachmittag; es herrschte eine Ruhe, die ich in meiner jugendlichen Phantasie als ominöse Pause empfand, als Ruhe vor dem Sturm und was dergleichen Erwachsenenklischees mehr sind, die man rückblickend zur Beschreibung verwenden kann. Durch Zufall, so sagte ich mir entschlossen, hatten die Flugpläne sich untereinander verschworen, Pacific Northwest von dieser speziellen Stunde an diesem speziellen Tage allein zu lassen. Es hatte nichts zu tun mit der Tatsache, daß Charlesworth bald hier sein würde und daß ich unsicher war in bezug auf seine Reaktionen, seine Motive, ja, in bezug auf ihn selbst.
    Schließlich sah ich ihn; er bahnte sich seinen Weg durch die Dornenbüsche und über das hohe, langsam gelb werdende, hochsommerliche Gras, und plötzlich zog mein Magen sich enttäuscht zusammen, denn bei ihm war Annette LaRouge, Kopf hoch, Brust heraus, und auf ihren Fersen die Parakatze. Dies war der Höhepunkt des Verrats: daß Charlesworth an diesem Nachmittag von allen Nachmittagen diese unsägliche Annette mitbrachte.
    Als sie aus dem Tunnel kamen, übersah sie mich, aber Charlesworth begrüßte mich mit stummer Verlegenheit; er wich meinem Blick aus, während er auf Annettes Befehl die Leine an das juwelenbesetzte Halsband der Parakatze hakte.
    „Diese schrecklichen Schiffe ängstigen sie“, ließ sie Charlesworth wissen. „Ich weiß wirklich nicht, was du hier willst.“
    „Na, ich dachte, wir sollten hier sein … wo doch dein Vater noch so ein Tier kommen läßt …“
    „Unsinn, Roger“, entgegnete sie bestimmt. Charlesworth war sein Vorname schon immer verhaßt gewesen. „Du wolltest nur wieder die Schiffe beobachten, deswegen wolltest du hierher.“ In ihrer Stimme lag ein scharfer Unterton.
    Dieser Wortwechsel hatte meine Stimmung erheblich verbessert. Es schien, daß es Charles unglaublicherweise gelungen war, Annette seinen Willen aufzuzwingen. Ich redete ihn an. „Dann ist also mit Nummer vier alles bestätigt?“
    Er starrte mich verständnislos an, als sei er überrascht, mich zu sehen. „Wovon sprichst du, Sagar?“
    „Du weißt doch … heute morgen hast du gesagt …“ stammelte ich, ganz verwirrt von seinem kühlen Blick.
    „Ich kann mich nicht erinnern, heute morgen irgend etwas gesagt zu haben.“ Und er wandte sich ab, er drehte mir seinen verdammten Rücken zu und begann, mit Annette LaRouge in einer pseudoerwachsenen Art Konversation zu treiben, so daß ich ihm am liebsten den Schädel eingeschlagen hätte.
    Es hatte keinen Zweck. Ich hätte es vorher wissen müssen. Charlesworth und ich waren fertig miteinander, wir waren es schon seit Wochen. Ich ging ein paar Schritte weit weg; es gibt nichts Einsameres, als zu nah bei Leuten zu stehen,
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