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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika
Autoren: Mark Mann
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glänzte. Der Bus fuhr los und schaukelte über Schlaglöcher, die ich auf dem Herweg kaum be merkt hatte. Es waren die reinsten Krater. Ich musste kotzen.
    Aber wohin?
    Das einzige offene Fenster war das des Fahrers. Um es zu er reichen, musste ich meinen Kopf auf seine Schulter stützen. Ich schaffte es gerade noch. Das meiste ging aus dem Fenster, aber etwas davon lief hinten an der neuen Jacke des Fahrers hinunter. Er sah nicht gerade glücklich aus. Dann schlief ich ein, den Kopf immer noch auf seiner Schulter.
    ✷ ✷ ✷
Eine kleine Demonstration
    Ich wachte auf dem Bett unseres Hotelzimmers auf. Mein Kopf pochte. Mark schlief auf dem Boden. Melissa drehte einen Joint. Mark kam wieder zu sich und entdeckte, dass er seine Seidenja cke verloren hatte. Ein guter Anfang. Wir gingen in die Stadt, um zu frühstücken. Spiegelei auf Brot und Kaffee. Auf dem Rückweg kamen wir an einer kleinen Demonstrati on vorbei. Ein paar Hundert streikende Lehrer sangen halbherzig Parolen und wedelten mit Plakaten. Sie hatten seit sechs Monaten ohne Bezahlung gestreikt. Grüppchen von Soldaten warteten un tätig mit ihren Maschinengewehren. An einem Ende der Straße waren zwei Panzer geparkt.

    ✷ ✷ ✷
Die Eier der Engel
    Wir verbrachten den Nachmittag im Hotel und pflegten un seren Kater. Mark beschloss, sich die Zeit damit zu vertreiben, Melissa etwas über Religion zu erzählen. „Die Menschen hier sind Animisten“, erklärte er. „Naja, offiziell sind sie jetzt Christen, aber unter der Oberfläche sind sie immer noch Animisten.“ „Ist das nicht ein bisschen rassistisch?“, fragte Melissa. „Was?“ „Na ja, wenn man sie für Animalisten hält.“ „Nicht Animalisten, Melissa. Animisten. Schau, Animisten sind Leute, die glauben, dass alles einen Geist oder eine Seele hat. Men schen, Tiere, Pflanzen, Felsen, alles. Das ist der große Unterschied zum Christentum. Das Christentum sieht den Menschen als einen Sonderfall an, der über den Rest der Schöpfung erhaben ist. Ich glaube nicht, dass ein Christ das Leben von, sagen wir, einem Baum oder einem Tier genauso wichtig nehmen würde wie das eines Menschen. Für einen Animisten ist alles in der Natur gleichwertig.
    Weißt du, die Spanier waren wählerischer im Hinblick darauf, was sie in das Königreich des Himmels ließen. Abgesehen von Felsen und Tieren haben Europäer des sechzehnten Jahrhunderts nicht einmal geglaubt, dass alle Menschen eine Seele haben. Es war ziemlich allgemein akzeptiert, dass Schwarze keine Seelen haben, und sogenannte ‚Theologen‘ diskutierten, ob die neuent deckten Indios welche hätten.“ „Wie war das bei Chinesen?“, fragte Melissa, die eine halbe Chi nesin war.
    „Naja, du bist eine halbe Europäerin, also schätze ich, dass du eine halbe Seele gehabt hättest.“ „Vielleicht hätten sie deinen Oberkörper ab der Taille herein gelassen“, schlug ich vor, „und deine Beine würden unter den Wolken baumeln.“ „Ich bin so schon ziemlich klein. Ich würde die Ewigkeit damit zubringen, die Eier von Engeln anzuschauen.“ „Ich glaube nicht, dass Engel Eier haben“, sagte Mark.
    ✷ ✷ ✷
Otavalo
    Wie jeder andere Tourist in Ecuador gingen wir nach Otavalo. Als ich auf halbem Weg aus meinem Schlummer erwachte, sah ich, dass der Bus in einer unübersichtlichen Kurve ein Auto über holte, das zwei LKW überholte. Auf einer Seite ging es senkrecht hinunter. Ein Bus kam uns wild hupend und mit aufgeblendeten Scheinwerfern direkt entgegen. Ich erstarrte in meinem Sitz. In letzter Sekunde schwenkten alle drei Fahrzeuge zurück auf ihre Seite, bevor der Bus auf der Gegenfahrbahn vorbeidonnerte. Das ist der ecuadorianische Fahrstil. Wenn man ein lang sameres Fahrzeug vor sich hat, überholt man.
    Hier kennt man keine Zimperlichkeiten: Man wartet nicht auf eine freie, übersichtliche Strecke und achtet auch nicht auf den Gegenverkehr. Schließlich müssen wir alle einmal sterben. Oder? Otavalo, zwei Stunden nördlich von Quito gelegen, schmiegt sich in eine dichtbevölkerte, fruchtbare ländliche Region mit Seen und Vulkanen, deren Hänge in Parzellen von grünen Feld ern aufgeteilt sind. Die Stadt selbst ist für ihren Markt berühmt. Die Händler kommen aus ganz Südamerika und bieten jedes denkbare Souvenir von Jademasken und Ölmalereien bis hin zu Haschischpfeifen und Hippie-Schmuck an.
    Vor allem aber ist der Markt bekannt für die eigenen Produkte der Otavalo-Indianer: Ihre Teppiche, Tücher, Pullis und Ponchos aus
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