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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika
Autoren: Mark Mann
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Quito
    Quito erstreckt sich wie ein Finger entlang eines Tals im Zen trum der Anden – dem „Boulevard der Vulkane“, wie Alexander von Humboldt es genannt hatte. Es ist rund 12 Kilometer lang, aber kaum mehr als 2 Kilometer breit. Deshalb kann man sich auch praktisch nicht verlaufen: Man muss nur einschätzen, wie weit nördlich oder südlich man sich befindet. Zu beiden Seiten erheben sich die Berge der Cordillera Oriental und Occiden tal. In ihre vorwiegend grünen Abhänge (hier am Äquator liegt die Schneegrenze bei 5000 Metern) sind Humboldts großar tige schneegekrönten Vulkane eingestreut: Cotopaxi, Cayambe, Chimborazo.
    Sie sind nur morgens und bei klarem Wetter zu sehen, wohin gegen die grasbedeckten Hänge des 4800 Meter hohen Rucu Pi chincha direkt aus dem Stadtkern zu wachsen scheinen. Das Gran Casino befindet sich in der Altstadt, Quitos ur sprünglichem Zentrum. Dieses Viertel ist geprägt von einem kompakten Gitter aus Straßen, Kirchen und Plätzen aus der Ko lonialzeit. Die Kirche des Heiligen Franziskus, deren Grundstein schon 1534 gelegt wurde, ist z.B. die älteste größere spanische Kirche, die in Südamerika errichtet wurde. Sie beherrscht einen gewaltigen Platz, den Straßenkünstler jeden Nachmittag in ein Open-Air-Theater verwandeln. Die Plaza de la Independencia gleicht hingegen mehr einem kleinen Dorfplatz in Spanien, wo junge Paare und müde alte Männer sich im Schatten der Palmen treffen – obwohl sie von der Kathedrale und dem Präsidentenpa last flankiert wird.
    Die Kirchen waren im „Quito-Stil“ geschmückt – einer baro cken Mischung aus spanischen und indianischen Motiven. Die Altarwände waren vom Boden bis zur Decke vergoldet. Mir schien, dass das eher von der Besessenheit der Conquistadores von dem glänzenden Material als von ihrer Spiritualität zeugte. Arme Indianer saßen bei gedämpftem Licht in Seitenkapellen und flehten still zu teilnahmslosen, blauäugigen Portraits von Je sus, Maria und diversen Heiligen, die alle nach der Vorstellung der Leute gemalt waren, die sie versklavt hatten.
    Die Altstadt war voller Quechua-Gesichter. Gebeugt unter ge waltigen Säcken mühten sich gedrungene Indianermänner, die Filzhüte und Ponchos aus Wolle trugen, den Berg hinauf. India nische Frauen mit ihren voluminösen Wollröcken und Pasteten- Hüten beaufsichtigten winzige Straßenstände auf dem Bürgersteig. Es roch nach abgestandener Pisse und Feuchtigkeit. Alte Busse aus den 50er Jahren, die früher einmal Schulkinder aus Kansas oder Idaho abgeholt hatten, ächzten nun die steilen, all zu engen Straße hinauf und spuckten dabei Abgaswolken aus, die die Fußgänger völlig einhüllten und die historischen, weißgetünch ten Fassaden schmutziggrau färbten. Als wir am Tag nach unserer Ankunft in einem chinesischen Restaurant gebratenen Reis aßen (in Ecuador wie in ganz Lateinamerika wimmelt es nur so von China-Restaurants), driftete eine Wand aus Dieselrauch von einem vorbeifahrenden Bus durch unsere Tür. Ein paar Sekunden lang verschwand der ganze Raum in einer dichten schwarzen Wolke. Das war die Altstadt. Die Neustadt, die ein paar Kilometer nördlich auf der anderen Seite des Parque El Ejido lag, war völlig anders. Sie war (pseudo)modern, (pseudo)sauber, (pseudo)leise und überhaupt nicht überfüllt. Smarte Restaurants, Bars, Clubs und Kinos sowie Reisebüros für Berg- und Dschungeltouren, Banken, Souvenirgeschäfte und edle Hotels erfüllten den Tou risten und Mitarbeitern ausländischer Firmen jeglichen Wunsch. Quito beherbergt eine Million Einwohner (hauptsächlich Que chua-Indianer) und ist eine eher ruhige und konservative Stadt; für eine Hauptstadt ist sie auch ziemlich klein. Sie ist nicht einmal die größte Stadt in Ecuador, da die Hafenmetropole Guayaquil inzwi schen die Rolle des eigentlichen Wirtschaftszentrums übernommen hat. Die Straßenverkäufer, die Märkte und der Verkehr in Quito sor gen für eine Menge Trubel, aber es herrscht bei weitem nicht so ein Chaos wie in vielen anderen Hauptstädten der Dritten Welt. Das war mir gerade recht. Ich konnte Großstädte sowieso nicht leiden.
    ✷ ✷ ✷
Mama Negra
    Mark stellte seine Tasche in sein Zimmer. Wir gingen auf ei nen Kaffee in das Cafe des Gran Casino hinunter. Ich erwähnte, dass an diesem Nachmittag in der 50 Kilometer südlich von Qui to gelegenen Stadt Latacunga eine Fiesta namens „Mama Negra“ stattfinden sollte.
    Mark war scharf darauf, denn da die Pilze jeglichen Jet-Lag auf
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