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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Wahrheit gesagt hat.“
    Der Kommissar schwieg lange und pustete dann durch. „Eine wilde Konstruktion, muss ich sagen.“ Sie sei unwahrscheinlich und an den Haaren herbeigezogen.
    „Glaube ich nicht“, hielt ich beharrlich dagegen. So sei halt das wahre Leben. Wenn alles immer im Gleichklang verlaufe und es nie Abweichungen gäbe, gäbe es wahrscheinlich auch keine Verbrechen. „Das ist eine wilde Konstruktion, ausgedacht von einem wirren Verleger. Er schaltete Fleischmann aus und musste dann die Lektorin ausschalten, damit sie ihm nicht auf die Schliche kam. Sie hätte wahrscheinlich den Hintergrund des Mordes aufgedeckt. Deshalb hat Wagner auch bei seinem Einbruch in ihre Wohnung das Soziogramm mitgenommen, nicht ahnend, dass ich die richtige Fassung besitze. Aber Renate ist vielleicht auch wegen der Schwangerschaft für Wagner zum Risiko geworden. Immerhin lebt er ja größtenteils vom Geld seiner Gattin, die bestimmt nicht begeistert ist, wenn sie von dem Seitensprung erfährt, unterstellt, er ist der Vater. Wagner hatte Langerbeins gezwungen, Gerstenkorns Wagen von zu stehlen und damit den Unfall zu verursachen. Als Langerbeins beim ersten Versuch versagte, Renate Leder im Krankenhaus zu eliminieren, musste auch er sterben, nachdem nach den Brandanschlägen Gerstenkorns Wagen entsorgt worden war.“
    Böhnke sah mich staunend an. „Und jetzt wollen Sie mir bitte auch noch erklären, wie es zur Explosion in Wagners Büro und zu den Brandstiftungen in der Druckerei und den Lagern kam?“
    Ich grinste böse. „Die Explosion in seinem Büro hat Wagner selbst arrangiert. Er hatte den Zeitzünder so eingestellt, dass er das Zimmer verlassen konnte, bevor die Paketbombe hochging. Die Brände in Eschweiler dienten ebenfalls nur der Ablenkung. Und dafür sackt er auch noch Geld von den Versicherungen ein.“ Ich schüttelte mich, um das beginnende Piepsen im Ohr zu vertreiben. „Wagners Anschlag auf mich in Ubach over Worms, der Anruf als angeblicher Fleischmann im Krankenhaus und der zweite Versuch, Renate Leder zu killen, waren fast schon Verzweiflungstaten.“
    „Ich denke, Wagner war noch nicht aus seinem Urlaub zurück?“, fragte Böhnke, weniger aus Unwissen als mit der Neugier, wie ich mir das Geschehen dachte.
    „Glauben Sie das allen Ernstes? Der sagt seiner Frau, die Flüge hätten sich verspätet, was mit einem Blick auf jeden Videotext herauszufinden ist, und treibt sich in der Gegend herum, um mich und seine Lektorin zu beseitigen.“ Zuvor habe er wohl Langerbeins übers Telefon dirigiert, bevor er nach dessen Scheitern selbst die Regie übernahm.
    Der Kommissar hielt das Lenkrad umklammert und blickte verständnislos aus dem Fenster. „Und wozu das Ganze?“
    „Weil der brave, gute und anerkannte Verleger und Familienvater Christian Maria Wagner sich nicht als Betrüger und Fremdgeher, von mir aus auch als Teilnehmer an Sexparties, entlarven lassen wollte.“ Triumphierend sah ich Böhnke an, wenngleich ich weit davon entfernt war, meinen Triumph genießen zu können: „Ich habe doch sofort gesagt, dass der Verleger immer der Mörder ist.“ Ich öffnete die Beifahrertür und stieg langsam aus. „Gefällt Ihnen meine Geschichte?“ Sie konnte, nein, sie musste sich so ereignet haben, wenn ich Renates Soziogramm richtig gedeutet hatte.
    Auch Böhnke kletterte schwerfällig hinaus. „Nein, Ihre Geschichte gefällt mir in der Tat nicht“, brummte er. Er schloss den Wagen ab. „Aber so wird es wohl gewesen sein.“ Und er fügte entschlossen hinzu, während er sich abwandte: „Was ich garantiert beweisen werde. Hoffe ich jedenfalls. Es hängt alles davon ab, ob Renate Leder wieder aufwacht und gesund wird.“

Das letzte Wort
     
     
     
    Böhnke machte sich in den nächsten Tagen rar. Ich hörte und sah nichts von ihm, war aber auch nicht erpicht, mit ihm zu sprechen. Anscheinend ging es ihm nicht anders. Der unbefriedigende Ausgang der mörderischen Geschichte machte mich und wahrscheinlich auch ihn ärgerlich, sodass ich froh war, mich durch meine Arbeit abzulenken. Eine pikante Angelegenheit war auf meinem Schreibtisch gelandet. Ich sollte einen jungen Bundestagsabgeordneten vertreten, der in der Presse massiv attackiert worden war und der rehabilitiert werden wollte. Die Presse warf dem Politiker vor, er habe Schwarzarbeiter beschäftigt, die am Wochenende die Zufahrt zu seinem Bungalow gepflastert hätten. Der Parlamentarier wies darauf hin, dass die Arbeiter ohne sein Wissen auf
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