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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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ihm?“ Er sah uns staunend an.
    Ich winkte ab. Wagners Reaktionen reichten mir als Antwort alle Mal. „Gibt es denn überhaupt nichts mehr an Akten oder Manuskripten?“, wollte ich mit einem erneuten Themenwechsel wissen.
    Wagner bedauerte. „Restlos alles ist vernichtet worden.“ Er deutete in Richtung Flur, in Richtung seines leeren Arbeitszimmers. „Dort hinten in meinem Büro, dort war die Seele des Verlags. Sie ist jetzt tot.“
    ,Und alle Bücher sind nur Altpapier’, fügte ich für mich nach diesem Geschwafel hinzu. „Sie haben also nichts mehr. Nicht einmal einen Vertrag, der belegt, dass Fleischmann für Sie geschrieben hat?“
    „Selbst den nicht mehr“, bestätigte Wagner melancholisch. „Wenn mir einer meiner missliebigen Kollegen etwas wollte, könnte er mein Urheberrecht an Fleischmanns Werken anzweifeln und ich hätte Probleme, es zu beweisen.“
    Der Verleger übertrieb meines Erachtens. So dramatisch war seine Situation nun doch nicht. „Außerdem gibt es ja noch die Durchschriften der Verlagsverträge in den Unterlagen bei Fleischmann und wahrscheinlich wird Frau Doktor Leder auch Durchschriften besitzen. Oder?“
    „Sie sagen es“, bestätigte Wagner. „Aber es sind nur Durchschriften, keine Originale und sie besitzen somit nur eine eingeschränkte Beweiskraft.“ Er sah mich verunsichert an. ,Worauf wollen Sie hinaus?’ schien mich sein Blick zu fragen.
    Ich griff nach einem flachen Aktenordner, den Böhnke in einer Tasche mitgebracht hatte. „Ich habe hier Fleischmanns Verlagsverträge, die wir in dessen Wohnung gefunden haben. Sie kennen sie bestimmt?“ Wagner bejahte. „Selbstverständlich.“
    „Mir ist eine Merkwürdigkeit aufgefallen“, fuhr ich langsam fort. „Alle Verträge sind von Fleischmann und Ihnen unterschrieben worden, nur auf dem Vertrag für den letzten Roman fehlt seine Unterschrift. Können Sie mir das erklären?“
    Wagner sah mich lange mit festem Blick an. Er dachte nach und hob dann bedauernd die Hände. „Keine Ahnung, warum er nicht unterschrieben hat. Ich kümmere mich nicht um solche Kleinigkeiten. Ich unterschreibe die Verträge, die in meiner Unterschriftenmappe liegen, und ich muss davon ausgehen, dass meine Autoren sie ebenfalls unterzeichnen.“ Er rang sich ein flüchtiges Lächeln ab. „Aber es ändert doch nichts daran, dass ich Fleischmanns Verleger bin.“ Unerwartet sprang Wagner dynamisch auf. „Sonst noch Fragen?“ Er schien kein Interesse mehr an dieser Unterhaltung zu haben.
    Ich sah Böhnke an, der unschlüssig das Gesicht verzog. „Kennen Sie die Namen Gerstenkorn, Langerbeins, Schranz oder Willibald?“, fragte ich und kümmerte mich nicht um die Verärgerung bei Böhnke. „Oder Piet van Dyke?“
    Wagner behielt seine wiedergewonnene Gelassenheit bei und überlegte übertrieben lange, während er mich fixierte. „Ich kenne einen Bürgermeister mit dem Namen Gerstenkorn und eine Filialkette Schranz. Aber Langerbeins und die anderen Namen sagen mir überhaupt nichts. Was ist damit?“
    „Vergessen Sie’s“, knurrte ich und reichte Wagner die Hand. „Ich wünsche Ihnen eine ruhige Zeit in Kanada.“ Ich drehte mich auf der Stelle um und verließ schleunigst das Büro, ohne mich um den Kommissar und Wagner weiter zu kümmern. Mich kotzte das Theater an.
     
     
    „Den kriegen wir nicht so leicht zu packen“, fluchte Böhnke, als wir nach Aachen zurückfuhren. „Dabei weiß ich noch nicht einmal, ob wir ihn überhaupt packen müssen.“
    „Der hat Dreck am Stecken und nicht zu wenig“, meinte ich wütend, „und kann vielleicht unbehelligt abhauen.“ Es gäbe nur noch eine Hoffnung: „Wenn Frau Leder wieder einigermaßen auf den Damm kommt, kann sie uns vielleicht als Zeugin dienen. Sie kann uns die Angaben liefern, die wir brauchen, um Wagner vor den Kadi zu zerren. Und wenn ich das Schwein höchstpersönlich aus Kanada nach Aachen holen muss.“ Ich lachte verbittert auf. „Ich komme mir wirklich wieder wie in einem Film oder einem Roman vor, in dem ich die Rolle des tragischen Helden spiele, der immer auf der Verliererseite steht.“
    „Sie sind aber in der Realität, Herr Grundler, und die ist nicht immer so, wie wir sie gerne hätten.“
    Wieder lachte ich auf. „Aber ich habe wenigstens dank Sabine ein unvollendetes Manuskript, das ich beenden kann. Und dabei konstruiere ich den Schluss ganz nach meinem Wunsch.“
    Böhnke sah mich kurz von der Seite an. „Wie sieht denn der Schluss aus?“
    „Wagner wird
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