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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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besetzt“, knurrte ich in den Hörer. „Und ich habe Sie nicht angerufen“, erhielt ich prompt zur Antwort. Böhnke ließ sich von mir nicht aus der Ruhe bringen. „Haben Sie Magenschmerzen?“
    „Wieso?“ Mir ginge es den Umständen entsprechend gut, entgegnete ich.
    „Sie haben ja auch kein Rindfleisch von Schranz gegessen“, erklärte der Kommissar durchaus vergnügt. „Dem werde ich morgen einen Besuch abstatten. Er hat mir kein zartes Rindfleisch verkauft. Das Zeug war ungenießbar. Das war zähes Leder.“

Würstchen
     
     
     
    Mein Interesse an einer geregelten Bürotätigkeit war nach dem Frühstück äußerst gering. So ließ ich es am nächsten Morgen sehr langsam und ruhig angehen und trat erst gar nicht den Fußmarsch zur Kanzlei an. Der gestrige Besuch hatte mir deutlich gemacht, dass es ohne mich ging, auch wenn Dieter mir eine andere Ansicht verkaufen wollte; insofern hatte ich kein schlechtes Gewissen, als ich mich daran machte, in meiner Wohnung aufzuräumen. Sabine sollte nicht unbedingt in einer Räuberhöhle nächtigen müssen, sagte ich mir, als ich mit Wischlappen und Staubsauger werkelte und den Staub neu sortierte.
    Allerdings kam ich nicht weit. Als ich auf meinem Schreibtisch die Papiere und Bücher kramte, ließ ich mich gerne von der wenig erbaulichen Hausmannstätigkeit ablenken.
    Aus der willkommenen Ablenkung wurde schnell Arbeit, als ich mich an meine eigene schriftstellerische Vergangenheit erinnerte und ich mich auf der Suche nach den Belegen der viele Jahre zurückliegenden Autorentätigkeit machte. Meine eigene Geschichte mit allen Haken und Ösen brachte mich ins Grübeln und ließ mich zu Schreibpapier und Bleistift greifen. Gedankenversunken hockte ich am Schreibtisch und vergaß die Zeit um mich. Ich war auf irgendetwas gestoßen, das mit dem Geschehen um Fleischmann zu tun hatte und das nicht passte.
    Ich würde mit Böhnke über meine Überlegungen reden müssen und ich war gespannt, was er mir zu sagen hatte.
    „Wie wär’s mit einem Würstchen?“ Ich verstand die Frage nicht, die mir der Kommissar am frühen Nachmittag am Telefon stellte. Ich saß immer noch am Schreibtisch und grübelte vor mich hin.
    Er war bei Schranz gewesen, berichtete der Kommissar mir, und hatte das Rindfleisch reklamiert. „Jetzt habe ich stattdessen ein Würstchen bei mir und wollte Sie einladen, mit mir im Präsidium zu speisen.“
    Ohne Zögern nahm ich sein Angebot an, mich von einem Fahrer zur Soers bringen zu lassen. Wenn Böhnke mit mir essen wollte, dann wollte er auch mit mir reden. Insofern hatten wir wohl beide das Bedürfnis nach gegenseitigem Gedankenaustausch. Außerdem hatte mir der Hinweis auf das Würstchen deutlich gemacht, dass ich Hunger verspürte.
     
     
    Ich war einigermaßen erstaunt, als ich erkannte, dass Böhnke nicht allein in seinem Büro auf mich wartete.
    In der Besucherecke hockte ziemlich zerknirscht Schranz. Seine Selbstsicherheit war verflogen, nervös spielte er mit den Händen, Schweiß stand auf seiner Stirn. War er etwa das Würstchen, von dem Böhnke gesprochen hatte? Ich konnte mir jedenfalls nicht vorstellen, dass der Großmetzger freiwillig als Besucher ins Polizeipräsidium gekommen war. Jedenfalls machte er auf mich nicht den Eindruck, als sei er aus freien Stücken oder rein zufällig in Böhnkes Büro gekommen.
    Mit einem zufriedenen Grinsen begrüßte mich der Kommissar. „Dank Ihrer Hilfe haben wir Herrn Schranz überführen können, Herr Grundler. Betrug, Steuerhinterziehung, Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz und noch allerlei anderes. Herr Schranz und sein Kompagnon Willibald sind heute verhaftet worden.“
    „Wie haben Sie denn die beiden überführt?“, fragte ich überrascht.
    Böhnke klopfte mir auf die Schulter, während ich in meiner Kaffeetasse rührte. „Nach den Hinweisen, die Sie uns gegeben haben, haben wir die beiden beobachtet. Ausgehend vom Viehtransport ab der Weide in Ubach over Worms bis hin zu den Fleischverwertungsbetrieben haben wir das Geschehen kontrolliert. Bei einer Hausdurchsuchung haben wir auch Dokumente gefunden, die den unzulässigen Kauf der Rinder und den Import von tief gefrorenem Fleisch belegen.“ Es sei fast so gewesen, wie von Fleischmann beschrieben. „Aber letztendlich haben Sie uns die entscheidende Vorlage gegeben, Herr Grundler.“
    „Inwiefern?“ Ich konnte mir meinen angeblich maßgeblichen Anteil an der Aufklärung des Verbrechens nicht erklären. „Weil Sie mit Fleischmann
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