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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Marcus Thurner
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grimmige Soldaten mit grimmigen Gesichtern. Einige von ihnen trugen lange Narbenbärte, die sie als Kämpfer aus den Grenzländern des Reiches Nord-Aenas auswiesen, andere schlugen Eisenschwerter gegen kunstvoll verzierte mayeursche Uniformen.
    Dies waren Männer, gegen die im Zweikampf kaum jemand bestehen konnte. Herr Attamay mochte es gegen zwei von ihnen gleichzeitig aufnehmen und Herr Rudynar Pole ebenso. Doch die Bewohner Amstades, jene Männer, die eben mit allen Anzeichen einer beginnenden Panik in Richtung der heimatlichen Palisadenwände drängten, würden unter ihren Hieben fallen wie Weizenhalme.
    Noch griffen die Feinde nicht an. Offenbar machten sie sich einen Spaß daraus, den Dörflern Hoffnung zu schenken, um sie ihnen bald wieder zu nehmen.
    »Hinter die Barrikaden!«, rief Herr Attamay. »Schließt die Tore, sobald wir beide durch sind. Wer zu spät kommt, hat Pech gehabt!«
    Alles Weitere war hundertfach geübt. Die Frauen und Kinder würden durch einen in Boden und Fels gehauenen Geheimgang aus dem Dorf entkommen und in einem der westlichen Wäldchen, etwa tausend Schritte entfernt, ans Tageslicht zurückkehren. Dort warteten Lager mit weiterer Ausrüstung auf sie. Auf Wegen, die nur mit dem geschulten Auge eines Bewohners Amstades wahrzunehmen waren, konnten sie flüchten. Der Rückzug in die Eisigen Ebenen von Nord-Aenas würde ihnen alles abverlangen, und es erwartete die Überlebenden eine Existenz, wie sie armseliger kaum sein konnte.
    Doch war das nicht mehr, als man sich angesichts der Umstände erhoffen durfte?
    Schritt für Schritt wichen Herr Rudynar Pole und er zurück. Suchend, kontrollierend, die Truppenbewegungen der Gegner sondierend. Ein vorwitziger Fußsoldat sprang seinem Freund in den Rücken. Mit einer fließenden Bewegung seiner Schwerthand machte ihm der erfahrene Kämpfer den Garaus.
    Da und dort fanden kleine Geplänkel statt. Gegnerische Krieger klopften Schwerter gegen Schilde und versetzten Dörfler in Panik. Jene, die die Nerven verloren und sich aus dem Gefüge der Zurückweichenden lösten, wurden gejagt, so wie es die Katze mit der Maus tut.
    Menschen kämpften, Menschen starben. Manch einer hatte es rasch hinter sich, andere würden einen Tag oder mehr leiden, so sich niemand ihrer erbarmte.
    »Helft mir!«, hörte Herr Attamay eine Stimme rechts von ihm. »Ich bitte euch!«
    Er wandte sich suchend um. Einer der beiden Schmiedegesellen lag da. Im Brustkorb klaffte eine schreckliche Wunde. In der zittrigen Hand hielt der Mann nach wie vor sein Messer, einem Gegner entgegengereckt, der nicht mehr kommen würde.
    Es fehlte ein Dutzend Schritte, um zu dem Gesellen zu gelangen und ihm den Gnadentod zu gewähren. Herr Attamay entschied sich dagegen. Da war eine Gasse, fast frei von Körpern. Sie beide würden diesen Weg nehmen und keinen Schritt davon abweichen. Andernfalls war die Gefahr zu groß, von einem verletzten Gegner angefallen zu werden, der ihnen in einer Aufwallung der Heimtücke und mit einem rasch geführten Messerschnitt Verletzungen zufügte.
    »Helft mir!«, brüllte der Geselle noch einmal. Alle weiteren Worte, all das Geschrei und die Flüche, die danach kamen, blieben unverständlich. Blut drang blubbernd aus jener klaffenden Wunde, die einmal ein Mund gewesen war.
    »Es sieht nicht gut aus«, sagte Herr Rudynar Pole, das Geschrei und die Flüche des Sterbenden übertönend.
    »Es gab Situationen, die noch aussichtsloser waren«, widersprach Herr Attamay.
    »Aber wir durften auf die Unterstützung durch Entsatztruppen hoffen. Wer wird uns hier zu Hilfe kommen? Die Alten und Siechen Amstades? Die Zwölfjährigen? Einwohner anderer Dörfer? Ein Gott, der sich für uns interessiert und Mitleid mit zwei alternden Veteranen hat?«
    Herr Attamay schwieg daraufhin. Er konzentrierte sich auf die Gegner und deren Lenker. Er versuchte, das strategische Verhalten des anderen einzuschätzen. Vielleicht ließen sich Lücken erkennen, Fehler im Vorgehen. Irgendetwas, das sich als Hoffnungsschimmer an die flüchtenden und verzweifelten Dörfler verkaufen ließ.
    Nichts. Abgesehen vom unkoordinierten Vordringen des ersten Schwungs der Fußtruppen war alles wohl organisiert. Die Pferde eines in Kampfmetall gerüsteten Reitertrupps scharrten nervös mit ihren Hufen. Magicae standen bereit, um ihre Zauber wirken zu lassen. Sie hatten bloß noch nicht genug Wut angesammelt, um die volle Wirkung ihres Könnens über die Dörfler hereinbrechen zu lassen. Die Parveniden
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