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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Marcus Thurner
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keinen Zweifel, dass es sich um jene Frau handelte, deren Namen selbst in den entlegensten Tälern mit vor Furcht zitternder Stimme genannt wurde.
    Die Linke jagte ihr Pferd im gestreckten Galopp über das Schlachtfeld und ließ dabei die stachelbewehrten Zügel links und rechts über die Flanken des Tiers tanzen. So als wollte sie es zu Tode schinden und als würde sie es bloß noch für diesen einen letzten Ritt benötigen. All die Toten ringsumher kümmerten Pae Loriander nicht. Ihr Pferd wollte mehrfach ausweichen; sie ließ es nicht zu. Hufe trampelten Verletzte zu Tode und verstümmelte jene weiter, die es bereits hinter sich hatten.
    Als der Gaul unmittelbar vor Herrn Attamay und Herrn Rudynar Pole die Hinterläufe ins Erdreich stemmte und anhielt, flockte Schaum vom Maul des Tiers. Die Linke hingegen keuchte nicht einmal.
    »Einen schönen Tag wünsche ich den Herrschaften«, sagte die Kriegerin, schwang ein langes, kaum geschütztes Bein über den Sattel und ließ sich zu Boden gleiten.
    Herr Attamay und sein Freund schwiegen. Sie beobachteten ihren Gegner, jeder auf seine Weise. Herr Rudynar Pole ließ die Blicke zweifellos über die makellosen Leibesrundungen der Linken schweifen. Seine Liederlichkeit, so war allseits bekannt, kannte kaum Grenzen. Herr Attamay hingegen versuchte die Fassade an Selbstsicherheit zu durchdringen, um den Wesenskern seiner Gegnerin zu ergründen. So wie er es während all der Jahre als Krieger gelernt hatte.
    »Ich begegne der Sprachlosigkeit recht häufig«, sagte die Linke. »Bedauerlicherweise ist sie nicht immer nur meinem Aussehen gedankt.«
    »Obwohl es so sein sollte.« Herr Rudynar Pole verneigte sich. »Ich könnte mir dich gut als Trophäe in meinem Bettlager vorstellen. Und als weitere Kerbe an einem der Bettpfosten.«
    Die Linke versteifte. Sehnige Muskel traten unter dem Fleisch ihrer Oberschenkel hervor, alles an der Frau war mit einem Mal Anspannung. »Man sagte mir, dass ein Trunkenbold mit loser Zunge hier auf mich warten würde.« Sie wandte sich Herrn Attamay zu. »Und ein Kämpfer, der diesen Namen auch verdient.«
    »Was wollt Ihr? Warum schändet Ihr dieses Land und diese Leute?«
    »Weil es so sein muss. Weil wir die Tage des Lichtes und des Lebens beenden werden.«
    »Wer ist: wir?!«
    »Stell dich nicht dümmer, als du bist. Metcairn Nife wäre enttäuscht, würde er von diesen Worten erfahren.«
    Herr Attamay schloss die Augen und sammelte sich. Ihm wurde das Herz schwer. Bilder, die er seit Jahren erfolgreich verdrängt hatte, kehrten zurück. Solche von Blut und Tod und Unglück. Solche, die vom Grau kündeten, das weit weg von hier seinen Ursprung genommen hatte und sich, anfänglich unbemerkt, einen Weg durch die Länder gebahnt hatte. Die Truppen Metcairn Nifes hatten stets jeden Widerstand gebrochen. Nie hatten sie Friedensverhandlungen auch nur in Betracht gezogen.
    »Ihr findet hier nichts von Belang.« Herr Attamay war unendlich müde. »Nehmt Eure Truppen und zieht weiter. Oder fordert uns im Zweikampf, wenn Euch danach ist, doch lasst diesen Leuten ihr armseliges Leben. Ich bitte Euch …«
    »Würdest du niederknien? Würdest du meine Füße küssen?«
    »Selbstverständlich.« Herr Attamay vergab sich nichts. Er hatte seine Ehre längst verloren. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort.
    »Und du, Trunkenbold?«
    »Nur wenn du deine grazilen Beinchen mit Alkohol einreibst, vorzugsweise mit schwerem Roten.« Herr Rudynar Pole lachte. »Ein Säufer bleibt ein Säufer.«
    Die Linke lachte hellauf. »Ihr seid ein köstliches Pärchen. Unter anderen Umständen und wenn ich Zeit dafür hätte, würde ich mich mit euch beiden ein wenig vergnügen. Doch leider rufen andere Geschäfte …«
    »Ich bitte Euch nochmals, verschont das Dorf. Nehmt uns, aber …«
    »Mach dich nicht lächerlich!« Die Stimme der Linken klang mit einem Mal kalt. »Du warst im Krieg. Du weißt, dass ihr kein Erbarmen zu erwarten habt. Und schon gar nicht von mir oder von Metcairn Nife.«
    Ein Horn tönte von weither. Herr Attamay zuckte zusammen. Sein Klang kam … aus westlicher Richtung!
    »Du schaltest schnell, Krieger«, sagte die Linke, die seinen Gesichtsausdruck richtig zu deuten wusste. »Selbstverständlich wussten wir, dass Frauen und Kinder durch einen Geheimgang flüchten würden. Jedermann trifft Vorbereitungen zur Flucht in unruhigen Zeiten wie diesen. Also habe ich Spähtrupps ausgeschickt. Einer von ihnen ist wohl fündig geworden.« Die Linke
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