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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Marcus Thurner
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mehr dahinter?
    Die Sibylle fauchte. Die Nase plättete sich, an den vier Armen zeigte sich starke Behaarung. Das Wesen trat zurück, Schritt für Schritt, als rieche es eine Gefahr, der gegenüber es sich hilflos fühlte.
    »Tötet sie!«, rief der Gottbettler aus dem Hintergrund. »Reißt ihnen die Köpfe von den Schultern, schießt sie zusammen, lasst sie im eigenen Blut schwimmen!«
    »Er ist lächerlich, nicht wahr, Metcairn Nife?« Terca lachte, und es klang beinahe unbekümmert.
    »Er ist mein Herr. Ich habe einen Eid auf ihn geleistet.«
    »Jeder macht Fehler, Freund. Denkst du nicht, dass es Zeit wäre, diesen einen zu beheben?«
    Der Offizier wollte sich erneut einmischen, doch Metcairn Nife brachte ihn mit einer herrischen Handbewegung zum Schweigen. »Meine Leute und ich sind ihm verpflichtet«, sagte er. »Das lässt sich nicht ändern.«
    »Aber?«
    »Es gibt kein Aber.« Der Heerführer zuckte mit den Schultern. »Ich wollte bloß sehen, wer den Gottbettler so sehr in Panik versetzt, dass er all seine Eroberungsgelüste für eine Weile beiseiteschiebt und uns hierher zurückberuft. Und was sehe ich? Vier Gestalten, eine armseliger als die andere.«
    »Vier?«, fragte Pirmen irritiert.
    »Einen neugierigen Magicus, der mit seinen neugewonnenen Kräften noch längst nicht haushalten kann. Einen Knaben, der zu nichts zu gebrauchen ist, und dennoch unendlich wertvoll wird, weil er genauso wie der Gottbettler ist, ihn versteht und seine Begleiter vor dem Wahnsinn ihres Gegners beschützen kann. Eine Wicca, uralt, dumm und vergesslich …«
    »Das dumm habe ich überhört.«
    »… die über Ewigkeiten hinweg die Geschicke vieler Reiche im Weltenkreis mitschrieb, sich dann zur Ruhe setzte und so dumm war, sich ein weiteres Mal in geschichtsträchtige Ereignisse einzumischen, obwohl sie wusste, wie groß das Risiko sein würde …«
    »Ach, weißt du, Heerführer, es hat sich einfach so ergeben.«
    »Nichts ergibt sich einfach so. Das weißt du gewiss besser als ich.«
    »Na schön, Metcairn Nife, du hast mich ertappt. Ich habe ein klein wenig gespielt. Figuren bewegt, Pläne entworfen. Aber nicht um des Spielens willen, sondern weil ich davon überzeugt bin, dass der Gottbettler den falschen Weg beschritten hat.«
    »Weil du davon überzeugt bist . Weil du es keinesfalls dulden kannst, dass die Welt eine bessere wird. Was würde dann mit den Wicca geschehen, was mit den anderen Geschöpfen, die ihre Intrigen spinnen und ihre Konflikte auf dem Rücken der Menschen austragen? Was würden Sibyllen und Magicae machen, wenn es Frieden gäbe?«
    »Der Gottbettler beschreitet den falschen Weg …«
    »Nein, er tut das Richtige, wenn auch aus den falschen Gründen heraus«, widersprach Metcairn Nife. »Aus Gründen der Selbstsucht und des Selbstschutzes, um sich seine eigene verrückte kleine Welt zu schaffen. Aber er ist auf dem richtigen Weg. Ich bin auf dem richtigen Weg. Ich könnte es schaffen, den Geschöpfen des Weltenkreises den Gedanken an weitere Kämpfe, Schlachten und Kriege auszutreiben.« Metcairn Nife senkte den Kopf. »Ich habe diesem Plan alles untergeordnet. Habe alles hinter mir abgebrochen, habe Freundschaften geopfert und Leute allein dafür töten lassen, weil sie meine Beweggründe zum Teil durchschauten.«
    Der Gottbettler quengelte. Seine Stimme klang drängend, und er sandte Impulse aus, die sinnesverwirrende Stürme rings um sie erzeugten. Doch sie, die beiden kleinen Häuflein Menschen, auf engstem Raum zusammengedrängt, blieben geschützt, dank des Stummen Jungen, der nichts von den Gedanken des Gottbettlers an sie heranließ. Er saß auf dem Boden und starrte ins Leere. Seine Verletzungen kümmerten ihn nicht.
    Metcairn Nife sah Terca an. »Und nun verlangst du, dass ich meine Pläne opfere? Dass ich an deiner Seite Partei ergreife?«
    »Ja, das tue ich.« Die Hexe lächelte ihn warmherzig an. »Die Prophezeiung war immer richtig. Du bist das letzte Glied, du bist der Vierte. Es brauchte den Mann mit den Goldenen Augen bloß, um dich auf deine Fehler aufmerksam zu machen und dir jenen Stoß zu geben, der notwendig war. Du musst einsehen, dass die Allgewalt des Gottbettlers schlimmer wäre als alle Kriege und Unruhen. Er wäre tatsächlich ein Gott. Wüsstest du, wie es war, als Götter diese Welt bevölkerten, hättest du dich niemals für ihn entschieden.«
    Pirmen betrachtete den Heerführer. Der dachte tatsächlich über einen Frontwechsel nach. Er war unschlüssig geworden, dank
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