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Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Titel: Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi
Autoren: Rene Paul Niemann
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Ein Mord
    Wie von einer Nadel
gestochen schreckte er hoch. Es war stockfinster. Wo zum Teufel war die
Taschenlampe? Er hatte sie griffbereit in einen seiner Schuhe gesteckt, als er
sich hinlegte. Das Feldbett war unbequem, trotzdem hatte er tief geschlafen.
Mit der Hand tastete er über den staubigen Boden.
    Da war es wieder. Ein
leises Poltern drang durchs halb geöffnete Fenster. Jemand machte sich am Gitter
zu schaffen.
    »Verdammt«, murmelte er.
»Das hat mir noch gefehlt.«
    Die Zeiger des
altmodischen Weckers, der neben dem Kopfende auf einer umgedrehten Holzkiste
stand, phosphoreszierten im Dunkeln. Gleich zwei Uhr. Er hatte das Ding
gewissenhaft aufgezogen, sonst war man hier draußen aufgeschmissen. Seine Hand
tastete weiter, endlich fand er die Taschenlampe. Leise schlüpfte er in die
Schuhe, hielt den Atem an. Es klapperte noch immer, so als würde jemand mit
einem Werkzeug hantieren. Dazwischen ein halblauter Fluch.
    Er griff nach dem
Kantholz, das neben seinem Kopfkissen lag, und ballte die Hand zur Faust.
Scheiß-Nachtwache. Was für eine hirnverbrannte Idee. Und wenn wirklich etwas
passierte? Er konnte ja nicht mal die Polizei verständigen.
    Lautlos erhob er sich,
schob den Riegel zur Seite und drückte die Tür langsam auf. Sie quietschte
furchtbar. Das Klappern verstummte augenblicklich, nur der Wind rauschte leise
in den Bäumen. Irgendwo schrie ein Käuzchen.
    Verdammter Mist, fuhr es
ihm durch den Kopf. Vielleicht war es besser, die Taschenlampe nicht
einzuschalten. Vorsichtig machte er ein paar Schritte. In der Nähe raschelte
es, und im Licht des zunehmenden Mondes, der fahl zwischen zwei Wolken
auftauchte, sah er eine Gestalt aus dem Unterholz treten, die sich langsam auf
ihn zubewegte.
    Er stutzte. War das
Klappern nicht aus der anderen Richtung gekommen? Die Gestalt kam näher und
machte gar keine Anstalten, sich zu verbergen. Dann erhellte das Mondlicht ein
blasses Gesicht.
    »Ach, Sie sind es!«,
stieß er hervor, erleichtert und ziemlich genervt. »Was machen Sie denn hier?
Ich habe doch wohl deutlich gemacht, dass ich in keiner Weise an Ihren Offerten
interessiert bin …«
    Die Gestalt war stehen
geblieben, rührte sich nicht mehr. Sagte nichts, starrte einfach nur in seine
Richtung. Merkwürdig war, dass sie gar nicht ihn anschaute, sondern den Blick
in die Dunkelheit hinter ihm gerichtet hielt.
    Ein Knacken ließ ihn
herumfahren. Er hob die Hand mit dem Kantholz, sah aber nichts, weil ihn
plötzlich gleißendes Licht blendete. Im gleichen Moment traf ihn ein gewaltiger
Schlag. Ganz kurz sah er Sterne, rasend grelle Farben. Ein unglaublicher
Schmerz durchzuckte seinen Schädel. Dann wurde die Welt ganz watteweich, und
Dunkelheit hüllte ihn ein. Das Letzte, was er fühlte, war ein Krampfen seiner
linken Hand, ein paar Grashalme zwischen den Fingern.
    In der Ferne startete
ein Wagen. Ihm wurde kalt, das Kribbeln in seinen Fingern erlosch. Aus seiner
Schläfe tropfte dickes Blut auf den ausgetrockneten Erdboden, der es gierig aufsaugte.

Teil 1

1
    Alles begann an einem
Dienstag Ende Mai. Xaver Birnbaum fluchte und wischte sich den Schweiß von der
Stirn. Die Sonne brannte. Das Blau des Himmels war so tief wie sonst nur im
August, und die Schwalben flogen hoch. Ein heißer und trockener Sommer stand
ihnen bevor. Das sagte zumindest Maria, die sich ihrerseits auf den
hundertjährigen Kalender berief. Und meistens behielt sie recht.
    Von Palling her schlug
die Glocke zwölf Mal. Der ferne Kirchturm schien in der flirrenden Hitze zu schweben
wie eine Fata Morgana. Birnbaum hielt sich die Wasserflasche an den Mund, dann
schälte er sich ächzend aus dem Sitz des Traktors und sprang in die tiefen
Ackerfurchen. Alles verdorrte, und er musste sich mit der verdammten Linde
herumplagen! Oder vielmehr mit dem, was von ihr übrig war. Natürlich hätte er
den verkohlten Baumstumpf auch einfach in der Erde lassen können. Aber es
passte ihm nicht, klein beizugeben und die einmal begonnene Arbeit nicht zu
vollenden.
    Vor drei Tagen hatte ein
Blitz in die alte Linde eingeschlagen, und da es ein trockenes Gewitter war,
ging der ganze Baum in Flammen auf. Wie ein spätes Osterfeuer brannte er
weithin sichtbar auf der Anhöhe, mitten auf Birnbaums Weizenfeld, und steckte
auch noch das trockene Kraut im Umkreis an. Die freiwilligen Feuerwehren von
Palling und Freutsmoos waren ausgerückt und hatten dafür gesorgt, dass die
Flammen sich nicht weiter ausbreiteten. Einen richtigen Steppenbrand hätte
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