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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron
Autoren: Katia Fox
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Heiligen Vater als seinen Lehnsherrn anerkannt hatte. Ein kluger Schachzug, der den Papst auf Johns Seite zwang und den französischen König in seine Schranken wies.
    In Portsmouth zeigte sich, dass mehr Barone dem Ruf des Königs gefolgt waren als erwartet. Schwarz war die Erde, so weit das Auge reichte, so viele Männer hatten sie mitgebracht.
    »Nun mag Philippe mit seinem verzogenen Sohn ruhig versuchen, mir die Krone Englands zu entreißen«, sagte John beim Anblick seiner Truppen voller Übermut und funkelte Guillaume triumphierend an.
    Auch wenn John ihn als zu ernst und bestimmend empfand, hatte Guillaume bisher meist recht gehabt mit seinen Voraussagen, und auch diesmal hatte er kein gutes Gefühl. Gewiss, dachte er, wenn sie alle gemeinsam in den Kampf zögen, würden sie den französischen König besiegen können. Doch war er ganz und gar nicht sicher, wie lange die Barone ihrem Herrn noch treu bleibenwürden. Wie viele von ihnen, fragte er sich, würden wohl kampflos die Seiten wechseln, sobald der Franzose den ersten Fuß auf englischen Boden setzte?
     
    »Landluft und eine Beizjagd, das ist genau das, was ich jetzt brauche!«, rief John strahlend aus, als ihn nach langen Tagen des Wartens in Portsmouth endlich die Nachricht erreichte, dass Philippe seine Angriffspläne wutschnaubend aufgegeben hatte. »Maréchal, Ihr werdet mich morgen bei Sonnenaufgang nach Roford begleiten. Wenn wir uns sputen, schaffen wir den Weg gewiss bis zum Abend und sind so in drei bis vier Tagen zurück«, verkündete er mit einem breiten Grinsen. »Ich habe meine Tochter und meinen Enkel eine halbe Ewigkeit nicht gesehen!«
    Guillaume nickte kaum merklich. Er war hin- und hergerissen zwischen der Freude, William und seine Familie wiederzusehen, und dem Gefühl der Eifersucht bei dem Gedanken daran, sie mit dem König teilen zu müssen.
    »Ihr scheint nicht gerade begeistert zu sein?« John sah ihn fragend an.
    »Doch, gewiss, Mylord!« Guillaume rang sich mühsam ein Lächeln ab.
    »Gut, mein lieber Maréchal, denn ich habe bereits heute in aller Frühe einen Boten ausgesandt, der uns ankündigen wird.«
     
    Schlaflos wälzte sich Guillaume in dieser Nacht noch lange in seinem Bett herum. Erst war ihm warm, dann fröstelte ihn. Bilder seiner Enkel drängten sich ihm auf, und er stellte sich vor, wie es war, wenn er sie wiedersah.
    »Großvater!«, hörte er Richard, Williams Erstgeborenen, rufen. Er war gewachsen, seit Guillaume ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ja, er schien baumlang zu sein, hatte aber noch immer das Gesicht eines Sechsjährigen. Elf muss er sein, überlegte Guillaume und breitete die Arme aus, um seinen Enkel zu begrüßen. Doch Richard schien ihn nicht einmal wahrzunehmen. Mit strahlenden Augen lief er an ihm vorbei, geradewegs auf John zu.»Großvater!«, rief er noch einmal und flog in die Arme des Königs. Guillaume schluckte trocken. Seine Kehle schmerzte, und seine Augen brannten.
    »Sieh nur, mein Junge, ich habe dir einen Falken mitgebracht!«, sagte John honigsüß und holte einen weißen Ger hervor, den Guillaume zuvor nicht bemerkt hatte. Größer als alle Gerfalken, die er je gesehen hatte, war der Greif und so weiß wie eine Schneeeule. Richard warf das Holzschwert, das Guillaume ihm einst geschenkt hatte, achtlos fort, nahm voller Stolz den Falken auf seine Faust und lachte glucksend wie die kleine Alix. Er schwatzte voller Ungeduld auf John ein, der lächelnd nickte, und bewunderte immer wieder den Vogel, ohne Guillaume auch nur die geringste Beachtung zu schenken. Auch William, der sich plötzlich zu ihnen gesellt hatte, und Marguerite, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war, begrüßten den König überschwänglich.
    »Bring die Pferde in den Stall, Guillaume!«, sagte William, ohne seinen Vater anzusehen, und klang wie der Herr von Tancarville.
    »Nein!«, begehrte Guillaume auf und schreckte schweißgebadet hoch. Die Kammer war stockdunkel, draußen im Hof noch alles still. Nur der Wind rüttelte an den Fensterläden, sonst war alles ruhig.
    »Mylord?«, erklang plötzlich die verschlafene Stimme seines Pagen.
    »Ist nichts«, sagte Guillaume. »Schlaf weiter!« Sogleich hörte er den Jungen zufrieden schmatzen. Einen Moment horchte er noch auf das regelmäßige Atmen des Knaben, dann ließ er sich erschöpft zurück auf seine Kissen fallen. Er war noch immer zutiefst betrübt über den schlechten Empfang, den man ihm in Roford bereitet hatte, und doch zugleich erleichtert, weil er
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