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Der Glücksritter

Der Glücksritter

Titel: Der Glücksritter
Autoren: Hans Kneifel
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diesem Augenblick vergaß er alles. Er musterte die Tiere; sie sahen prächtig und ebenso erholt aus, wie er selbst sich fühlte. Wo war Luxon? Fragen, die er nicht beantworten konnte. Seine Ausrüstung war vollzählig, und der lange Schlaf samt dem frugalen Mahl hatte ihn erfrischt.
    Er zog die Schultern hoch, legte den Arm um Pandors Hals und griff dem Wolf in das graue Nackenfell.
    »Was jetzt, Mythor?« fragte er sich halblaut. »Und wohin? Zum Orakel von Theran etwa?« Er wusste es nicht.
    Wieder betastete er sein Gesicht. Es gab keine Spannung mehr, das Gefühl, als habe ein unfassbares Etwas dort eine neue Kraft gebracht, war vorbei. Trotzdem blieben die Eindrücke in der Erinnerung zurück. Ein anderer Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Die Tätowierten waren Wesen der vulkanischen Zone dieser mörderischen Wüste, und sie gewannen ihr Trinkwasser aus den wenigen Quellen, die es hier gab. Sie töteten die Tiere und aßen sie. Oder sie brieten das Fleisch vorher an der kochenden Lava.
    Wie hatte Luxon gesagt? Überall ist Leben. Sogar hier in dieser Hölle.
    Mythor versuchte sich zu erinnern. Unweit von dieser Stelle war er einst gefunden worden. Die Leute von Churkuuhl hatten ihn aufgenommen. Es gab hier, zwischen den Dünen und der Oase von Theran, einige kleine Wasserlöcher, die von ständigem Grün umgeben waren. Dorthin würde er am besten seinen Weg richten.
    Der wichtigste Grund, weswegen er das Wasser aufsuchen wollte, war nicht der Durst. Ihn dürstete nicht.
    Der Grund war, dass er im Spiegel eines Tümpels oder Wasserlochs das Bild Fronjas auf seiner Brust sehen wollte. Zwar würde er ihr Gesicht, das Haar und die Linie des! unvergleichlichen Halses nur wie in einem silbernen Spiegel sehen, aber aus der richtigen Perspektive.
    Der Sternenbogen und der Mondköcher waren für ihn vorläufig verloren. Die Straße des Bösen, der Yarl-Pfad, würde für ihn unter diesen Umständen trotzdem leicht zu erreichen sein.
    Er griff nach dem geschnitzten und verzierten Löwenkopf des Sattels, stemmte seinen Fuß in den Steigbügel und zog sich hoch. Der Schneefalke flatterte auf und setzte sich wieder auf Pandors Horn. Seine Bewegungen waren schnell und sicher, aber der Flügel war noch immer nicht restlos ausgeheilt.
    »Pandor, Hark und Horus!« rief Mythor mit neu erwachendem Mut. »Wir reiten zuerst zum Yarl-Pfad.«
    Willig trabte Pandor die Düne abwärts. Der Bitterwolf schnürte voraus und suchte den besten Weg.
    Vor zwei Stunden war die Sonne aufgegangen.
    *
    Luxon-Arruf empfand nicht einmal Freude oder Befriedigung, dass es ihm gelungen war, seinen Plan durchzuführen, ohne gegen die Vereinbarung zu verstoßen, ohne Mythor zu belügen. Alles war streng nach den Worten ihres flüchtigen Paktes abgelaufen. Nachdem sie miteinander die Abenteuer in der Hölle durchgestanden hatten, war die Zeit abgelaufen, und er war wieder ein Gegner statt eines Partners.
    Jetzt saß er auf diesem herrlichen Einhorn und ritt in scharfem Galopp auf den Rand der Straße des Bösen zu. Er musste möglichst viel Entfernung zwischen sich und Mythor bringen. Mythor würde ihn, wenn er wieder aufstehen konnte, erbarmungslos verfolgen. Er, der Glücksritter aus Sarphand, hatte wieder einmal Glück gehabt. Glück, sagte er sich und beugte sich im Sattel vor, hatte auf die Dauer nur der Tüchtige. Er war, ohne jeden Zweifel, außerordentlich tüchtig.
    Er ritt in den Tälern der Dünen. Die Sonnenscheibe wurde dunkler und verlor ihre kreisrunde Form. Der Wolf, den Falken in den Fängen, lief vor Pandor auf den Rand der Straße zu und gab keinerlei Zeichen, ob er es richtig fand, dass ein anderer Mann Pandor ritt.
    Die Dämonenpflanzen ragten am Rand der Straße auf und färbten sich dunkler. Als der schwarze Streifen deutlicher wurde, blieb Pandor mitten aus einem Galoppsprung heraus stehen. Sand stob auf. Luxon konnte sich gerade noch im Sattel halten. Dann stieg das Einhorn fast senkrecht hoch, wirbelte mit den Füßen durch die Luft, sank wieder auf den Boden und keilte mehrmals aus. Wieder warf er sich zur Seite, hob sich auf die Hinterbeine und schleuderte Luxon aus dem prächtigen Sattel.
    Luxon überschlug sich in der Luft und landete weich im Sand. »Verdammtes Vieh!« schrie er hasserfüllt. Das Einhorn warf sich herum, der Wolf stieß einen grollenden Laut tief aus der Kehle aus und rannte neben Pandor in den Spuren zurück, die sie bis hierher hinterlassen hatten.
    Luxon stand langsam auf und sah den Tieren nach, deren
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