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Der Glücksritter

Der Glücksritter

Titel: Der Glücksritter
Autoren: Hans Kneifel
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links. Andere Männer mit Fackeln in den Händen kamen aus den Nebenräumen oder hinter den wuchtigen Säulen hervor. Keiner der Primitiven zeigte Angriffslust. Im Gegenteil, sie betrachteten Mythor schweigend und voller Ehrfurcht. Er blickte endlich seine Brust an – und erstarrte vor Entsetzen!
    »Ihr Wahnsinnigen!« schrie er auf. Jedes Wort jagte einen stechenden Schmerz durch seinen Kopf. »Ihr habt mich tätowiert!«
    Während er bewusstlos gewesen war, hatten sie ihn vom Rand der Wüste hierhergeschleppt. Er befand sich irgendwo innerhalb der höllischen Vulkanzone mit all ihren Schrecken. Und seine Bewusstlosigkeit war von diesen »Künstlern« ausgenutzt worden, seine Brust mit ihren verdammten Holzspitzen zu verunzieren. Niemals wieder würde er diese Spuren aus der Tiefe der Haut loswerden können; nicht einmal Feuer half dagegen. Er wusste es.
    Aber dann lächelte auch Mythor. Er konnte zwar das Bild nur verkehrt herum sehen, aber etwa zwei Handteller groß stand das Bild Fronjas auf seiner Brust! Fronja! Sie war ebenso abgebildet wie auf dem Pergament in seinem Wams! Allerdings nur in dunklen Linien, Punkten und Schattierungen.
    »Ihr verrückten Teufel!« strahlte Mythor. Seine Stimme gewann mit jedem weiteren Wort mehr Festigkeit. »Ihr habt… Fronja… Es ist unglaublich.«
    Vorübergehend vergaß er Luxons Verrat und den Verlust seiner Tiere.
    Und wo waren die Waffen, die übrige Ausrüstung?
    Mindestens drei Dutzend der Tätowierten umstanden jetzt sein Lager. In steinernen Vertiefungen an den Säulen loderten die rußenden Flammen von Öllampen. Die meisten Fackeln staken an den Wänden in ledernen Riemen. Die kleinen und großen Flammen riefen auf den glasartigen Oberflächen der Lavastrukturen zuckende und zitternde Blitze hervor. Mythor schwang seine Beine zur Seite und stellte die Sohlen der Stiefel auf den Boden. Die magischen Zeichen! Die am ganzen Körper tätowierten, sprachlosen Wilden! Und dieses Gewölbe, halb natürlich, halb künstlich geschaffen. Wo befand er sich wirklich?
    Die Tätowierten starrten ihn mit leuchtenden Augen an, wiegten ihre Körper hin und her und stießen ihre seltsamen Brummlaute aus.
    Mythor versuchte es mit der Zeichensprache. Er deutete auf das Bild Fronjas, das er zu gern in einem Spiegel gesehen hätte. Dann zeichnete er mit den Fingern die Bewegung in der Luft nach, mit der man ein Pergament auffaltete. Schließlich deutete er auf den kleinen Steinhammer und das kammartige Instrument, klatschte in die Hände und stand ganz auf.
    Ehrfurchtsvoll blickten ihn die Tätowierten an. Einer reichte ihm ein Stück Stoff oder dünnes Leder. Es war in kaltes Wasser getaucht worden, und Mythor hielt es gegen seine Schläfe. Nur langsam wich der Schmerz von Luxons Hieb.
    »Danke!« sagte er und deutete wieder auf das Bild.
    Ein anderer Tätowierter kam, drängte seine Unterarme zur Seite und wischte mit einem anderen Stück Leder das verkrustete Blut aus den vielen winzigen Einstichen weg. In einem einfachen Holzkübel befand sich eine stark schweflig riechende Flüssigkeit. Sofort vergingen die letzten Schmerzen der Tätowierung. Das Bild Fronjas schien bei jeder Bewegung, die Mythor machte, zu einem trügerischen Leben zu erwachen – es schien, als lächle sie ihn selbst aus dieser unnatürlichen Perspektive an.
    »Wahrscheinlich betet ihr mich an«, sagte Mythor und sah sich um, ob er nirgendwo seine Ausrüstung und seine Kleidung fand, aber er sah nur die Körper der Tätowierten mit ihren kunstvollen Mehrfachlinien, mit den kleinen magischen Zeichen und den größeren Tierdarstellungen. Die Männer – er entdeckte kein einziges eindeutig weibliches Wesen in diesen Kavernen – umstanden ihn und blickten ihn, wie er meinte, erwartungsvoll an.
    »Nur, weil ich einige eurer Ungeheuer erschlagen habe?« fragte Mythor, obwohl er sicher war, dass ihn keiner verstand. »Der andere Mann hat auch einige Echsen mit seinen Pfeilen heruntergeholt.«
    Das Bild Fronjas, bisher auf dem weichen Pergament gemalt, war nun sicher. Es konnte ihm nicht mehr gestohlen werden, er konnte es nicht mehr verlieren, und es würde nicht einmal verblassen, wenn er starb oder getötet wurde.
    Er trug es an sich, in seiner Haut!
    Wieder musste er lachen. Diese Reaktion schien die Tätowierten zu freuen, denn sie vollführten um ihn eine Art langsamen Tanz und zeigten immer wieder auf das Bild auf seiner Brust.
    »Und wo ist das Pergament?« versuchte sich Mythor zu erkundigen. Niemand verstand
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