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Der Glücksritter

Der Glücksritter

Titel: Der Glücksritter
Autoren: Hans Kneifel
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nicht gerade kalt, aber nur mäßig erwärmt. Und es schmeckte wie Quellwasser.
    Pandors Horn glänzte. Der Wolf sprang, noch immer Horus zwischen den Fängen, in den Regen hinein und legte den Vogel vorsichtig auf einen flachen Stein. Dann stürzte sich der Bitterwolf mitten in den dichten, prasselnden Regen des warmen Wassers hinein, schnappte immer wieder nach den Wassertropfen, badete sein Fell und trank und schleckte Wasser. Pandor tat genau das gleiche, und auch die beiden Männer versuchten, ihr Haar, ihre Gesichter und die Kleidung flüchtig zu säubern. Das warme Wasser war mehr als eine Wohltat, und mitten im Regen schrie Luxon: »Wenn der Geiser regelmäßig erscheint, ist es möglich, dass hier in der Todeszone auch Menschen leben!« Das Hemd aus kostbarem blauem Stoff klebte ebenso an seiner Haut wie der gelbe Umhang aus Löwenhaut. Seine Lederstiefel waren schwarz vor Nässe. Nicht anders erging es Mythor, aber er wartete, bis Pandor sich satt gesoffen hatte. Dann erst lenkte er das Tier wieder in die trockene Zone hinaus.
    Keinen Augenblick zu früh. Die Flugechse hatte unter sich die kleinen Fremdlinge erspäht. Sie breitete die Schwingen wieder aus, die jetzt vor Nässe glänzten. Dann stürzte sie sich auf Mythor und Pandor. Flatternd und mit gesenktem Schädel, aufgerissenem Rachen und vorgestreckten Krallen griff das Tier an.
    Luxon spannte seinen Bogen und zielte sorgfältig.
    Dann, als die Echse zehn Mannslängen von Mythor entfernt war, löste sich der Pfeil von der Sehne. Er drang mit einem trockenen Krachen in den kantigen Schädel ein. Das Tier zuckte in der Luft zusammen, legte die Schwingen an und spreizte sie wieder. Dann fiel die große Echse direkt auf Mythor zu.
    Sie lebte noch, als Mythor sein Gläsernes Schwert schwang und Pandor die Schenkel gegen die Flanken presste. Das schwarze Einhorn machte einen Sprung nach vorn, als das Schwert herunterzuckte und den Schädel der Flugechse halb spaltete. Mit einem schweren Krachen schlug die Echse in die aufstiebende Vulkanasche. Unter dem zuckenden Körper brach ein Teil der Kruste ein, und langsam rutschte die Echse über die bröckelnde Kante in die Vertiefung hinein.
    »Wenn hier jemand lebt«, rief Mythor, als sie ihren Weg fortsetzten, »dann besteht sein Tag aus ununterbrochenem Kampf!«
    »Wir langweilen uns auch nicht gerade«, stellte Luxon fest. »Jedenfalls jetzt nicht.«
    Wieder rannten, stolperten und galoppierten sie durch die Hölle. Neben ihrem Fluchtweg tauchten zwei andere Darstellungen auf. Eine Schlange oder ein ähnliches Wesen und ein unbekanntes Tier, das einem Marder glich. Beide waren auf die gleiche Weise wie die anderen Bildwerke in den farbigen Stein geritzt und gehämmert. Luxon deutete darauf, Mythor nickte; er hatte sie ebenfalls deutlich gesehen. Der Boden unter den Hufen und Stiefelsohlen war fest und hart, nur von einer dünnen Sandschicht bedeckt.
    »Kann das eine Art Weg sein, so etwas wie ein Bildzauber?« überlegte Luxon laut.
    »Dann hätten wir etwas gewonnen!« rief Mythor.
    »Was?«
    »Vielleicht einen Weg aus dem verdammten Lavafeld hinaus.«
    »Schon möglich. Vielleicht sogar direkt nach Theran!« sagte Luxon grimmig.
    Noch zwei Bildwerke tauchten zwischen Sand und Bodennebeln auf. Wieder eine Schlange und eine Echse. Einige Schritte weiter entdeckten sie ein anderes Zeichen. Es schien so etwas wie eine magische Figur zu sein. Luxon betrachtete es kopfschüttelnd und sagte: »Also doch Bildmagie!«
    »Ja. Was hast du über Theran gesagt? Meinst du das Orakel von Theran?«
    Instinktiv taten sie das Richtige. Sie hielten sich auf ihrem Fluchtweg stets zwischen den magischen Zeichen. Je weiter sie kamen, desto häufiger wurden die Bildwerke. Auch Hark, der ihnen wie immer vorausrannte, bewies, dass es tatsächlich der am wenigsten gefährliche Weg durch das Inferno war.
    »Ja, ich meine das Orakel«, sagte Luxon später. »Das Orakel von Theran. Es soll entscheiden, denn es heißt, dass das Orakel alles weiß und sich niemals irrt.«
    Mythor erinnerte sich, dass Thonensen ihm dasselbe geraten hatte. Dass Luxon ausgerechnet jetzt das Orakel erwähnte, machte ihn nachdenklich und überraschte ihn. Hark blieb plötzlich stehen und starrte nach links.
    Mythor blickte in dieselbe Richtung.
    Hinter einem Felsen, halb verborgen in einem Spalt zwischen breiten Streifen aus erkalteter Lava, kauerte ein Mann. Er beobachtete den Reiter und den anderen, der sich am Halteriemen des Steigbügels
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