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Der Glücksritter

Der Glücksritter

Titel: Der Glücksritter
Autoren: Hans Kneifel
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tiefen, schmerzenden Stich der Enttäuschung.
    Der Schlag hatte ihn von hinten getroffen und zu Boden geschmettert. Wieder einmal hatte ihn Luxon, dieser heimtückische Schurke, überrumpelt, betrogen und wehrlos gemacht. Wie durch einen Nebel sah Mythor, wie sich Luxon mit unbewegtem Gesicht in den Sattel Pandors schwang. Er hatte nichts von seiner Kraft und Stärke und Schnelligkeit verloren. Die Nebel wichen zurück; noch immer konnte sich Mythor nicht rühren.
    Luxon lachte nicht, als er sich im Sattel zurechtsetzte und den Bitterwolf anblickte. Der Wolf ging mit kleinen Schritten auf den Falken zu, der aus Mythors Händen geflattert war. Vorsichtig nahm er ihn ins Maul und sah dann hinauf zu Luxon, als sei der Fremde sein neuer Herr.
    Warum ließ Pandor zu, dass ihn ein Fremder bestieg? War es der Sattel? Oder ist vielleicht wirklich Luxon der Auserwählte, der Sohn des Kometen? Der Gedanke kam erneut.
    Mythor lag auf dem Rücken und sah die Silhouette Luxons, der Pandor jetzt die Hacken in die Seiten schlug, direkt vor der riesigen Sonnenscheibe. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Enttäuschung und Schmerzen wechselten in rascher Folge ab. Pandor galoppierte an, und der Bitterwolf lief den sandbedeckten Hang hinunter. Er sicherte den Weg des Fremden! Luxon hatte sich an die Abmachung gehalten, tatsächlich, aber Mythor hatte vergessen, dass sie einander versprochen hatten, nur bis zum Verlassen der vulkanischen Hölle einen Scheinfrieden zu halten.
    Wieder drehten sich schwarze Spiralen vor seinen Augen. Dann blendete ihn die Sonne. Sie wuchs an, wurde heller und heller, und in ihrem grellen Schein glaubte Mythor zu sehen, dass er plötzlich von einem Kreis der tätowierten Eingeborenen umgeben war. Sie näherten sich ihm schweigend und blickten ihn an, als empfänden sie Ehrfurcht.
    Dann wieder glaubte er zu sehen und zu hören, dass der Bitterwolf und der Falke zu ihm kamen und um ihn kämpften. Er konnte Wirklichkeit und Traum nicht mehr unterscheiden.
    Die Sonne drang wie mit Speerspitzen durch seine geschlossenen Augen, und ein lautlos zerspringender weißglühender Ball löschte seine Gedanken aus.
    *
    Etwa zur selben Zeit erreichte der lange Zug der halb verhungerten Flüchtlinge aus Aspira den ersten kleinen Tümpel am Rand der Karawanenstraße.
    Das Fleisch der riesigen Bestie hatte den meisten von ihnen nicht nur Kräfte, sondern auch den Lebensmut wiedergegeben. In den Stunden der schweigenden Wanderung war keiner von ihnen gestorben oder kraftlos zurückgeblieben. Sie dachten an die Stadt Leone, und diese Hoffnung beflügelte ihre Schritte.
    Aber das Essen schien in ihren Mägen Verheerungen anzurichten. In den Körpern knurrte und gurgelte es. Trotzdem schleppten sie sich weiter. Als die ersten von ihnen den Tümpel erreichten und mit den hohlen Händen Wasser schöpften und voll rasender Gier tranken, fing die nächste Katastrophe an.
    Das Wasser, das kristallklar und gut war, richtete zusammen mit dem Fleisch der Bestie aus der vulkanischen Wüste in den geschwächten Körpern der Menschen Schlimmes an. Sie taumelten vom Rand des Teiches weg und in den Sand hinaus. Dort übergaben sie sich, und die schweren Anfälle schwächten die Körper, versetzten sie in Krämpfe, und die Ältesten und Schwächsten starben, während ihr Herzschlag immer schneller raste. Wer nicht von dem Fleisch gegessen hatte, war besser dran. Aber auch die Stärkeren fühlten, dass dieser Zusammenbruch ihnen das Leben rettete.
    Zuerst stillten sie ihren Durst, unabhängig davon, dass neben ihnen die Kameraden der langen Wanderschaft sich zuckend im Sand wälzten und irre Schreie ausstießen. Es war, als strömten neue Kraft und ein zweites Leben in sie hinein.
    Dann versuchten sie, den anderen zu helfen. Viele mussten begraben werden, aber zum erstenmal seit einer langen Reihe qualerfüllter Tage strahlte das Nachtlager so etwas wie Ruhe aus und die Sicherheit, dass die meisten von ihnen überleben würden.
    Draußen, in der Wüste, kauerten und knieten die Frauen und Männer und spien aus, was ihre Körper abermals geschwächt und beinahe zerstört hatte.
    Die Formen des Lebens, die in der vulkanischen Kernzone der Wüste zwischen Leone und der Oase von Theran vegetierten und kämpften, waren etwas Besonderes. Eine tödliche Besonderheit, giftig, ungenießbar, nicht von dieser Welt.
    Es waren Geschöpfe, die entstanden waren, ehe der Lichtbote diese Welt betreten hatte. Kreaturen aus der dunklen Zeit.
    War es ein
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