Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der globale Eingriff

Der globale Eingriff

Titel: Der globale Eingriff
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
Ann auf den Schenkeln der Patientin und hielt den anderen Arm fest, so daß der Professor, der recht unordentlich aussah mit der von seinem Ohr herunterhängenden Maske und den zwei langen vertikalen Kratzern auf der linken Wange, aus denen stetig Blut tropfte, eine größere Ladung Beruhigungsmittel zur Anwendung bringen konnte. Die Überdosis, die mit schriller Stimme „John! John!“ gerufen und jeden Anwesenden mit Flüchen bedacht hatte, wurde langsam wieder ruhiger.
    Für ein paar Sekunden wurde sie eingehend von Professor Donelly beobachtet. Sein Gesicht spiegelte die ernsthafte, aber leicht distanzierte Besorgnis wider, mit der er nicht nur seine Patienten, sondern überhaupt die ganze Welt zu betrachten schien. Viele aus dem Pflegepersonal, und nicht nur die Jüngeren und Beeindruckbareren, sagten, er sehe wie ein Heiliger aus. Dieselben Schwestern waren bemüht hinzuzufügen, daß der Prof. nicht einer der glattgesichtigen, heftiger-denn-ihr-denkenden und verweichlichten Heiligen sei, sondern eher einer, der seiner Berufung erst später im Leben gefolgt sei, nachdem er sein Leben in einer Kohlenmine oder einem ähnlichen Ort verbracht hatte. Sein diagnostisches und operatives Vermögen hatte er sich allerdings nicht in einer Kohlenmine angeeignet. Schließlich schaute der Prof. auf und nickte Malcolm zu.
    „Es ist mir klar, Doktor“, sagte er ruhig, „daß es nicht immer eine gute Idee ist, jemandem, der sich schon selbst viel zuviel Medizin verabreicht hat, so eine hohe Dosis zu geben. Sie schien sich jedoch klar, wenn auch ein wenig heftig, ausdrücken zu können. Und ihre muskuläre Koordination war derart, daß man annehmen konnte, daß sich die vorhergehende Betäubung inzwischen neutralisiert hat. Das Risiko ist daher minimal. Außerdem hätte Schwester Collins wahrscheinlich Karate angewandt, wenn ich die Patientin nicht betäubt hätte.“
    „Unzweifelhaft“, sagte Malcolm lächelnd. Das Lächeln von Schwester Collins war gezwungen und leicht verzogen, da die eine Hälfte ihres Gesichts anzuschwellen begann. Der Nachtkommissar, oder genauer, die Nachtpflegekommissarin, schaute jeden an, als ob sie an ihm oder ihr etwas ganz Bestimmtes auszusetzen hätte. Die letzten zwanzig Jahre hindurch hatte sie nichts anderes getan.
    Ann stieg von ihrem unbequemen Sitz auf den Knien der Überdosis herunter und sagte: „Wenn Sie in mein Büro kommen würden, Sir, dann würde ich Ihnen Ihr Gesicht verbinden …“
    In diesem Moment begann das rote Notsignal über der Kabinentür des Patienten Hesketh zu blinken, und eine indonesische Schwester, die Malcolm noch nie gesehen hatte, beeilte sich, Ann mitzuteilen, die Annahme habe angerufen und gesagt, daß in ungefähr zwanzig Minuten eine schwere Verbrennung und Brustverletzung gesandt werden würde: Ob ein Luftbett frei sei?
    Währenddessen winkte der Professor ab und sagte mit ironischem Toneinschlag: „Danke, Schwester, aber als der höchstqualifizierte Arzt, der hier anwesend ist, sollte ich in der Lage sein, ein paar einfache Kratzer zu behandeln. Machen Sie nur weiter, es sieht so aus, als wäre das eine geschäftige Nacht.“
    Als Malcolm sich umdrehte, stieß er mit dem Sergeant zusammen, der sagte: „Entschuldigen Sie, Doktor. Ich wollte nicht im Weg herumstehen und dachte, ich könnte irgendwie behilflich sein. Aber, hm, könnten Sie mir etwas sagen? Ist dieses Mädchen persönlich mit Ihrem Professor bekannt? Sie nannte ihn, unter anderem, John.“
    „Ich bezweifle es“, sagte Malcolm, als er rasch in Richtung des blinkenden Lichts ging. „Seine Initialen sind F. S.“
    Sekunden bevor er die Kabine erreichte, hörte das rote Licht auf zu blinken. Schwester Bandhus Stimme sagte von dem Grill über der Tür: „Tut mir leid, Doktor, falscher Alarm. Für ungefähr eine halbe Minute schlug sein Herz so sehr, daß der ganze Bildschirm von dem Ausschlag eingenommen wurde, aber es hat sich, wie Sie sehen, wieder stabilisiert.“
    Für einen Moment studierte Malcolm den Bildschirm durch das in die Tür eingebaute Glasstück, dann sagte er: „Ist gut. Er sollte für eine Weile in Ordnung sein, aber ich komme vorbei, sooft es mir möglich ist.“
    Der Sergeant folgte ihm, als er zum Apothekenraum am anderen Ende der Station ging. Nur eine Kabine und zwei Betten waren noch frei, und ein neuer Patient war bereits auf dem Weg. Sechzehn Patienten, zwei weniger als volle Auslastung – es würde tatsächlich eine geschäftige Nacht geben. Erst nachdem er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher