Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glanz der Welt

Der Glanz der Welt

Titel: Der Glanz der Welt
Autoren: Michael Amon
Vom Netzwerk:
Erholung und Abspecken“, sagte Schmauch-Baller fröhlich, „und sagen Sie bitte meiner Alten, sie braucht morgen nicht mit dem Frühstück auf mich zu warten!“
    „Pirchmofer, Fie fönd erledögt!“, sagte Schnittling und fügte leise, aber mit scharfer Stimme hinzu: „Jetzt ist Schluss mit lustig!“
    Schmock ergab sich seinem Schicksal kommentarlos.
    „Ohne meinen Pelz geh ich nicht ins Gefängnis“, sagte Fifi, „wo ist mein Pelz? Dort ist es sicher kalt. Ohne Pelz steh ich supernackert da. Und das Essen dort erst! I mag ka Knackwurst mit eingebrannten Erdäpfeln essen müssen.“
    „Knackwurst ist mal was anderes, echt dekadent“, sagte der Baron, „und pfeif auf deinen Pelz, den kann morgen dein Anwalt holen.“
    Schmauch-Baller drehte sich zu Schnittling um: „Bist du flüssig?“
    Schnittling nickte: „Ja.“
    Schmauch-Baller: „Kannst mir was vorschießen für die Kaution, bin gerade knapp an liquiden Mitteln.“
    „Ja“, sagte Schnittling, „kein Problem.“
    Giuseppe war aus der Küche gekommen und sah dem bunten Treiben besorgt zu.
    „Keine Sorge, Giuseppe“, sagte der Baron, „nächste Woche sind wir wieder da. Also halte unseren Stammtisch frei und die Sitze warm. Sei so lieb. Und irgendwo ist der Pelz von der Fifi. Bitte heb ihn gut auf. Und du solltest mal zur Abwechslung Knackwurst mit eingebrannte Hund, äh, Erdäpfeln, auf die Speisekarte setzen!“
    Giuseppe nickte verdattert: „Kommt nie Pelz weg hier, nur manchmal dazu. Habe mehrere Pelze im Keller, will niemand haben. So wie Knackwurst, hier will auch niemand haben.“
    Umringt von Polizisten verließen Grapschmann & Co. das Giacomos. Plötzlich war es wieder ganz leise. Pirchmoser kam zu unserem Tisch zurück und setzte sich nieder. Er wirkte erschöpft.
    „Was wird das?“, fragte ich. „Bist du übergeschnappt?“
    „Eine Schlagzeile für den Ägidius, eine Kaution für die ganze Partie und ein Disziplinarverfahren für mich. Das wird das“, seufzte Pirchmoser.
    „Was wirfst du ihnen vor?“, fragte Himmel.
    „Alles, aber das reicht natürlich nicht. Ich weiß eh, dass die innerhalb von 24 Stunden wieder frei herumlaufen. Aber ich habe das jetzt gebraucht. Für meine Seelenhygiene. Den blöden Mühsal haben wir erwischt, und diese Bande läuft frei herum. Das halte ich nicht aus.“ Pirchmoser nahm einen kräftigen Schluck aus dem Wasserglas.
    Das Giacomos hatte sich ganz plötzlich geleert. Es musste das schlechte Gewissen der Leute sein. Wahrscheinlich hatten einige der Gäste geglaubt, dass sie jetzt auch dran wären, und hatten sich schnell verkrümelt. Jeder anständige Leistungsträger hatte heute eine kleine Bilanzfälschung und eineetwas größere Steuerhinterziehung im Repertoire. Das gehörte dazu. Man leistet sich ja sonst nichts.
    Giuseppe sammelte die Euronoten ein, die seine flüchtenden Gäste achtlos und in Eile auf die Tische geworfen hatten. Man wollte nicht wegen Zechprellerei in Verruf kommen. Die gehörte nicht ins Repertoire.
    „So leer heute Abend?“ Goutzimsky hatte soeben das Lokal betreten.
    „Ja, die Herrschaften durften sich in Polizeigewahrsam begeben“, sagte Himmel.
    „Da sind sie in Sicherheit vor dir“, grinste der Kommerzialrat in Richtung Pirchmoser.
    „Giuseppe, eine Runde vom 60er-Enzian!“, bestellte Pirchmoser.
    „Geht Enzian aus langsam“, sagte Giuseppe, „ihr jetzt sehr oft piperln 60er-Enzian.“
    „Liegt an den Zeiten, aber ich sag meinem Vater, er soll dir wieder was schicken“, Pirchmoser machte sich eine Notiz, „spätestens nächste Woche bekommst du Nachschub. Zum Glück hat Vater heuer ein bisserl mehr vom Enzian machen können. War ein gutes Jahr.“
    Chiara saß ganz eng neben mir, ihr Kopf lag auf meiner Schulter.
    „Ach, muss Liebe schön sein“, sagte Himmel und schob die kalte Zigarette vom einen Mundwinkel in den anderen. „Scheißrauchverbot. Das ist Christenverfolgung.“
    „Depp, neidiger“, sagte ich.
    Giuseppe brachte die Gläser mit Enzianschnaps.
    „Cinque, sei“, zählte er, „trinke ich auch mit, brauche ich Schnaps nach Schreck.“
    „Cinque, sei“, wiederholte Pirchmoser.
    Wir hoben die Gläser. Cincin. Auf die Mörder, die wir erwischt haben. Und auf die, die wir nicht erwischt haben. Möge der Enzian ihnen den Magen verbrennen. Möge es in der Zelle zugig und ungemütlich sein. Und sei es für eine Nacht. Mögen die eingebrannten Erdäpfel angebrannt sein und die Knackwurst verdorben.
    Das Leben ist einfach. Das Leben ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher