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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald
Autoren: Reinald Koch
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zusammen. An den Türen fuhren die Panzerplastscheiben wie silberne Blitze in die Höhe und riegelten die Vorhalle hermetisch von der Umwelt ab.
    »Leutnant Franzik, Sie sind wegen Amtsanmaßung und unerlaubtem Tragen einer Admiralsuniform verhaftet. Legen Sie die linke Hand in den zweiten Fesselring, oder Sie werden mit Gas betäubt!« sagte der automatische Pförtner.
    »Halt! Das ist ein Versehen!« rief Franzik, aber das schlimme war, dass er sich plötzlich gar nicht mehr so sicher fühlte. Alles erschien ihm mit einemmal wie ein grässlicher Alptraum, als habe man ihm einen üblen Streich gespielt und ihn aus Schabernack zum Admiral befördert.
    Endlich ertastete seine linke Hand in der rechten Jackentasche die Plakette. Ihm war elend vor Angst, schon glaubte er in der Luft die ersten Spuren des Betäubungsgases zu riechen. Mit Gewalt zwang er sich zur Ruhe, zog die rote Marke aus der Tasche und legte sie auf die Identifizierungsplatte.
    Der vorschnellende Fesselring, der auch die linke Hand umschließen sollte, hielt mitten in der Bewegung inne. Aus dem Lautsprecher des automatischen Pförtners ertönte ein kratzendes Geräusch. Der Fesselring der rechten Hand öffnete sich und die Panzerplastscheiben versanken leise surrend in den Türschwellen.
    »Ich bedaure, Admiral«, sagte der automatische Pförtner, »aber mir ist Ihr Beglaubigungsschreiben nicht zugestellt worden. Der Fehler wird noch untersucht. Ich werde alle Abteilungen im Haus über Ihre Ernennung informieren.«
    »Nein! Ich untersage das! Ich will nicht, dass irgendjemand von meiner Anwesenheit erfährt, bevor ich ihn sehen und mit ihm sprechen kann. – Ich brauche eine Wegmarkierung zu Major Hanlicho.«
    Vor dem Büro des Majors blieb Franzik stehen, um Einlass zu erbitten, doch die Tür glitt ohne weiteres vor ihm zur Seite, und er blickte etwas erschrocken in das Gesicht seines ehemaligen Vorgesetzten.
    Der Major schaute auf, sah ihn und wurde aschfahl im Gesicht. Er versuchte aufzuspringen, doch sein Schreibtischstuhl war ihm im Weg und hinderte ihn daran, Haltung anzunehmen.
    »Hoheit!« stieß er hervor, dann verengten sich seine Pupillen, er schluckte krampfhaft, und seine Schläfenadern traten unter einem plötzlichen Blutandrang hervor. Zornesröte verfärbte sein Gesicht.
    »Franzik!« brüllte er, »Mann, sind Sie denn von Sinnen? – Wissen Sie, dass Sie das Ihr Offizierspatent kostet! Ich werde Sie in Arrest nehmen! Wo haben Sie die Uniform her, Mann?«
    Nach diesem Ausbruch ließ er sich auf seinen Stuhl zurückfallen und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    Franzik hätte dem Major seine Ernennungsurkunde zeigen können oder die rote Plakette, wie er es beim Pförtner getan hatte, er fühlte aber, dass er sich seinem ehemaligen Vorgesetzten gegenüber durchsetzen musste, ohne sich auf formale Autorität zu berufen. Darum sagte er mit schneidender Stimme:
    »Stehen Sie auf, Major!«
    Major Hanlicho beugte sich nach vorn und starrte Franzik an wie ein Gespenst. – Der ging langsam auf Hanlicho zu, ohne ihn aus den Augen zu lassen, bis er am Schreibtisch stand, richtete den Zeigefinger auf Hanlichos Nasenwurzel und sagte leise aber bestimmt:
    »Stehen Sie auf, Hanlicho, ich befehle es Ihnen!«
    Und das Wunder geschah, das nur langer militärischer Drill zu vollbringen vermag. Major Hanlicho erhob sich schweratmend und nahm Haltung an.
    »Ich danke Ihnen, Major!« sagte Franzik ernst und überreichte dem alten Offizier seine Urkunde.
    »Nehmen Sie bitte wieder Platz, Major! Und lesen Sie sich das in Ruhe durch!«
    Er war jedoch keineswegs gewillt, den Major zur Besinnung kommen zu lassen.
    »Soeben erhielt ich vom Obersten Rat für innere Sicherheit den Sonderauftrag, den Mord an Admiral Mohalja zu untersuchen. -Leider hatte ich vor meiner Ernennung keine Zeit, mich intensiv um diesen Fall zu kümmern. Sie haben doch bisher die Untersuchung geleitet, nicht wahr? Geben Sie mir bitte einen Überblick!«
    Hanlicho reichte dem Admiral die Dokumente zurück und schaute ihn aufmerksam an.
    »Beabsichtigen Sie, mir die weitere Untersuchung des Falls Mohalja zu entziehen?«
    »Ach, was! – Major, ich kenne Sie lange genug als meinen Vorgesetzten und habe immer Ihre korrekte, unvoreingenommene Art geschätzt. Ich habe keinerlei Rachegelüste, wenn Sie das annehmen sollten, und außerdem – fürchte ich – wird noch mehr auf mich zukommen als der Fall Mohalja. Ich brauche Mitarbeiter, auf die ich mich verlassen kann! – Wollen Sie mir
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