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Der gläserne Sarg

Der gläserne Sarg

Titel: Der gläserne Sarg
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fängt zu stottern an: »Es … es … hat doch jemand das Theater verlassen.«
    »Nein – und wer«, schreit der nervös werdende Blondie.
    »Miß Whyler.«
    Ein betretenes Schweigen entsteht.
    Jacklow nimmt dem Inspizienten die Liste ab und sieht sie mit großem Interesse durch.
    »Tatsächlich«, sagt er nach einer Weile. »Die einzige, die kurz vor dem Unglücksfall das Theater verließ, war Miß Whyler. Wer ist Miß Whyler?«
    »Unsere Drahtseilkünstlerin«, beeilt sich Direktor Blondie zu erklären. »Völlig unverdächtig. Ein Engel …«
    »Meine Partnerin«, fügte Jim Dhiser hinzu. Der Inspector blickt mit einem Ruck auf.
    »Ihre Partnerin?« fragt er gedehnt. »Wo war sie zur Zeit des Unglücks?«
    »Woher soll ich das wissen? Vermutlich auf dem Wege nach Hause. Ich habe Peggy nach unserem Auftritt im ersten Teil des Programms weder gesprochen, noch gesehen. Wir hatten heute nachmittag eine kleine, fast belanglose Meinungsverschiedenheit über eine neue Drahtseilattraktion: Peggy ist äußerst sensibel und wird deshalb vorzeitig das Theater verlassen haben.«
    »Interessant.« Inspector Jacklow holt sein Notizbuch aus der Brusttasche. »Wo wohnt Miß Whyler?«
    Carter bedauert: »Sie hat sich, glaube ich, in einer Artistenpension eingemietet. Direktor Blondie hat sicher die Adresse in seinem Büro.«
    »Danke! Ich werde sie mir später geben lassen. – Mr. Carter und Mr. Dhiser, bitte kommen Sie noch zu Mr. Collin, damit er Ihre Aussagen aufnehmen kann. Ansonsten können wir heute wohl nichts mehr tun. Die Labor- und Obduktionsergebnisse erhalte ich bestimmt nicht vor morgen nachmittag. Vielleicht muß ich Sie dann auf die Polizeistation bitten. Sehen Sie also bitte zu, daß Sie in den nächsten Tagen für mich erreichbar sind.«
    »Es bleibt uns eh nichts anderes übrig, Inspector«, meint Carter mit einem gleichgültigen Unterton in der Stimme. »Der Betrieb hier muß weitergehen, morgen abend öffnet sich der Vorhang wieder …«
    »Nur eine neue Attraktion werden Sie sich suchen müssen …«, wirft Jacklow ein.
    »Das ist Mr. Blondies Aufgabe. Ich habe nur dafür zu sorgen, daß auf der Bühne alles läuft … eine gute Nacht, Inspector.«
    Mit einem kurzen Kopfnicken wendet sich der Inspizient ab und geht auf den Bühnenausgang zu, der zum Büro des Direktors führt. Nach einem kurzen Zögern – Jacklow ist es, als überlege der Artist, ob er ihm noch etwas sagen solle – schließt sich ihm Jim Dhiser an.
    Jacklow denkt plötzlich an den halben Becher ›Stromboli‹, der zu Hause auf ihn wartet. Glücklicherweise hat er ihn in das Tiefkühlfach gestellt. Dieser Genuß lockt – und außerdem kann er im Augenblick hier sowieso nichts mehr tun.
    Doch halt. – Da war doch noch diese Miß Whyler – ach was, Collin konnte das übernehmen. War ja auch nur eine Routineuntersuchung, ob die Dame auch zu Hause war …
    Jacklow läßt Collin aus dem Direktionsbüro holen. »Wie weit sind Sie da drinnen?«
    »Gleich fertig, Chef. Etwas anderes als die Adressen haben wir bisher allerdings nicht erfahren. Diesen Leuten muß man jedes Wort aus der Nase ziehen …«
    »Dann lassen Sie die restlichen Befragungen vom Sergeant vornehmen. Sie selbst fahren noch bei Miß Whyler vorbei …«
    »In der 17. Avenue St. Mills? … Wissen Sie, wie spät es ist, Inspector?«
    »Wenn meine Armbanduhr so korrekt arbeitet wie Ihre, ist es jetzt null Uhr fünfundvierzig. Die richtige Besuchszeit bei einer hübschen jungen Dame … aber Spaß beiseite, ich will nur wissen, ob die Partnerin von Jim Dhiser brav nach Hause gegangen ist oder ob ihr vorzeitiges Verlassen des Theaters doch einen bestimmten Grund hatte.«
    »Na ja, wenn Sie meinen … Chef.«
    »Ich beliebe zu meinen, Collin …« Jacklow schlägt seinem Assistenten lächelnd auf die Schulter. »Fragen Sie die Ärzte. Mit sechs Stunden Schlaf kommt ein normaler Mensch aus. Wir treffen uns um zehn Uhr auf der Station.«
    Collin nickt gottergeben. Wie soll man seinem Chef auch klarmachen, daß ein armer Polizeilieutenant kein normaler Mensch ist?
    Als Jacklow und Collin die Bühne verlassen haben, bleiben nur noch die Fotografen, der Arzt und einige Polizisten zurück. Kurz danach gibt Dr. Seyms die Leichen frei. Sie werden in die schmucklosen Zinksärge gelegt und abtransportiert.
    Langsam gehen auf der Beleuchterbrücke die Lampen aus. Fahl liegt die Bühne, auf der noch immer das bis an den Rand mit Wasser gefüllte Bassin steht, im Licht der
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