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Der gläserne Sarg

Der gläserne Sarg

Titel: Der gläserne Sarg
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Notbeleuchtung.
    Zurück bleibt allein Sam, der alte Portier, der die Aufregung des heutigen Abends noch immer nicht ganz verarbeitet hat.
    Bevor er jedoch seinen letzten Rundgang durch das Theater macht, rechnet er sich die Überstunden aus.
    Sechs Dollar fünfundsiebzig Cent wird ihm dieser schreckliche Abend zusätzlich einbringen … genug, um sich einmal etwas Besonderes zu leisten – oder sollte er dafür Susan ein Geschenk kaufen.?
    Eine schwere Entscheidung … er wird sich das während seines Kontrollganges überlegen.

4.
    Die Künstlerpension ›Star‹, 17. Avenue St. Mills, liegt im Chicagoer Westen in einer Gegend, deren Feudalität nur Leute anlockt, die auf den Stand ihres Bankkontos nicht zu achten haben. Es ist die Gegend der Sandsteinhöhlen, der gepflegten Parks und Tennisplätze, der Gartenlokale und der exklusiven Cocktail- und Nightbars.
    Mrs. Vanhuisen, eine gebürtige Holländerin, und äußerlich wie auch nach ihrer Gesinnung die Verkörperung einer Matrone, hatte sich hier niedergelassen, in der Hoffnung, mit einer seriösen Künstlerpension ihren Lebensunterhalt anständig zu verdienen. Ihre Hoffnungen wurden nicht enttäuscht! Im Gegenteil – sie wurden in jeder Beziehung übertroffen! Was in der Welt der internationalen Künstler Rang und Namen hatte, stieg für die Dauer seiner Gastspiele bei Mrs. Vanhuisen ab und bezahlte anstandslos die hohen Preise der immer altjüngferlicher und exklusiver werdenden ›Star‹-Besitzerin.
    Davon ahnt Michael Collin noch nichts, als er jetzt vor dem großen villenähnlichen Gebäude steht und die vielen Fenster zählt. Vereinzelt leuchtet noch Licht aus den Zimmern. Schwach blinkt es auf dem sauber gekiesten Weg; die breite, mit Schnitzereien verzierte Eingangstür ist hell erleuchtet.
    Dennoch zögert er ein wenig, auf den Klingelknopf aus Messing zu drücken. Eigentlich hat er keine Berechtigung, ehrbare Bürger zu nachtschlafender Zeit zu stören, nur weil eine beleidigte Drahtseiltänzerin das Theater vorzeitig – was ist daran eigentlich so außergewöhnlich? – verlassen hat. Außerdem verspricht er sich herzlich wenig von diesem Besuch, denn für ihn ist klar, daß hinter den beiden Morden ein perfekter Plan steht – und das konnte nicht das Werk einer kleinen Akrobatin sein. Doch Pflicht bleibt eben Pflicht. Private Gedanken im Dienst hemmen einen Beamten! Kräftig drückt Collin auf den Klingelknopf. Vornehm schlägt die Glocke an.
    Doch es dauert etwas, bis sich von innen eilige Schritte der Tür nähern. Dann klappt vor Collin ein Fensterchen in der Tür auf und ein etwas verschlafenes Mädchen mustert den späten Besucher.
    »Sie wünschen?« fragt das Mädchen. Die Stimme ist ein wenig schnippisch, vielleicht weil es hier ungewöhnlich ist, daß jemand um halb zwei Uhr früh noch Einlaß begehrt.
    Collin lächelt. Es ist das bewußte Lächeln, das den ruhigsten Menschen aus der Ruhe bringen kann. Dann zieht er seine Polizeimarke hervor und hält sie vor die unwillig blickenden Augen. Die nötigen Worte spart er sich. Entsetzt weicht das Mädchen zurück.
    »Polizei …«, stammelt sie. »Mein Gott … bei uns Polizei!« Das erscheint ihr so ungeheuerlich, daß sie noch immer vergißt, die Tür zu öffnen.
    »Ja, das Leben ist wechselvoll«, meint Collin und steckt die Marke ein. »Es wäre gut, wenn Sie mir jetzt endlich öffnen würden. Ich möchte mich kurz mit dem Besitzer dieser Pension unterhalten …«
    »Besitzer … diese Pension gehört Mrs. Vanhuisen!« wird Collin zurechtgewiesen, während sich die Tür öffnet. Das Mädchen führt ihn dann in ein Büro und bittet ihn, Platz zu nehmen. Sie werde Mrs. Vanhuisen verständigen.
    Collin setzt sich in einen breiten bequemen Sessel und blättert in Illustrierten, die den großen Rauchtisch bedecken . Sehr gepflegt, dieses Haus, denkt er dabei und sieht sich um. Woher eine kleine Artistin bloß das Geld hat, in einer solch feudalen Pension zu wohnen …?
    Schwere, hastige Schritte nähern sich. Herein tritt eine große, etwas dickliche und sorgfältigst in Schwarz gekleidete Dame, die mit einem ihr nie zugetrauten Temperament zu Michael Collin hinabsprudelt.
    »Die Polizei!« stößt sie um Atem ringend hervor und ringt in größter Nervosität die Hände. »In meinem Hause! Was sollen meine Gäste sagen! Seit zehn Jahren führe ich diese Pension, mein Renommee ist unbescholten … was auch vorkommen mag, Herr Inspector …«
    »… nur Lieutenant«, verbessert
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