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Der gläserne Sarg

Der gläserne Sarg

Titel: Der gläserne Sarg
Autoren: Heinz G. Konsalik
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man munkelt, daß das Eheglück in den vergangenen Monaten nicht so ungetrübt gewesen sei …
    Der Mann, dem diese Gedanken gelten, lehnt am Pult des Inspizienten. Sein Gesicht ist blaß, zerrissen, die Augen verstört, als zeigten sich Angst und Schuld und beschwörten in seinem Inneren schreckliche Wahrheiten herauf. Seine Hand, die auf der Schreibplatte liegt, zittert leicht.
    »Ich habe einen großen und unverzeihlichen Fehler gemacht«, sagt er nach langem Schweigen zu Direktor Blondie. »Ich hätte dieses Vabanquespiel nicht zulassen dürfen. Das Leben von Joan ausschließlich auf das Gedächtnis dieses Bob Rint zu setzen. Vor diesem Engagement, als sie noch mit Claudio Orell als Ansager arbeitete, wurden die Zahlen sicherheitshalber zusätzlich notiert. Claudio steckte sich diesen Zettel in die Brusttasche seines Hemdes. Er hätte davon jederzeit die Zahlen ablesen können, wenn es notwendig geworden wäre. Aber als Joan auf Bob traf, und als sich die beiden näherkamen …«, eine leichte Erregung ist in Jims Stimme zu spüren, »wurde sie leichtsinnig. ›Du glaubst doch nicht, daß ausgerechnet Bob meinen Tod herbeiführen würde‹, pflegte sie meine Bedenken abzutun. Drei Jahre reist sie nun mit dieser Nummer … drei Jahre ohne den geringsten Zwischenfall. Und heute ist ihr das blinde Vertrauen auf einen Menschen zum Verhängnis geworden … ich weiß, daß Bob wahrscheinlich nichts für ihren Tod kann. Aber ist es nicht eine bittere Ironie, daß ausgerechnet er es sein mußte, an dem sie zugrunde ging …?«
    Direktor Blondie senkt den Kopf. Jack Carter wendet sich ab und hantiert verlegen an irgendwelchen Schaltknöpfen. Beiden ist die Doppeldeutigkeit dieser Bemerkung nicht entgangen. Beide wissen, wie lebenslustig Joan war und welche Beziehung sie mit dem gutaussehenden Gedächtniskünstler verbunden hat.
    Ein Raunen geht durch die Anwesenden, als Fred Jacklow und Michael Collin die Bühne betreten. Der Lieutenant hat ohne ausdrückliche Anweisung seines Vorgesetzten bestens funktioniert, weshalb sie jetzt einen großen Auftritt genießen können. Jacklow und Collin folgen noch acht weitere Herren – Spurensicherer, Polizeifotografen und vor allem Dr. Gerald Seyms, der Polizeiarzt.
    Direktor Blondie geht der Gruppe entgegen.
    »Ich bin der Direktor des ›Globe-Theaters‹«, stellt er sich vor. »Mein Name ist Blondie, Mark W. Blondie.«
    »Hallo, Mister Blondie«, nickt ihm der Inspector zu. »Wir kommen in großer Besetzung. Es scheint sich bei Ihnen ja gleich um Massenmord zu handeln.«
    Aus dem Schweigen, das ihnen entgegenschlägt, spürt Jacklow, daß er den falschen Ton gewählt hat. Schnell schaltet er auf Förmlichkeit um: »Mein Name ist Jacklow. Das hier ist mein Assistent, Lieutenant Collin. Und diese Kapazität hier ist Dr. Seyms, ein Experte, der bisher noch jede Todesursache ermittelt hat. Die anderen Herren brauche ich Ihnen nicht einzeln vorzustellen. Ich darf nur bitten, sie bei ihren Ermittlungen nicht zu behindern.«
    »Ich habe Ihnen zu danken, daß Sie so schnell gekommen sind.«
    »Es ist unsere Pflicht, Direktor«, entgegnet Jacklow mit bittersüßer Miene und denkt dabei an den sechsten Cocktail, den er daheim nur halb ausgetrunken stehen lassen mußte. »Vor allem, wenn der Verdacht auf Mord ausgesprochen wird. Und Sie glauben doch, daß ein Mord passiert ist, Direktor …?«
    »Ein Mord, zwei Morde …«, Blondie schüttelt wie geistesabwesend den Kopf. Dann deutet er auf den Leichnam von Bob Rint. »Er ist plötzlich zusammengebrochen … und nur er wußte die Zahlenkombination … wir brachten den Deckel nicht auf … Joan mußte vor unseren Augen ertrinken …«
    »Etwas zu oberflächlich, Ihr Bericht.« Jacklow wendet sich an Dr. Seyms. »Wollen Sie sich die beiden Toten schon einmal ansehen, Doctor? Vielleicht erfahren wir dann zuverlässig, ob wirklich ein Mord vorliegt.«
    Jim Dhiser tritt auf den Inspector zu. »Ich bin der Mann von Joan Dhiser. Ich möchte ihnen erklären, wie es überhaupt zu diesem Drama kommen konnte.«
    Jacklow mustert ihn erstaunt. »Wissen Sie schon Hintergründe – oder wollten Sie damit sagen, daß Sie mir genau den Hergang schildern können?«
    Jim scheint verblüfft. »Nein … natürlich … ich meine, ich kann Ihnen nur erzählen, was ich gesehen habe. Ich mußte von dieser Stelle aus alles mitansehen – habe miterleben müssen, wie sie starb …«
    Tränen treten in seine Augen. Er muß sie sehr geliebt haben, durchzuckt es in
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