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Der gläserne Sarg

Der gläserne Sarg

Titel: Der gläserne Sarg
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tod eines zweiten Menschen herbeiführen mußte. Wer sollte beseitigt werden: Bob Rint oder Joan Dhiser? Oder beide? Das wäre ein ebenso teuflischer wie genialer Plan gewesen …
    Direktor Blondie lehnt an dem Bassin. Er hat plötzlich die Rosen in der Hand, die er Joan nach ihrem Auftritt hatte übergeben wollen. Sein Gesicht ist aschfahl, seine Augen quellen hervor. Seine hohe Gestalt ist zusammengesunken, tiefe Falten durchfurchen sein Gesicht. Er ist in fünf Minuten ein alter Mann geworden.
    »Ermordet …«, wiederholt er leise, »Joan ermordet!«
    Mit einer rührend anmutenden Geste legt er den Rosenstrauß auf den nassen Leichnam und wendet sich erschüttert an den Ehemann.
    »Sie haben recht, Jim, es war Mord. Vielleicht sogar ein Doppelmord. – Carter!«
    »Ja, Chef?« Der Inspizient tritt näher.
    »Sie rufen sofort die Polizei an«, und an alle Anwesenden gewandt bestimmt er: »Niemand verläßt die Bühne. Carter, sorgen Sie dafür, daß sämtliche Ausgänge gesperrt werden, und stellen Sie fest, wer in den letzten dreißig Minuten das Theater durch den Personalausgang verlassen hat.«
    Mit flatterndem Mantel rennt Jack Carter davon. Bedrückt stehen die Artisten und die Bühnenarbeiter auf der Bühne herum. Das Verbrechen, das sich vor ihren Augen abgespielt hat, werden sie ihr Leben lang nicht mehr vergessen können.

2.
    Solche Abende liebt Fred Jacklow. Einmal so richtig tun und lassen zu können, was man wirklich will.
    Keine von den – allerdings manchmal nicht zu entbehrenden – Damen um sich zu haben, die häufig glauben, dem Junggesellen und bekannten Inspector in dessen Wohnung unbedingt beweisen zu müssen, was für gute Hausfrauen sie doch sind. Da kann man sich dann nicht so gehenlassen wie heute: den ältesten, aber bequemsten Hausmantel anziehen, zum viertenmal das 3. Klavierkonzert von Beethoven auflegen, den Pianisten in dröhnender Lautstärke über die Tasten donnern lassen und sich dann an der Bar den sechsten Cocktail holen.
    Fred Jacklow geht zur Couch zurück und läßt sich mit einem befreienden Aufatmen in die daunenweichen Polster fallen. Da weiß man doch wenigstens, wofür man schuftet. Zwar ist das Gehalt eines Criminalinspectors nicht gerade fürstlich – aber es reicht für manch angenehme Dinge des Lebens, wenn man es nur gelegentlich durch zwei teilen muß. Und daß das so bleibt, dafür würde er schon sorgen, denkt sich der Polizist.
    Criminalinspector Fred Jacklow ist nicht der Typ eines Sherlock Holmes; noch weniger entspricht er seinem Äußeren oder seinem Wesen nach seinen idealisierten Kollegen vom Film oder den mehr oder weniger unrealistischen Fernsehkrimis. Er ist vielmehr ein untersetzter, stämmiger, blondhaariger vierzigjähriger Mann mit keinen anderen auffallenden Erscheinungen als der ausgefallenen Passion, Bieruntersetzer aus aller Welt zu sammeln. Er ist stolz darauf, eine wirklich einmalige Sammlung in allen Schattierungen und Varianten zu haben, die vom Bierfilz einer chinesischen Brauerei bis zu den seltenen Exemplaren eines Bierdeckels der Deutschen Union Brauerei in Dortmund reicht, der für den Gebrauch der Einwohner auf Kamtschatka bestimmt war. Man hatte Jacklow für diese grandiose, alkoholisch fundierte Sammlung aus Liebhaberkreisen runde zwanzigtausend Dollar geboten, die der Sammler aber lächelnd ablehnte. Allerdings hatte er von diesem Zeitpunkt an seine papierenen Kostbarkeiten diebessicher im Safe seiner Bank deponiert.
    Und dann rühmt er sich noch, der fantasievollste Mixer zu sein. Natürlich zaubert er an seiner gutbestückten Hausbar in erstklassiger Qualität auch die Standarddrinks wie Tom Collings, Manhattan, Whisky sour oder Gin fizz – aber die richtige Herausforderung ist das für seine Fähigkeiten nicht. Fred Jacklow schwingt sich erst dann zu einsamer Spitze empor, wenn ihn ein Gast dazu ermuntert, ihm einen Cocktail, den es bisher noch gar nicht gibt, zu mixen. Dann ist Fred in seinem Element. Dann entstehen die gewagtesten Drinks, echte ›Ladykiller‹.
    Heute abend hat er seine Erfindungsgabe für sich selbst spielen lassen. Während er genießerisch an dem Strohhalm schlürft, beschließt er, dem Ergebnis den Namen ›Stromboli‹ zu verleihen. Der Vulkan erscheint ihm gut genug, um die Urkraft dieses Getränks zu symbolisieren. Fred lacht vor sich hin. Urkraft – das wäre etwas für die blonde Mary, die sich bisher noch jedem hochprozentigen Angriff widersetzen konnte. An ihr wäre die Kraft dieses Drinks am
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