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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall
Autoren: Roman Rausch
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Boden, neben sich eine Wasserflasche, die ihren Inhalt über den Boden verteilt hatte. Stiller starrte mit aufgerissenen Augen regungslos und stier nach oben in die Neonleuchte. Aber er atmete, schwer, keuchte, als bekäme er keine Luft mehr.
    »Schnell, ruf die Sanitäter«, sagte Kilian, »er hat einen allergischen Schock.« Er öffnete ihm das Hemd, löste die Fließe.
    »Woher weißt du das?«, fragte Heinlein, während er die Notrufnummer wählte.
    »Weil ich meine Hausaufgaben mache und mich nicht wie Graf Rotz auf meinen Lorbeeren ausruhe.«
    Kilian tippte mit einem Finger in die Flüssigkeit am Boden und führte ihn zum Mund. Er schmeckte einen leichten süß-sauren Geschmack auf der Zungenspitze. Er wusste nicht, wie viele Schlucke Stiller genommen hatte, bestimmt waren es ein oder zwei lange, tiefe, nach der schweißtreibenden Arbeit, bevor er merkte, was er da trank. Nur war es da schon zu spät gewesen. Stiller kollabierte. Sein Kopf knickte zur Seite weg.
    »Verdammt, verdammt«, brüllte Kilian.
    Er setzte beide Hände auf den Brustkorb, drückte mit aller Kraft nach unten, ließ los, drückte wieder, ließ los.
    »Wo bleiben die Scheiß-Sanitäter?!«
    »Sind auf dem Weg. Ich geh runter und führ sie her.«
    Jeanne meldete sich über die Lautsprecher. »Das ist das letzte Zeichen. Herr Stiller, bitte auf die Bühne.«

26
    Am Ende steht immer der Tod.
    Franziska rückte die schwarze Fliege zurecht, zupfte den Schwalbenschwanz-Smoking am Revers nach unten und strich sich zum Abschluss durch die Haare.
    Alles war perfekt. Der Smoking saß wie angegossen. Ihr knallroter Pumucklschopf war der i-Punkt auf einer durch und durch auffälligen Erscheinung. Und genau das würde sie heute Abend sein. Vorbei die Zeit des engen Kastens, hinauf ans Pult. Die Welt schaute zu, und sie würde ihr eine Vorstellung geben, die sie noch nicht gesehen hatte.
    Das letzte Zeichen war verklungen. Jeanne würde jetzt zitternd nach dem Intendanten Reichenberg rufen. Doch der würde auch keine Lösung finden. Rainer Pohlmann, der zweite Kapellmeister, war nicht in der Stadt, Stiller hatte ihn als Ersatz zu seinem Konzert abkommandiert. Der dritte Mann, der im Notfall hätte dirigieren können, saß im Orchester am Cembalo. Es war sonst niemand mehr übrig, der dem Orchester auch nur eine Note entlocken konnte.
    Franziska schenkte ihrem Spiegelbild ein letztes Lächeln.
    Aus dem Hintergrund trat Paul Batricio an den Spiegel. Er stand hinter ihr und schlang seine Arme um ihre Taille. Ein Kuss auf ihren Nacken.
    »Es bleibt dabei?«, fragte er.
    »Auf mein Zeichen«, bestätigte Franziska.
    Das dünne schwarze Kabel, das aus ihrem linken Ärmel hervorschaute, befestigte sie mit einem Clip am Saum. Den Sender am Hosenbund im Rücken festgemacht, schaltete sie auf on. Das streichholzgroße Mikrophon war bereit.
    »Vergiss nicht, dein Interkom anzustellen«, sagte sie.
    »Ja, ich weiß.«
    »Nach der Höllenfahrt musst du schnell sein. Jeder Handgriff muss sitzen.«
    »Ich weiß, ich weiß, ich weiß«, wiederholte er, blockte damit jede weitere Ermahnung ab. Er beugte sich über ihre Schulter.
    »Vorsicht, meine Haare«, fauchte sie und befreite sich aus der Umarmung.
    Er ließ ab von ihr, überprüfte nun selbst den Sitz seiner Frisur. Er war zufrieden. Noch mehr schien ihn die Aussicht ihrer künftigen Zusammenarbeit zu euphorisieren. Ein Seufzer der Erwartung entfuhr ihm.
    »Die Zukunft gehört uns.«
    »Schau zu, dass du rechtzeitig verschwindest, und vergiss den Abfall nicht. Die Tür geht direkt zur Straße hinaus. Ein paar Meter weiter steht ein Container. Es darf dich niemand sehen. Ich muss jetzt los. Wünsch mir Glück.«
    Batricio nahm sie in die Arme, spuckte dreimal über ihre Schulter. »Toi-toi-toi.«
    Dann nahm er den gelben Abfallsack und bezog Position.
    Aufgeregte Sprachlosigkeit herrschte hinter dem Vorhang. Reichenberg und die Moderatorin des ZDF warteten in der Nullgasse auf eine Eingebung. Es musste etwas geschehen. Jeanne blickte zwischen den hohen Vorhangbahnen hindurch in den Zuschauerraum. Das Publikum hatte sich vollzählig versammelt. Die ersten verhaltenen Unmutsrufe wurden laut. Lange würden sich die Leute nicht mehr hinhalten lassen. Eine Entscheidung musste her. So, wie es jetzt aussah, blieb ihnen nichts anderes mehr übrig, als die Vorstellung abzusagen. Mein Gott, was für ein Skandal, das Fernsehen berichtete live, und der Dirigent war ohne Stellvertreter ausgefallen.
    Raimondi kam mit Roman, dem
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