Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
Reynolds als Donna Elvira. Das Publikum hatte sie angenommen.
    Selbst Raimondi zollte ihr Respekt. In den Applaus hinein breitete er die Arme Richtung Dirigentenpult aus und klatschte anerkennend. Franziska nahm es dankend an. Doch sie war noch lange nicht am Ende.
    Kilian und Heinlein erreichten die Nullgasse. Auf den Monitoren erkannten sie Franziska auf Stillers Platz.
    »Sie ist richtig gut«, sagte Jeanne mit unverhohlener Bewunderung. »Sie hat die Vorstellung gerettet.«
    Kilian sah das anders. »Sie ist eine hinterhältige Mörderin.«
    Jeanne schreckte hoch. »Franziska? Was erzählen Sie da?«
    Vor ihnen nahm das Spiel seinen Lauf. Auf der Bühne und im Orchestergraben spielten und sangen sie, als wäre es ihre letzte Vorstellung. Die Solisten auf der Bühne verstanden sich wie blind mit Franziska. Kein Wunder, hatten sie doch wochenlang mit ihr geprobt. Und die Musiker? Mit ihnen schien es nicht anders zu sein. Franziska hatte an allen beiden Hauptproben teilgenommen. Sie kannte die Partitur inund auswendig. Sie machte Stiller vergessen.
    »Mir ging es anfänglich genauso«, fügte Heinlein hinzu.
    »Sie hat alle getäuscht.«
    »Aber wie konnte sie das alles ohne fremde Hilfe oder zumindest Duldung einfädeln?«, sann Kilian.
    »Was meinst du?«, fragte Heinlein.
    »Hast du nicht den Eindruck, dass das hier alles abläuft wie am Schnürchen?«, sagte Kilian. »Eigentlich müsste nach dem Ausfall Stillers die Verbindung zwischen Orchester und Bühne völlig zusammenbrechen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Hat sie vielleicht heimlich mit dem Orchester geprobt?«
    »Meines Wissens nicht«, antwortete Jeanne. »Na ja, außer gestern natürlich, da ging es um ’ne Nummer am Schluss. Ganz geheim. Da durfte nicht mal ich mit dabei sein.«
    »Auf wessen Anweisung?«, fragte Kilian erstaunt. Jeanne antwortete knapp: »Reichenberg.«
    »Der Intendant hat das genehmigt? Und Stiller? Wusste er davon?«
    Jeanne zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung.« Kilian schaute sich um. Er suchte Reichenberg. Wo hatte er sich versteckt? Auf der Gegenseite erkannte er einige Solisten, die auf ihren Auftritt warteten. Auf seiner Seite war bis auf die Techniker an den Zügen keiner der Verantwortlichen zu sehen.
    Das Spiel war noch nicht zu Ende. Kilian konnte es mit jeder Faser seines Leibes spüren. Irgendetwas war im Gange, und Franziska und Reichenberg wussten davon.
    »Wir müssen die Vorstellung unterbrechen«, sagte Kilian kühl.
    »Bist du verrückt?«, entfuhr es Heinlein. Jeanne legte den Finger auf die Lippen. »Pst!«
    »Wir haben gar keine andere Chance, als abzubrechen«, wiederholte Kilian.
    »Wieso? Es läuft doch alles gut«, sagte Heinlein zufrieden mit Blick auf die Bühne und jenseits des Orchestergrabens. Dort saßen sie alle versammelt. Minister und Ministerpräsident, Oberbürgermeisterin und Wirtschaftsbosse. Er musste nur noch den zweiten Akt überstehen, dann hätte er die Generalprobe seines neuen Amtes bestanden.
    »Zu gut«, widersprach Kilian. Er war drauf und dran, die Bühne zu betreten und dem Ganzen Einhalt zu gebieten. Danach würde er sich wahrscheinlich in ganz Bayern nicht mehr sehen lassen können, das war ihm klar.
    Heinlein hielt ihn fest. »Du bleibst hier! Bist du jetzt völlig übergeschnappt?«
    »Aber …«
    »Nichts aber. Die Vorstellung läuft weiter. Das ist ein dienstlicher Befehl.«
    Kilian schaute ihm in die Augen, versuchte zu taxieren, ob sich Heinlein der möglichen Konsequenzen seines Widerspruchs bewusst war. Er war es nicht. Dennoch musste Kilian etwas unternehmen. Zuschauen und auf das Unglück warten konnte er nicht.
    »Dann bleib du hier«, gab Kilian nach, »halt die Augen offen. Ich werde mich ein wenig umschauen.«
    Heinlein nickte.
    Kilian drückte sich an der Reihe der Techniker vorbei. An der Hinterbühne standen einige Grüppchen beisammen, hörten und diskutierten die Vorstellung. Dann entdeckte er die Garibaldi. Sie gab Takahashi eine Visitenkarte. Als sie ihn sah, ging sie weiter, Richtung Nebenbühne. Kilian folgte ihr. Im Halbdunkeln, an der anderen Seite der Bühne, war Vladimir im Gespräch mit Marianne Endres. Die Garibaldi gesellte sich zu ihnen.
    »Hat jemand von Ihnen Herrn Reichenberg gesehen?«, fragte Kilian flüsternd.
    Kopfschütteln.
    Er hatte auch nichts anderes erwartet. Er ging zurück, sah, wie der Komtur, Michail Lermonow, blass geschminkt die Treppe hinauf ins Gestänge nahm.
    Kilian gelangte in den Gang des Erdgeschosses. Vielleicht hielt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher