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Der Gelbe Nebel

Der Gelbe Nebel

Titel: Der Gelbe Nebel
Autoren: Alexander Wolkow
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Fuß von sich stoßend.
„Du sollst dich schämen!“ sagte Ann vorwurfsvoll. „Dieser liebliche kleine
Teppich hat uns so viele Dienste erwiesen, und das ist nun dein Dank
dafür!“ Ann rollte den Teppich zusammen und nahm ihn unterm Arm. „Ich
will ihn als Andenken an unsere Abenteuer aufbewahren!“ sagte sie.
„Gib ihn her, ich will ihn schon tragen“, sagte Tim errötend und nahm dem
Mädchen die Last ab. Unterdessen nahm Faramant das Inventarverzeichnis
aus der Tasche, schlug ein bestimmtes Blatt darin auf, feuchtete die Spitze
seines Bleistifts an und strich die Eintragung aus:
„Gebrauchter fliegender Teppich, Größe 4 x 3 Ellen…“ An den Rand
schrieb er noch die Bemerkung: „Abgeschrieben wegen Verlust der
Zauberkraft.“
Faramant faltete das Verzeichnis wieder zusammen, steckte es in die
Tasche und sagte: „Alles will seine Ordnung haben. Wen wird die
Kontrolle bei einer Bestandsaufnahme nach dem Teppich fragen? Natürlich
mich, den Chef des Versorgungsdienstes.“
Die Schar marschierte über verschneites Gelände. Ringsum geschahen
wunderbare Dinge: Von der Erde stieg Dunst auf, von den Hügeln
plätscherte Wasser herab, an den Zweigen der Bäume schwollen die
Knospen, und da und dort, wo der Schnee geschmolzen war, kam grünes
Gras zum Vorschein. Unter den wunderwirkenden Strahlen der heißen
Sonne zog im Zauberland der Frühling ein!
Scharen von Vögeln - Nachtigallen, Rotkehlchen, Stieglitze und Zeisige holten die Wanderer ein und zogen über ihre Köpfe dahin. Die unfreiwilligen Gäste Arachnas kehrten zu ihren heimatlichen Nestern zurück,
aus denen sie der Gelbe Nebel vertrieben hatte. In den Bäumen hüpften
Eichhörnchen und Beutelratten, und etwas weiter weg trottete ein Bär, der
furchtsam nach dem schrecklichen Gesicht Tilli-Willis schielte.
Der aufmerksame Riese gewahrte die Angst von Meister Petz und erinnerte
sich plötzlich, daß auch andere Tiere bei seinem Anblick ängstlich in die
Büsche huschten. Tilli-Willi blieb stehen und winkte den Bären heran.
Zögernd kam Meister Petz näher. Die Augen des eisernen Ritters flößten
ihm Entsetzen ein, und er senkte den Blick zu Boden.
„Hör mal, Freund“, sagte Tilli-Willi sanft, „du scheinst Angst vor mir zu
haben?“
„N-n-n-ein, ich ha-ha-be k-k-eine Angst“, blubberte der Bär, „w-w-wo-vor
sollte ich auch A-A-Angst haben?“
„Ganz deiner Meinung“, sagte der Riese. „Ich habe immerhin einiges für
dieses Land getan. Äber warum willst du mir denn nicht in die Augen
schauen?“
„B-b-bitte, quält m-mich nicht…“, stotterte Meister Petz und rannte wie
gehetzt in das nächste Gebüsch. Kopfschüttelnd blickte Tilli-Willi ihm
nach. „Das ist ihr Dank…“, flüsterte er gekränkt.
Der Scheuch bemerkte den Ärger Tilli-Willis und beschloß, ihn zu trösten.
„Du sollst dich nicht ärgern, lieber Freund“, sagte er sanft, „sondern
vielmehr stolz sein, daß deine Augen eine mag-ne-ti-sche Kraft
ausstrahlen…“
„Man-ge-schi… Wie hast du gesagt?“ Der Scheuch wiederholte das Wort.
„Diese Kraft wird nicht jedem gegeben“, erklärte er. „Hast du vielleicht
einen Menschen gesehen mit solchen Augen wie du?“ „Nein“, erwiderte
der eiserne Riese. „Na also. In deinem Gesicht, besonders in den Augen,
liegt eine einmalige In-di-vi-du-a-li-tät, und darin besteht deine Ü-ber-legenheit über alle Lebewesen und alle unbelebten Dinge!“
Bezaubert von diesen langen und klingenden Worten, vergaß der
sanftmütige Riese sein Leid und rief freudig aus:
„Von jetzt an werde ich der Angst dieser Käuze keine Beachtung mehr
schenken!“
„Das ist genau das richtige!“ stimmte der Scheuch zu. Je weiter man kam,
desto lebendiger wurde die Natur. Kaggi-Karr, die auf der Schulter des
eisernen Ritters saß, flatterte plötzlich auf und schrie erregt:
„Nein, so halte ich es nicht länger aus! Ich darf die Erfüllung meiner
Obliegenheiten nicht länger aufschieben!“
„Was sind denn das für Obliegenheiten?“ fragte Tim verdutzt. „Weiß du
denn nicht, daß ich Generaldirektor des Post- und Fernmeldewesens des
Zauberlandes bin?“ erwiderte die Krähe gereizt. „Für meine Verdienste
habe ich sogar einen Orden bekommen, den ich nur deshalb nicht trage,
weil ich das Prahlen nicht mag.“
Bei diesen Worten warf die Krähe einen ironischen Blick auf die Brust
Borils, die zwei Orden schmückten.
„Verzeiht, Exzellenz, ich bin hier fremd und hatte von Eurem hohen Rang
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