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Der Gelbe Nebel

Der Gelbe Nebel

Titel: Der Gelbe Nebel
Autoren: Alexander Wolkow
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tiefsten - zu schillern.
Als der Scheuch, der Holzfäller, der Seemann und ihre Gefährten in die
Stadt eintraten, bot sich ihnen ein Bild, wie man es sich nicht einmal im
Traum vorstellen kann. Vor den Haustüren und auf den Balkons drängten
sich unzählige Menschen, Kinder hingen wie Trauben auf den Dächern und
hielten sich an Traufen, Wetterhähnen und Schornsteinen fest, aus weitgeöffneten Fenstern schauten Greise und alte Frauen. Jauchzen erfüllte die
Luft, und von allen Seiten flogen Blumen und ganze Sträuße…
In diesem fröhlichen Getümmel flatterte, zerzaust und heiser vom vielen
Schreien, Kaggi-Karr, die das Amt des Obersten Festordners versah. Sie
war schon am Vortag eingetroffen, hatte den Einwohnern der Stadt und
ihrer Umgebung die Ankunft des Scheuchs und seiner Gefährten
angekündigt und dann den ganzen stürmischen Empfang vorbereitet.
Von Tausenden jauchzenden Menschen umgeben, schritt die Schar über
den Blumenteppich, der die Straßen bedeckte, und betrat den Palastplatz, in
dessen Mitte, wie in alten glücklichen Zeiten, der Hauptspringbrunnen der
Stadt in allen Farben des Regenbogens strahlte, Gold- und Silberfischlein
aus seiner Schale hochsprangen, durch die Luft zuckten und schillernd
zurück ins Wasser fielen.
Der Palast des Scheuchs erwartete mit weitgeöffneten Toren und
glänzenden Spiegelscheiben den Herrn und seine Gäste. Die Palastdienerschaft hatte die Parkettböden auf Hochglanz poliert und Wände und
Decken blitzblank geputzt. Frischgebürstete Seiden- und Samtvorhänge
hingen an vergoldeten Gardinenstangen, und überall glitzerten herrliche
Smaragde.
Von ihrem Gefunkel taten die Augen weh, und der vorsorgliche Faramant
hatte dreimal recht, als er unseren Helden die grünen Brillen aufnötigte.
Vor der Tür des Thronsaals wartete der Koch Baluol mit weißer Schürze
und weißer Haube, eine riesige Torte auf goldenem Teller präsentierend.
Die Tische im Saal waren mit unzähligen auserlesensten Gerichten gedeckt.
Im Thronsaal saß der Tapfere Löwe in Erwartung seiner Freunde. Der
ehrwürdige König der Tiere hatte wegen seines fortgeschrittenen Alters an
den gefährlichen Abenteuern nicht teilnehmen können. Er war überglücklich, Ann, den Seemann Charlie und alle anderen Gefährten lebendig
und wohlauf wiederzusehen. Aus seinen Augen rannten Freundentränen,
die er mit der Schwanzquaste trocknete.
Ann traute ihren Augen nicht, als der hagere Doktor Robil in seinem
Galakleid mit den Orden an der Brust auf sie zukam, sich höflich verbeugte
und ihr den Silberreif hinhielt. Das konnte sie nicht fassen, hatte der
Holzfäller doch gesagt, daß der Reif zusammen mit der zahmen Hindin
Auna verschwunden war.
Die Erklärung war sehr einfach. Als der Gelbe Nebel sich über das Land
ausbreitete, war Auna schutzsuchend zu ihrer Herrin Fregosa in den
Violetten Palast zurückgekehrt, und die Köchin hatte ihr natürlich den Reif
wieder abgenommen. Leider geschah das, als der Eiserne Holzfäller bereits
unterwegs in die Smaragdenstadt war, und deshalb war der Talisman im
Lande der Zwinkerer geblieben.
Freudestrahlend setzte Ann den schönen Schmuck auf, drückte jedoch nicht
auf den Rubinknopf, um sich unsichtbar zu machen, denn im Freundeskreis
gehört sich das nicht.
Tim sagte: „Wie schade, daß wir den Reif nicht früher bekamen, als wir
gegen Arachna in den Kampf zogen. Ich hätte mich unsichtbar in ihre Höhle
geschlichen und ihr das Zauberbuch entwendet.“
„Das wäre dir nicht gelungen“, widersprach Ann. „Das Buch lag in einem
sicheren Versteck, und ohne die Hilfe der Zwerge hättest du es nicht
gefunden. Ja, selbst wenn du es gefunden hättest und wir das Land entzaubert
und vom Gelben Nebel befreit hätten, ist ungewiß, was später geschehen
wäre. Vielleicht kannte die Hexe noch andere schreckliche Sprüche, mit
denen sie ein noch größeres Übel als den Gelben Nebel hätte heraufbeschwören können.“
Alle fanden, daß Ann recht hatte und daß alles sehr gut ausgegangen sei.
Auch ohne den Silberreif hatte sich das Zauberland von Arachna befreit,
und jetzt hatte es von ihr nichts mehr zu befürchten.
„Trotzdem werde ich den Silberreif nicht mehr bei euch lassen“, sagte Ann
lachend. „Ihr habt ihn nachlässig aufbewahrt. Aber“, sie schlug sich mit der
Hand vor die Stirn, „wo ist denn Ramina? Wo ist die hochherzige Ramina,
unsere erste Bundesgenossin im Kampf gegen Arachna?“
Verlegen sagte Kaggi-Karr, das sei
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