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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh
Autoren: Alfred Weidenmann
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hob sich schließlich vom Boden ab und verschwand kurz darauf in dem dichten Schneetreiben.
    „Wir sind in der Luft“, bemerkte Ulli. Er hatte einen Fensterplatz, und Peter saß neben ihm. Beide blickten auf die Dächer und die Häuser hinunter. Man konnte noch Straßen erkennen, Hinterhöfe, Autos und Leuchtschriften.
    „Das Rathaus Steglitz“, stellte Peter fest.
    „Und da kommt schon der Grunewaldsee“, sagte Ulli.
    Das Flugzeug hatte jetzt schon so viel Höhe gewonnen, daß man die ganze Stadt überblicken konnte. Aber dann wurde das Schneetreiben immer dichter. Gleich darauf war es in der Kabine so dunkel wie in der U-Bahn. Über den Sitzen leuchteten kleine Lichter auf, und dann fing die Maschine an zu zittern.
    „Jetzt geht’s durch die Wolken“, meinte Herr Finkbeiner. Er saß zusammen mit seiner Frau und Herrn Wagner eine Reihe hinter den beiden Jungen.
    „Bitte angeschnallt bleiben“, sagte eine Stimme aus dem Lautsprecher.
    „Das fangt ja gut an“, japste Frau Finkbeiner und machte die Augen zu.
    Aber beinahe im gleichen Augenblick wurde es taghell im Flugzeug, Draußen schien die Sonne, und der Himmel war so blau wie an einem Hochsommertag.
    „Du kannst die Augen wieder aufmachen“, meinte Herr Finkbeiner zu seiner Frau.
    Die Wolken lagen jetzt bis zum Horizont wie ein Gebirge aus Wasserdampf unter der Maschine.
    Aber schon eine knappe Stunde später war es mit dem Abstecher in die Sonne vorerst vorbei.
    „Wir landen in wenigen Minuten“, gaben die Stewardessen bekannt und schauten nach, ob sich alle Passagiere angeschnallt hatten.
    Die ersten Wolkenschwaden wischten wieder an den Fenstern vorbei und die Tragflächen verschwanden wieder im Dunst und Nebel.
    Auch Frankfurt war zugeschneit. Die Maschine mußte eine ganze Weile über dem Flugplatz kreisen, weil Schneepflüge die Landebahn räumten.
    „Hoffentlich kriegen wir noch unsere Maschine nach Amerika“, sagte Frau Finkbeiner sorgenvoll. Aber kaum hatte sie das gesagt, machte sie wieder einmal die Augen zu. „Mein Gott, es fängt schon wieder an zu wackeln.“
    In Wirklichkeit hatten die Räder des Flugzeuges gerade auf der Landebahn aufgesetzt.
    Schon ein paar Minuten später ging es durch endlose Gänge und über Rolltreppen durch das Flughafengelände zur Paßkontrolle. Die Menschen wimmelten durcheinander wie auf dem Kurfürstendamm an einem langen Sonnabend.
    Die Maschine nach New York war ziemlich voll.
    Aber das Kaufhaus des Westens hatte für die Gewinner seines Preisausschreibens Plätze reservieren lassen, so daß die beiden Berliner Familien in einer Reihe nebeneinander sitzen konnten.
    „Sehr freundlich“, sagte Ulli, weil Peter ihm wieder den Fensterplatz anbieten wollte. „Aber dieses Mal bist du an der Reihe!“
    „Ist mir schleierhaft, wie ich dich drei Wochen lang aushalten soll“, bemerkte Peter. „Aber ich nehme an.“
    „Eure Höflichkeit ist ja nicht mehr auszuhalten!“ lachte Frau Finkbeiner.
    Und dann ging es wieder durch den Schnee und die
    Wolken in einen Himmel, der blau und sonnig war wie aus dem Bilderbuch.
    „Unsere Reisegeschwindigkeit beträgt 800 Kilometer in der Stunde“, sagte eine Stimme durch die Lautsprecher. „Und wir fliegen in einer Höhe von 5000 Metern.“ Die Lautsprecherstimme gehörte dem Flugkapitän, der die Fluggäste schon beim Start im Namen von Hapag-Lloyd begrüßt und sich selbst mit dem Namen Westernhagen vorgestellt hatte.

    „Wie wäre es zuerst mal mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen?“ fragte jetzt eine hellblonde Stewardeß.
    „Nichts dagegen einzuwenden“, meinte Frau Finkbeiner und blickte auf ihre Armbanduhr. „Zwanzig nach zehn ist eine gute Zeit für ein zweites Frühstück.“
    Eine Viertelstunde später war das ganze Flugzeug bei Kaffee und Kuchen.
    Anschließend holten die Passagiere ihre Zigaretten heraus und fingen an, sich zu vergiften. Auch Herr Finkbeiner beteiligte sich an diesem Vergnügen. Er mußte allerdings auf seine übliche große Zigarre verzichten. Im Flugzeug waren nur dünne Zigarillos erlaubt.
    „Meine Schuhsohlen müßten allmählich über Frankreich sein“, bemerkte der Apotheker, als er die ersten kleinen Rauchringe in die Kabine paffte.
    Und tatsächlich gab gleich darauf Flugkapitän Westernhagen bekannt, daß man in fünf Minuten Paris überfliegen würde.
    „Mein siebter Sinn“, sagte Herr Finkbeiner und ließ eine zweite Rauchwolke aufsteigen.
    Über der Normandie gab es Schildkrötensuppe, und als das
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