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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh
Autoren: Alfred Weidenmann
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natürlich perfekt Englisch und noch ein paar andere Sprachen dazu.
    Die Station 21 war ein Busbahnhof, zwei Stockwerke unter der Erde.
    Ein riesiger knallroter Bus stand bereit, und der Gepäckträger verstaute die Koffer in seinem Gepäckraum. Dabei angelten die Herren Finkbeiner und Wagner in ihren Taschen gleichzeitig nach einem Dollar. Der Apotheker gewann das Rennen. Anschließend ging es in den weichen und breiten Sitzen des knallroten Ungeheuers zuerst einmal über die Highways mit ihren vier Fahrspuren und dann durch Tunnels und über Brücken direkt in die Stadt.
    Der Omnibus war etwa zur Hälfte besetzt.
    „Alles Passagiere, die auch mit aufs Schiff kommen“, flüsterte Ulli. Er drehte sich zur Seite und blickte neugierig in den hinteren Teil des Wagens. Dabei entdeckte er einen Jungen in einem verwaschenen Jeans-Anzug mit silbernen Nieten an der Jacke und an der Hose. Dieser Junge saß neben einer älteren Dame und hatte einen Bürstenhaarschnitt.
    „Schon entdeckt?“ fragte Ulli.
    „Bereits beim Einsteigen“, antwortete Peter. „Vermutlich Amerikaner!“
    „Butterfly.“ Ulli grinste und ließ sich dabei wieder in seinen Sitz fallen.
    „Wieso Butterfly?“ brummte Peter.
    „Er hat hinten auf seiner Jacke einen bunten Schmetterling“, murmelte Ulli. „Als er sich vorhin umgedreht hat, konnte man ihn sehen.“
    Der knallrote Omnibus tauchte jetzt wieder in einen breiten Tunnel, der taghell erleuchtet war.
    „Und die Frau mit dem komischen Hut?“ Peter überlegte. „Es dürfte sich um seine Frau Mama handeln.“
    „Anzunehmen“, gab Ulli zu und beobachtete gleichzeitig einen Mann, der zwei Sitze vor ihm am Fenster saß. Dieser Mann hatte seinen linken Arm um einen schwarzen Holzkasten gelegt, in dem er vermutlich eine Baßgeige mit sich herumschleppte. Im übrigen war er voll und ganz damit beschäftigt, ein Kreuzworträtsel zu lösen. Dabei blickte er beim Nachdenken immer wieder einmal mit traurigen Fischaugen zum Fenster hinaus. Er war ziemlich dick und hatte einen schwarzen Schlapphut auf dem Kopf.
    Auch Peter beobachtete inzwischen den Mann mit der Baßgeige. „Sieht ein bißchen aus wie ein Seehund“, behauptete Ulli.
    „Ein Seehund, der Baßgeige spielt und Kreuzworträtsel löst.“ Peter grinste.
    Der knallrote Omnibus rollte jetzt wieder auf eine breite Straße und zurück ins helle Tageslicht.
    „Das war der Lincoln-Tunnel“, bemerkte Herr Finkbeiner, der einen Stadtplan von New York auf den Knien hatte, „und das müßte dann die 42. Straße sein.“
    Sie waren jetzt ganz plötzlich mitten in der Stadt. Die Gehsteige waren voll mit Menschen, und die Autos fuhren Stoßstange an Stoßstange. Wenn man das Ende der Häuserfassaden sehen wollte, mußte man mit dem Kopf ganz tief unter das Fenster tauchen. Aber die höchsten Wolkenkratzer waren auch dann bei ihrem 35. oder 40. Stockwerk vom oberen Fensterrand wie abgeschnitten.
    Manchmal ging es an riesigen Weihnachtsbäumen vorbei mit bunten Kugeln so groß wie ein Fußball.
    „In Amerika ist eben alles größer“, bemerkte Frau Finkbeiner.
    „Das Grüne da hinten ist der Central Park“, stellte Herr Finkbeiner fest. „Und gleich geht’s jetzt links am Empire State Building vorbei, das wir ja ein bißchen schon aus der Luft kennen.“
    „Die Turmspitze allerdings können Sie nur sehen, meine Damen und Herren“, gab Ulli bekannt, „wenn Sie einen Kopfstand machen.“
    Es ging jetzt über den Broadway. Und dort vor dem Woolworth Building mit seinen Glasfassaden passierte es.
    Eines der zitronengelben New Yorker Taxis hatte an der Ecke Chambersstreet gewartet. Jetzt fuhr es los und setzte sich direkt neben den knallroten Omnibus. Eine ganze Weile rollte es mit der gleichen Geschwindigkeit über den Broadway. Dabei suchte ein jüngerer Mann, der hinter dem Taxifahrer saß, mit seinen Blicken die Busfahrgäste ab. Er hatte seinen Kopf durch das geöffnete Taxifenster gesteckt und gab seinem Chauffeur immer wieder durch Zeichen zu verstehen, ob er schneller oder langsamer zu fahren hätte. Dabei betrachtete er sich die Fahrgäste, die im Omnibus hinter den Fenstern saßen, wie ein General, der eine Parade abnimmt.
    Der junge Mann in dem Taxi hatte pechschwarzes Haar und einen genauso schwarzen, aber ganz schmalen Bart über der Oberlippe. So wie er aussah, hätte er sein Geld beim Film oder als Fotomodell verdienen können.
    Als er jetzt den Mann mit den traurigen Fischaugen hinter seinen Kreuzworträtseln entdeckt hatte,
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