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Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)

Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Mechtild Borrmann
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der Wagen gut hundert Meter vor der Einfahrt zum Kopejew-Grundstück anhielt.
    »Dann zeigen Sie mal, was Sie können, Grenko«, sagte Kyrill in Saschas Rücken.
    Er brauchte vier Minuten, bis er Teil des hausinternen Netzwerks war. Während sein Programm nach den Zugangsdaten zum Überwachungssystem suchte, drehte er sich um und sagte: »Kyrill, wir wollen nur die Geige.«
    Er wusste nicht, warum er das sagte. Vielleicht war es diese stille Entschlossenheit der drei Männer.
    Kyrill schob die Lippen vor und nickte. »Sie bleiben am besten im Wagen.«
    Das Programm fand eine Zahlen- und Buchstabenkombination, und Sascha schaltete die Kameras ab.
    Igor fuhr ohne Licht im Schritttempo auf das Tor zu und brachte den Wagen kurz davor zum Stehen. Das Haus lag im Dunkeln. Nur zwei Fenster im Erdgeschoss waren erleuchtet. Sie gehörten zum grünen Salon.
    Kyrill und Wadim stiegen aus und kletterten erstaunlich behende über die Mauer. Wenige Sekunden später lagen Haus und Garten in weißer Scheinwerferhelligkeit. Trotzdem blieb alles ruhig.
    Kyrill tauchte am Tor auf, öffnete es, und Igor fuhr auf das Gelände. Es war kein Schuss gefallen, aber Sascha sah einen Wachmann unmittelbar hinter der Mauer liegen, den Kopf seltsam verdreht. Von einem zweiten sah er nur die Beine aus dem Eingang des Wachhäuschens ragen.
    Sie hielten vor dem Haus neben einem Mercedes, der am Nachmittag noch nicht dort gestanden hatte. Igor sprang aus dem Auto, und auch Kyrill trat auf die Treppe zum Eingang. Sie pressten sich an die Hauswand, und für einen Moment schienen sie innezuhalten. Sascha öffnete die Beifahrertür. Aus den Augenwinkeln sah er einen Mann um das Haus herumkommen. Es war der Bodyguard vom Nachmittag. Wie aus dem Nichts tauchte neben dem Mercedes Wadim auf. Ein kurzes »Plopp«, das ihn an den Schuss auf Vika erinnerte, und der Bodyguard sackte zusammen. Dann lag lauernde Stille unter dem grellen Licht der Scheinwerfer.
    Sascha stand bewegungslos im Schutz des Range Rovers, registrierte jede noch so kleine Bewegung.
    Nicht denken!
    Nicht darüber nachdenken, was hier gerade geschah.
    Wadim schlug eines der unteren Fenster ein, und das Splittern des Glases zerschnitt die Stille und seine kreisenden Gedanken. Es war wie ein Erwachen.
    Er rannte zur Treppe, als Wadim die Eingangstür von innen öffnete, lief, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf. Kyrill wollte ihn zurückhalten, aber er riss sich los, rannte durch die Eingangshalle und den Flur entlang.
    »Sie werden sie alle töten«, hämmerte es in seinem Kopf. Er erreichte den grünen Salon, in dem er mit Sonja Kopejewa Tee getrunken hatte. Die Tür stand offen.
    Sie saß auf dem Sofa und blickte ihm entgegen, als habe sie auf ihn gewartet. In einem Sessel links von ihr saß Nikita Iwanowitsch Kopejew, ein alter, korpulenter Mann mit dürftigem Haarkranz, der Sascha abschätzig betrachtete. Auf dem Tisch lag immer noch die Kopie des Briefes, die Sascha am Nachmittag zurückgelassen hatte.
    Kyrill stand jetzt mit der Waffe in der Hand in der Tür, auf dem Flur hörte er Wadim und Igor andere Zimmertüren öffnen.
    Sonja Kopejewa beugte sich vor und nahm die Briefkopie zur Hand. »Ich habe das nicht gewusst«, sagte sie wie zu sich selbst. »Das alles hab ich nicht gewusst.«
    Sascha blickte zu Nikita Kopejew, der kerzengerade dasaß und ihn nicht aus den Augen ließ.
    Die alte Stimme krächzte vor Ärger, als er lospolterte: »Nehmen Sie die Geige und verlassen Sie auf der Stelle mein Haus.«
    Kyrill ging zum Kamin, legte seine Waffe auf den Sims und zog sein Handy heraus. Er sagte: »Wir sind drin«, hörte einen Moment zu und steckte das Telefon zurück in die Tasche.
    Sascha trat an den Tisch und setzte sich Kopejew gegenüber. »Ich gehe erst, wenn ich Antworten habe.«
    Kopejew rührte sich nicht, nur seine Augen wanderten zwischen Sascha und Kyrill hin und her.
    »Eine Konzertreise nach Wien«, begann Sonja Kopejewa mit leiser Stimme. »Mein Vater … mein Mann hatte meinem Vater von Iljas Antrag erzählt, seine Frau und die Kinder mitzunehmen.«
    Sie spielte mit dem Papier in ihrer Hand, ihre Stimme gewann an Festigkeit.
    »Vater … er … Ilja war doch sein bester Schüler, er war ihm doch wie ein Sohn. Er besuchte ihn noch am gleichen Tag und sagte ihm, er solle nicht nach Wien fahren, aber Ilja wollte davon nichts wissen. Mein Vater hat meinem Mann gesagt, dass er eine Flucht für möglich hält.«
    Sie hatte den Brief, während sie sprach, halbiert,
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