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Der geheime Tunnel: Erotischer Krimi (Gay Erotic Mystery) (German Edition)

Der geheime Tunnel: Erotischer Krimi (Gay Erotic Mystery) (German Edition)

Titel: Der geheime Tunnel: Erotischer Krimi (Gay Erotic Mystery) (German Edition)
Autoren: James Lear
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›Besetzt‹-Schild wurde durch ›Frei‹ ersetzt. Der unleidliche Schaffner schlüpfte aus der Kabine und zog die Tür hinter sich zu.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Sir«, sagte er hämisch. Mir fiel auf, dass er leicht schwitzte. »Diese Toilette ist außer Betrieb. Benutzen Sie bitte eine andere.«
    Ich strengte mich an, durch den schmalen Spalt zwischen Tür und Rahmen etwas erkennen zu können, aber er zog die Tür ganz zu.
    »Was ist denn los?«, fragte ich. »Vielleicht kann ich’s ja reparieren.«
    »Nein, Sir. Ich muss dieses Örtchen abschließen. Bitte versuchen Sie es in einem anderen Waggon.«
    Das kam mir nun doch verdächtig vor. »Ich habe für eine Reise erster Klasse bezahlt«, sagte ich und ließ meiner amerikanischen Gradlinigkeit freien Lauf, »also hätte ich dafür auch gerne einen erstklassigen Service.«
    Ich hörte einen zweiten, leiseren Schlag in der Kabine.
    »Da ist doch jemand drin, oder?«
    »Nein, Sir.« Er wirkte jetzt sehr unruhig.
    »Was haben Sie gemacht?« Ich war ihm nun freundlicher gesonnen, weil ich davon ausging, dass er sich dort drin mit einem Mädchen oder einem jungen Mann amüsiert hatte; bei allem, was ich auf dem Kerbholz hatte, hätte ich ihm das wohl kaum übelnehmen können.
    »Nichts.«
    »Ich bin gern bereit, Ihre … Indiskretionen … zu übersehen, wenn Sie mich einfach nur die Toilette benutzen lassen.«
    »Sie ist kaputt«, sagte er kleinlaut, aber er wusste, dass die Schlacht verloren war. Ich legte meine Hand um den Türknauf und drehte um. Im Innern erwartete mich genau das, was ich mir erhofft hatte – an der Wand kauerte ein ansehnlicher junger Mann, der einen zerwühlten Eindruck machte. Allerdings war dieser Eindruck nicht auf eine sexuelle Begegnung zurückzuführen. Sein Kragen war zerrissen, was auf eine grobe Behandlung in der Halsregion hindeutete, und aus einem Nasenloch lief ein Faden Blut.
    »Gütiger Himmel«, sagte ich. »Was geht hier vor sich?«
    »Ich habe einen blinden Passagier erwischt, Sir«, sagte der Schaffner mürrisch. Er sah aus wie ein Gefängniswärter, der gerade einen Verurteilten zu seiner Zelle führte. »Mit solchem Abschaum haben wir tagtäglich zu tun.«
    Der junge Mann sah ganz und gar nicht wie Abschaum aus, auch wenn er offensichtlich alles andere als wohlhabend war: Die ausgefransten Hemdmanschetten und das geflickte Jackett sprachen eher für einen mittellosen Studenten als für einen Gauner. Er war klein, kaum größer als eins sechzig, und recht stämmig gebaut, dabei aber keineswegs dick. Er hatte braune Haare, die über seiner hohen Stirn kurz geschnitten waren, große blaue Augen und frisch rasierte Wangen, auf denen sich bereits wieder ein bläulicher Bartschatten zeigte. Er tupfte das Blut mit einem Taschentuch ab.
    »Sind Sie in Ordnung, mein Freund?«, fragte ich ihn.
    »Bringt nichts, mit ihm zu reden, Sir«, sagte der Schaffner. »Das ist so ’n Ausländer.«
    »Also ganz wie ich«, sagte ich. »Und ich hätte erwartet, dass Sie ihn als Gast Ihres Landes mit dem gebührenden Respekt behandeln.«
    »Er reist ohne Fahrschein.«
    »Und schlagen Sie immer Leute zusammen, die angeblich keinen Fahrschein haben?«
    »Das ist nun mal meine Arbeit.«
    Der blinde Passagier sah erst mich und dann den Schaffner an und versuchte zu ermitteln, ob er gerade vom Regen in die Traufe kam. Ich hielt es für angebracht, ihn zu beruhigen.
    »Also«, sagte ich deutlich und langsam, als würde ich zu einem Schwachkopf sprechen, »Sie haben keine Fahrkarte?«
    » Non . Die habe ich verloren.«
    Sein Englisch war gut, auch wenn er mit starkem Akzent sprach. Vermutlich war er Franzose.
    »Das sagen sie immer, unsere Schwarzfahrer«, sagte der Schaffner und streckte den Brustkorb vor. »Wenn Sie mich jetzt meine Arbeit weitermachen lassen würden, Sir.«
    »Nein«, sagte ich, beachtete ihn nicht weiter und wandte mich an den Mann. »Sie haben Ihre Fahrkarte gar nicht verloren. Hat man Ihnen denn nichts gesagt?« Ich griff in meine Jackentasche und nahm den unbenutzten Fahrschein von Vince heraus. »Ich hatte sie bei mir.« Der Schaffner schaute ebenso ungläubig wie der junge Mann.
    »Wie heißen Sie?«
    »Bertrand Damseaux.«
    »Genau dieser Name steht hier«, sagte ich und wies mit dem Finger auf einen Zettel, auf dem bloß die Titel einiger Bücher standen, die ich mir in London besorgen wollte. »Ich hatte Sie auf dem Bahnhof erwartet. Wo waren Sie denn nur?«
    Sowohl der Schaffner als auch der Junge merkten, dass ich
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