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Der geheime Stern

Der geheime Stern

Titel: Der geheime Stern
Autoren: Nora Roberts
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Lächeln wurde breiter. “Ich bin dir voraus.” Er hob eine Hand und damit die Waffe, die er umklammert hielt.
    Zwei Schüsse fielen so schnell hintereinander, dass sie fast wie ein einzelner klangen. Der Raum erbebte kurz, dann war alles wieder still, fuhr fort, golden zu schimmern. Langsam trat Seth nach vorn und betrachtete den Mann, der mit dem Gesicht nach unten auf seinem Berg aus Gold lag.
    “Das bist du tatsächlich”, murmelte Seth. “Jetzt bist du mir voraus.”
    Sie hatte die Schüsse gehört. Einen unaussprechlichen Augenblick lang blieb alles stehen, ihr Herz, ihr Verstand, ihr Atem, das Blut in ihren Adern. Dann ging das Leben weiter, eine Welle des Entsetzens überspülte sie, sie sprang von der Bank auf, auf die Jack sie gedrückt hatte. Und dann wusste sie es. Weil ihr Herz noch schlug, weil es noch gesund war, wusste sie, dass es nicht Seth sein konnte. Und doch hielt sie den Blick auf das Haus gerichtet. Sie musste es mit eigenen Augen sehen.
    Die Sterne über ihr funkelten, der Mond schickte sein weißes Licht durch die Bäume. In der Ferne begann der Nachtvogel zu singen.
    Und dann kam er aus dem Haus. Tränen schnürten ihr die Kehle zu. Sie brannten in ihren Augen, doch sie zwang sie zurück, indem sie mehrmals schluckte. Sie wollte ihn klar sehen, den Mann, den sie liebte und früher nicht hatte lieben dürfen.
    Er lief auf sie zu, der Blick dunkel und hart, der Gang fest. Er hat schon wieder die Kontrolle zurückgewonnen, dachte sie. Hatte das, was geschehen war, bereits tief in sich verschlossen, um tun zu können, was noch zu tun war.
    Sie hatte die Arme um sich geschlungen und würde wohl niemals erfahren, dass diese Geste der Grund war, warum er sie nicht sofort an sich zog. Stattdessen stand er eine Armeslänge von ihr entfernt und betrachtete die Frau, die er liebte. Die Frau, die er von sich gestoßen hatte.
    Sie war blass und zitterte. Und doch war ihre Stimme fest und klar. “Ist es vorbei?”
    “Es ist vorbei.”
    “Er wollte uns töten.”
    “Auch das ist vorbei.” Der Wunsch, sie zu berühren, sie festzuhalten, war einfach überwältigend. Er hatte das Gefühl, dass jeden Moment die Beine unter ihm nachgeben könnten. Doch sie drehte sich von ihm weg und starrte in die Dunkelheit.
    “Ich muss sie sehen. Bailey und M.J.”
    “Ich weiß.”
    “Und ich muss noch eine Aussage machen.”
    Er presste die Finger auf seine brennenden Augenlider. “Das kann warten.”
    “Warum? Ich will es hinter mich bringen.” Sie wandte sich langsam wieder zu ihm um und sah ihm fest ins Gesicht. “Ich will das alles hinter mich bringen.”
    Was sie damit meinte, war klar genug. Er selbst war ein Teil davon.
    “Grace, du bist verletzt und stehst unter Schock. Der Notarzt ist schon auf dem Weg.”
    “Ich brauche keinen Notarzt.”
    “Sag mir verdammt noch mal nicht, was du brauchst!” Wut begann in seinem Kopf zu summen wie eine Horde Hornissen. “Ich sagte, deine verdammte Aussage kann warten. Du zitterst. Himmelherrgott, setz dich hin!”
    Als er ihren Arm greifen wollte, zuckte sie zurück, hob das Kinn und straffte die Schultern. “Fass mich nicht an. Fass mich … einfach nicht an.” Denn wenn er sie doch berührte, würde sie womöglich zusammenbrechen. Wenn sie zusammenbrach, würde sie weinen. Und wenn sie weinte, würde sie betteln.
    Ihre Worte schnitten ihm ins Herz, das kalte Blau ihrer Augen war wie ein Schlag in die Magengrube. Weil seine Hände zu zittern begannen, stopfte er sie in die Taschen und trat einen Schritt zurück. “Gut. Bitte setz dich hin.”
    Sie sah aus, als ob sie gleich in Stücke zerfallen würde. Die Augen in ihrem leichenblassen Gesicht wirkten unnatürlich groß. Und es gab nichts, was er tun konnte. Nichts, das sie zulassen würde.
    Hinter sich hörte er Schritte, in der Ferne heulten die Sirenen. Cade lief mit düsterem Gesicht auf Grace zu und legte ihr eine Decke um, die er aus dem Haus geholt hatte. Seth sah, wie sie sich ihm zuwandte, wie ihr Körper mit einem Mal weich wurde und wie sie in Cades geöffnete Arme sank. Er hörte ihr Schluchzen.
    “Bring sie weg von hier.” Seine Hände brannten, so sehr wünschte er sich, sie nach ihr auszustrecken, irgendetwas von ihr mit sich zu nehmen. “Bring sie verdammt noch mal weg von hier.”
    Und dann ging er zurück ins Haus, um zu tun, was zu tun war.
    Die Vögel sangen ihre Morgenlieder, als Grace in den Garten ihres Hauses in den Bergen trat. Der Wald lag still und grün da. Sie war
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