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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer
Autoren: Amy J. Fetzer
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gehörte sie etwa nicht in sein Leben?
    Sein Blick flog zurück zu der Wand, wobei sich ihm der Magen in wildem Aufruhr umzudrehen drohte. War es möglich? In ein anderes Zeitalter hinüberzuwechseln? Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Er hatte das Gefühl, von etwas Übermächtigem ergriffen und zermalmt zu werden, und mit einem schnellen Blick auf Tess erkannte er, dass sie dasselbe empfand. Plötzlich stieß etwas scharf durch Fleisch, Sehnen und Muskeln hindurch, umspannte mit sandrauen Fingern seine Knochen fest wie in einem Schraubstock und zerrte an ihm. Die Wand näherte sich, dichter Nebel strich über die Wellen, und das Gefühl, überwältigt zu werden, wurde stärker.
    Bei Triton, es ruft mich - nein, es bittet mich flehentlich zu erfahren, was jenseits von ihm liegt!
    »Deine Reise, die dich den Mann deines Herzens finden ließ, war lang, Tess«, brachte Ram mit rauer Stimme hervor, das Gesicht bleich vor Übelkeit, die in ihm wühlte. »Vielleicht... muss ich denselben Weg gehen.« Er schluckte trocken. »Um zu entdecken, ob es das auch für mich gibt.«
    In ihren tränenüberströmten Augen blitzte Verständnis auf, als er zum Abschied mit fröhlichem Schwung die Hand an die Stirn hob.
    »Ramsey! Neiiiin!«, schrie sie auf, als er mit dem Kopf voran von der Sea Witch sprang und in die wild bewegte See eintauchte.
    Ramsey schoss an die Oberfläche. Seine kräftigen Arme durchschnitten das Wasser und brachten ihn immer näher an die Wand heran.
    Dane stieß Flüche über ihn aus.
    Tess bat flehentlich um alles Gute für ihn.
    Und die Wut König Tritons wurde wilder, die tosenden Wellen des Meeres trugen ihn immer näher heran.
    Ramsey schwamm. Er blickte nicht zurück, aus Furcht, er könnte seine Meinung ändern und festgehalten werden. Erst als er die Wand erreicht hatte, sandte er ein beruhigendes Lächeln zurück.
    Und so fängt es an, dachte er und hob den Arm, um ihnen ein letztes Mal zuzuwinken.
    Von einer plötzlichen Enge wurde sein Brustkorb zusammengedrückt, und er rang verzweifelt nach Luft. Neblige Arme umschlangen seinen Leib, hoben ihn aus dem Meer und zogen ihn von hinten durch die aufklaffende Trennwand, wobei ihm seine Beine wie abgeschnitten vorkamen, bis er vollends durch die schwarze Wand hindurch war.
    Und dann fiel er. Schnell.
    Vor der Küste der Caicos Islands 1989
    Penny umklammerte die Heckreling fester und runzelte die Stirn. Sie hätte schwören können, einen Schrei gehört zu haben. Einen Herzschlag lang setzten das Licht und die Wärme der Sonne aus, und es lief ihr kalt über den Rücken. Sie hob den Kopf zum Himmel, blinzelte ins helle Sonnenlicht. Dann wendete sie den Blick leicht nach achtem. Meilenweit keine Wolke. Wieso war es plötzlich so dunkel und kalt geworden, fragte sie sich, wobei sie noch einmal den Himmel absuchte, ehe sie ihren Blick zum Heck wandte.
    Unvermittelt packte sie ein Seemann bei den Schultern und schob sie aus dem Weg, um an ihr vorbeizukommen. Plötzlich brach fieberhafte Aktivität an Bord des Schiffes aus. Eine Stimme befahl ihr, sich festzuhalten, während das Schiff scharf nach rechts drehte und denselben Weg zurückfuhr.
    Da sah sie den Körper auf den Wellen treiben.
    Und schnell sinken.
    Ein Schlauchboot fiel ins Meer, Taucher und Rettungskräfte sprangen im selben Augenblick hinein, als sich das Boot aufblähte. Weißen Schaum aufwühlend, löste es sich vom Schiff und schoss in Richtung des treibenden Körpers davon.
    Oh, Jesus, bitte, lass sie am Leben sein.
    Im selben Augenblick, als der Körper unter die Wasseroberfläche sank, ließen sich zwei Taucher gleichzeitig rückwärts ins Wasser fallen. Ein Taucher blieb unter Wasser und schob das Opfer an die Oberfläche, während ein Matrose an Bord des Schlauchboots einen Stock mit einem Haken ausstreckte, der sich in den Kleidern verfing. Er zog die schlaffe Gestalt heran, mehrere Hände ergriffen den Körper und stülpten ihm einen Rettungsring über. Dann drehten sie ihn um und fühlten den Puls. Sofort glitt ein Seemann ins Wasser und führte eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch. Während das Schlauchboot ziellos hin und her schwankte, versuchte er, Luft in die bewegungslose Lunge zu pumpen.
    Mit gehetztem Blick und am ganzen Körper angespannt, versuchte Penny, zwischen den Matrosen hindurch einen Blick auf das Opfer zu erhaschen. Dann hörte sie es. Zunächst ein Husten, dann ein keuchendes Luftschnappen, und der Helfer drehte seinen Kopf zur Seite, während der
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