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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer
Autoren: Amy J. Fetzer
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hielt er sie in seinen Armen, bis der Klang von Stimmen aus dem unteren Stockwerk an ihr Ohr drang. Penny öffnete die Augen. Sie schnappte nach Luft, lehnte sich zurück und stieß ihn an. »Sieh hin!«, sagte sie.
    Ram drehte sich um und sah stirnrunzelnd zu dem Drehspiegel, der auf der linken Seite einen feinen Riss aufwies. Das Glas war neblig trüb, es lag der feine Dunst einer Gestalt auf der silberfarbenen Oberfläche. Beide hielten Ausschau nach dem Gegenstand, dessen Spiegelbild sie sahen. Aber da war nichts.
    »Siehst du es?«
    »Gewiss«, sagte er ehrfürchtig.
    Der Nebel lichtete sich, und wie durch ein regennasses Glas sah man die Gestalt einer etwa fünfunddreißigjährigen Frau allmählich schärfer werden. Zu ihren Füßen spielten Kinder. Sie streckte die Arme aus, um das kleinste, ein Mädchen, hochzuheben. Dann blieb sie reglos stehen, und ihr Blick traf auf den Spiegel. Ihr Lächeln war sanft, als sie dem Mann, der mit fünf dunkelhaarigen Jungen auf dem Boden saß, auf die Schultern tippte. Der Blick seiner grünen Augen ging zwischen seiner Frau und dem Spiegel hin und her. Sie sagte etwas zu ihm, aber weder Penny noch Ramsey konnte es hören.
    »Tess.« Penny trat einen Schritt nach vorne, die Hand ausgestreckt. In dem Spiegel lächelte Tess unter Tränen, und ihr Blick schweifte zu Ramsey. Plötzlich lachte Tess lautlos, und Dane gab ihr einen kleinen Stups. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, so sehr er sich auch bemühte, so auszusehen, als ob er sie ernsthaft ausschimpfen wolle.
    Dane nickte Ramsey zu, und er nickte zurück. Dann stellte sich
    Ramsey unmittelbar hinter Penelope und legte die Arme um ihre Taille, während das Bild langsam verschwand.
    Er seufzte tief auf. Jetzt verstand er einige seltsame Stellen in Tess’ Tagebüchern.
    »Auf Wiedersehen, Tess«, sagte Penny leise, schniefte und sah wieder Ramsey an.
    »Dane ist wirklich ein sehr gut aussehender Mann.«
    »Und was bin ich?«, fragte er mit gespielter Entrüstung.
    »Nach dem, was du dir gerade eben mit der kugelsicheren Weste geleistet hast?«, fragte sie. »Kanonenfutter!«

Epilog
    Ramsey stand am Steuerrad der Lady's Rogue, einem neunzehn Meter langen Boot. Mit erfahrenem Blick überprüfte er die Position der Segel, ehe er zu Penelope hinunterstieg, die auf einer Bank lag. Der Wind wehte ihr Haarsträhnen ins Gesicht, und er dachte, sie schliefe, bis sie sie mit der einen Hand zurückstrich, während sie mit der anderen den winzigen Rücken ihrer Tochter streichelte. Er hatte geglaubt, dass er sie nicht noch mehr lieben konnte, und dann hatte sie ihm ein Mädchen mit rotbraunem Haar geschenkt. Megan war der Sonnenschein seines Lebens, und es trieb ihm oft die Tränen in die Augen, wenn er die beiden sicher und glücklich zusammen sah. Penelope war noch schöner und verführerischer als an dem Tag, da er zum ersten Mal ein Auge auf sie geworfen hatte.
    »Ich mag es, wenn du mich so ansiehst wie jetzt«, sagte sie und erhob sich langsam, wobei sie das Neugeborene an ihrer Brust hin und her wiegte.
    »Und wie sehe ich dich an?«
    »So, als ob du ihr gleich die Kleider vom Leib reißen wolltest«, sagte Alexander, der gerade vorbeikam und zum Bug hin kletterte, um den Klüverbaum zu richten.
    »Pa!«, sagte Penny und versuchte, entrüstet auszusehen.
    Er lachte leise, verborgen hinter Segeln und Tauwerk, und Penny ging vorsichtig an Ramseys Seite. Er legte den Arm um ihre Schultern, und sie lehnte sich seufzend an ihn.
    »Ich liebe es, hier draußen zu sein«, sagte sie und zupfte Megan das Rüschenhäubchen ins Gesicht.
    »Du bist an der Reihe, Wache zu halten«, sagte Ram, und sie legte den Kopf an seine Schulter und sah ihm in die Augen.
    »Du willst sie nur aufwecken und mit ihr spielen.«
    Ram strahlte. »Das stimmt«, sagte er ohne das geringste Anzeichen der Reue. »Mach dich auf deinen Posten, Matrose.« Sanft nahm er ihr das Kind aus dem Arm.
    »Es scheint dir viel zu sehr zu gefallen, mir Befehle zu geben«, kommentierte sie trocken, während sie ihm das Baby an die Schulter drückte. Megan füllte kaum seine breite Hand aus.
    »Zum Teufel auch«, brummelte er. »Es ist doch die einzige Zeit, in der ich das tun kann.«
    Penny lachte leise, als Ram sich auf der Bank niederließ, mit seinem breiten Rücken den Wind von seiner Tochter abhaltend. Er beobachtete, wie seine Frau breitbeinig am Steuerrad stand und ihre Aufmerksamkeit dem Meer und den Segeln zuwandte. Dieser Anblick erfreute ihn über die
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