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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde
Autoren: David Lender
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PROLOG
    J ULI, VOR ZWANZIG J AHREN . R IAD , S AUDI -A RABIEN
. Omar drückte auf den Knopf, der die Leuchtanzeige seiner Armbanduhr aktivierte, schirmte diese aber mit der hohlen Hand ab, um nicht entdeckt zu werden.
Heute ist ein guter Tag zum Sterben
, rezitierte er im Stillen das Söldnerbekenntnis. Er zog die Nachtsichtbrille, ein amerikanisches Fabrikat, hervor und stellte sich im Schutz der Dunkelheit auf der anderen Seite der Straße auf, die an der Außenmauer des Geländes um den Königlichen Palast entlangführte. Er spürte die Kälte der saudischen Nacht. Zum Glück hielten ihn die deutsche Kevlar-Weste und der britische Kampfanzug unter dem traditionellen arabischen Gewand, das er zur Tarnung trug, einigermaßen warm. Dumm nur, dass die deutlich sichtbaren russischen Kampfstiefel seine schöne Tarnung zu einer Lachnummer machten.
    Er suchte die Straße ab, auf der seine Mitstreiter sich nähern würden. Noch niemand zu sehen. Er hatte einen trockenen Mund. Er betastete die Uzi, die auf der linken Hüfte an seinem Gürtel befestigt war, und die 45er Automatik im Halfter an der rechten Hüfte. Hinter dem Colt kam dann noch die Beretta vom Kaliber .22, deren Schalldämpfer durch das Loch im Halfter ragte. Omar war der Einzige in ihrem Zwölferteam, der eine Beretta trug. Er war als Schütze vorgesehen.
    Zwei Männer kamen im Schatten der Mauer auf ihn zu. Er gab ihnen ein Zeichen und sie winkten zurück. Die Zeit war gekommen. Die anderen neun tauchten auf wie eine Luftspiegelung in der Wüste. Alle waren mit Uzis und automatischen Colt-Pistolen vom Kaliber .45 bewaffnet, zwei hatten je einen amerikanischen M-203-Granatwerfer im Arm. Jeder von ihnen trug bunt zusammengewürfelteUniform- und Ausrüstungsteile, um eine Bestimmung seiner Nationalität zu erschweren, sollte er getötet oder gefangen genommen werden. Sie kauerten stumm im Schatten und lauschten auf das Nahen der Patrouille. Bald kam der Jeep vorbeigerumpelt, besetzt mit zwei schwer bewaffneten Wachen.
    Omar hob die Hand: das Zeichen zum Losschlagen. Er fühlte die Beschleunigung seines Pulses, die vertrauten Schmetterlinge im Bauch und die Kurzatmigkeit, die jedem Einsatz vorausgingen, ganz gleich, wie gründlich und gut er geplant war. Die zwölfköpfige Truppe schlich über die Straße auf die weiß verputzte Außenmauer des Palasts zu. Vier Mann lehnten sich, das Gesicht zur Mauer, Schulter an Schulter dagegen. Die anderen vollführten eine Reihe von akrobatischen Übungen, bis sie schließlich eine menschliche Pyramide bildeten. Der oberste Mann befestigte leise drei gummiüberzogene Enterhaken samt der damit verbundenen Klettertaue an der Mauerkante. In weniger als fünfzehn Sekunden hatte Omar die Mauer erklommen und sich auf der anderen Seite heruntergelassen.
    Während die anderen seinem Beispiel folgten, streifte Omar sein Gewand ab. Ihm klopfte das Herz. Er zog fünf Stangen Plastiksprengstoff aus seiner Gürteltasche und heftete sie in der Anordnung eines »X« an die Mauer. Ärgerlich registrierte er, dass seine Hände feucht und klamm waren. Er wischte sie an dem beiseitegelegten Gewand ab und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. In jede der C-4-Stangen führte er einen elektrischen Zünder ein und verband sie alle mit einem zentralen Funkempfänger, den er im Mittelstück des »X« unterbrachte. Als er fertig war, hatten sämtliche Mitglieder des Teams die Mauer überwunden und sich ihrer Gewänder entledigt, die sie in einem weiteren am Gürtel befestigten Beutel verstauten.
    Omar spähte zur Palastmauer, die, fünfzig Meter entfernt, in Scheinwerferlicht getaucht war. In diesem Abschnitt gab es keine Erdgeschossfenster. Als seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, hielt er, in der Hoffnung, keine zu erblicken, nach Wachen Ausschau. Dann fasste er ein Fenster im zweiten Stock ins Auge,an der Ecke, wo die Ost- und die Nordwand zusammentrafen.
Hoffentlich bist du da
, dachte er.
Sei einfach da
.

    Sasha erwachte nicht um zwei Uhr morgens, wie es ihre Absicht gewesen war – sie hatte gar nicht erst einschlafen können. Sie blickte nach rechts, wo Prinz Ibrahim in dem leichten Schimmer lag, der von den Leuchtziffern des Digitalweckers ausging. Sein Körper bewegte sich im Rhythmus seiner Atmung auf und ab. Zu Beginn der Nacht hatte Sasha ihn in ausgedehnte Lustbarkeiten verwickelt, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass er nicht in einem unpassenden Moment wach wurde. Sie sog den beißenden Geruch der
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