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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde
Autoren: David Lender
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zögernde Schritte auf den Durchgang zu seiner äußeren Suite zu. Sollte er die Tür zum Flur aufreißen und selbst nachsehen, was los war? Dann aber ertönte ein heftiges Klopfen und ein Sergeant trat mit steifer Formalität ins Zimmer. Prinz Jassar musterte das unbewegte Gesicht des Sergeanten. Er rechnete mit schlechten Nachrichten und ihm war, als würde deren Gewicht sich an seine Wangen heften und sie zu Boden ziehen. Er strich sich über die Stirn.
Schweißnass
.
    »Prinz Jassar, Sir«, sagte der Sergeant ausdruckslos, mit starrem Blick, »Ihr Sohn, Prinz Ibrahim, ist ermordet worden.«
    Jassar fühlte, wie die Worte in seiner Brust explodierten wie ein Hohlspitzgeschoss. Als er die Augen schloss, wusste er bereits, dass es wahr war.
Sie hat versucht, mich zu warnen
. Sein Seufzer ging in ein Stöhnen über.
    Jassar blickte sich um, als wollte er nach einem Fluchtweg suchen. Für einen Moment ließ er resigniert den Kopf hängen, dann sah er den Sergeanten zornig an.
Wozu berichtest du mir, was ich schon längst weiß? Was ich mir in meinen schlimmsten Träumen längst ausgemalt habe?
Er hatte gute Lust, den kleinen Mann zu schlagen.
    »Es gab keine anderen zivilen Opfer«, fuhr der Sergeant fort, weiterhin ohne Ausdruck in der Stimme oder im Gesicht. Nur dieser leere, starre Blick. Und der gemessene Ton. »Aber fünf Wachleute wurden im Flur getötet, nur wenige Meter von Prinz Ibrahims Gemach entfernt, und drei der Provokateure« – mit wachsendem Ärger nahm Jassar den lächerlich falsch ausgesprochenen französischen Ausdruck zur Kenntnis – »wurden ebenfalls im Flur getötet. Außerdem sind weitere dreiundzwanzig Soldaten auf dem Hof zu Tode gekommen, die meisten bei der Explosion. Ansonsten sind alle in Sicherheit und wohlauf, abgesehen von einer Konkubine des Prinzen, über deren Verbleib wir nichts wissen.«
    Jassar öffnete die Augen. Sie fühlten sich an wie schwarze Tümpel voller feuchter Qual. Und Wut. Doch als er die Arme ausschwingen wollte, um diesen aufgeblasenen Offiziersdarsteller zu züchtigen, bemerkte er, dass alle Kraft aus seinen Gliedern gewichen war, und so winkte er dem Mann nur, mit seinem Bericht fortzufahren. »Es handelt sich um Sasha. Sie ist verschwunden«, sagte der Sergeant, »und wir haben einen Mikroschalter am Fenster gefunden, der deaktiviert wurde, um den Alarm auszuschalten, außerdem einen Elektromagneten, einen Enterhaken und ein Seil. Der Eindruck drängt sich auf, dass die Todesschwadron Hilfe hatte, um Zugang zum Palast zu erlangen.«
    Jassar versuchte auf den Füßen zu stehen und war doch nicht in der Lage dazu, da seine Beine nicht aufhörten zu zittern. Er legtedie Hände auf die Knie, um ihnen Halt zu geben, beugte sich vor und ließ sich rücklings aufs Bett sinken.
    »Wir haben eine Pistole auf dem Bett gefunden. Wir haben blutige Fußspuren gefunden, die ins Schlafzimmer führten und dann wieder heraus«, fuhr der unerträgliche Dummkopf fort. »Sasha haben wir nicht gefunden.«
    Worte, die Jassar wie ein Messer spürte, das in einer bereits tödlichen Wunde noch einmal gedreht wird. Wieder schloss er die Augen.
Sasha? Wie konnte Sasha so etwas tun?
Er fühlte, wie sich sein Gesicht verzerrte. Er hob den Kopf und sah den Mann an, diesen Mann, der solche Dinge zu ihm sagte, und er spürte den Konflikt, den Zorn in sich, der all das leugnen wollte, was doch, das wusste er im tiefsten Innern seines Herzens, die bittere Wahrheit war. Sasha, die er unter seine Fittiche genommen, wie eine Tochter behandelt hatte, während sie ihn ihrerseits wie einen Vater ehrte. Sasha, die seinem dringenden Wunsch entsprochen hatte, seinem geliebten, wenngleich eigensinnigen Sohn nicht nur zu Diensten zu sein, sondern auch dafür zu sorgen, dass er nicht aus der Reihe tanzte.
Das kann einfach nicht wahr sein
. Er sackte in sich zusammen.
    Der Sergeant setzte sein gefühlloses Geleiere fort, als würde er eine Checkliste abarbeiten. »Die äußere Begrenzung des Palasts ist mittlerweile gesichert, von den Eindringlingen ist, soweit wir wissen, keiner zurückgeblieben. Von den drei Getöteten abgesehen, scheinen alle Attentäter entkommen zu sein.«
    Wie kann dieser Rohling, dieser bloße Funktionsträger, hier stehen und das Andenken meines Sohnes mit seinem Geplapper besudeln?
Mit dem Anwachsen seines Zorns fühlte Jassar auch seine Kräfte wiederkehren. Ächzend, wie niedergedrückt von der Last seines toten Sohnes, erhob er sich von seinem Bett. Er wollte den Kopf
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