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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler
Autoren: Giogio Faletti
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Mund steigen sieht. Die ästhetische Komponente ist bei einem Laster nicht zu unterschätzen.«
    Seine Stimme befleißigt sich wieder der Ironie.
    »Daraus könnte man eine Maßnahme gegen das Rauchen ableiten. Verbinde den Menschen die Augen, bis ihnen die Lust vergeht.«
    Er lächelt.
    »Oder bis sie sich einer Nasenkorrektur unterziehen müssen, weil sie sich mit dem Feuerzeug verbrannt haben.«
    Bei der Vorstellung wird sein Grinsen breiter. Dann lässt ihn eine Assoziation das Gesprächsthema wechseln.
    »Apropos, Augen verbinden. Am Sonntag hat die Glücksgöttin offenbar ihre Augenbinde abgenommen und ihren Blick auf diese Gegend hier gerichtet.«
    »Soll heißen?«
    »In der Bar von Michele – das ist die neben der Kirche – hat jemand einen Totoschein abgegeben, der vierhundertneunzig Millionen gewonnen hat.«
    »Das ist ja Wahnsinn. Weiß man, wer der Glückliche ist?«
    Lucio ist jemand, der überall, wo er auftaucht, wohlgelitten ist. Wegen seiner Behinderung und wegen seines Charakters gewinnt er sofort jedermanns Vertrauen. Was sich schnell in Vertraulichkeiten niederschlägt.
    »Mit letzter Sicherheit nicht, aber ich habe ein paar Indizien. Es gibt da einen Typen, einen gewissen Remo Frontini. Anständiger Kerl, wohnt in den Sozialbauten. Arbeiter, glaube ich. Er hat einen Sohn, einen Knaben von acht Jahren, dem ich für ein paar Lire Gitarrenunterricht gebe. Er ist ziemlich begabt, und die Musik ist ein gutes Mittel, um ihn von der Straße fernzuhalten. Vermutlich hast du ihn schon mal aus meiner Wohnung kommen sehen.«
    Hab ich nicht, aber das scheint mir für den Verlauf der Erzählung unwesentlich zu sein. Lucio fährt fort, ohne auf eine Antwort zu warten. Vielleicht denkt er dasselbe.
    »Das Wenige, was er mir zahlt, bekomme ich im Übrigen, wenn ich es bekomme. Du verstehst schon, was ich meine.«
    »Löblich von dir.«
    »In der Tat. Aber das ist nicht der Punkt.«
    Er unterbricht sich, vermutlich um sich noch einmal zu vergegenwärtigen, was er sagen möchte, und um seine Schlüsse noch einmal zu überprüfen.
    »Gestern hat er seinen Sohn begleitet und war ziemlich aufgekratzt, fast geschwätzig. Das ist ungewöhnlich, da er sonst eher wortkarg ist. Er hat mir versichert, dass er bald schon sämtliche Rückstände begleichen und dann nie wieder zu spät zahlen wird. Schließlich hat er mich sogar gefragt, was die beste Gitarrenmarke sei, falls er seinem Sohn irgendwann einmal ein neues Instrument kaufen sollte.«
    Nach einer weiteren Pause beendet Lucio seine kleine persönliche Überlegung.
    »Nimmt man hinzu, dass Frontini in Micheles Bar geht und jede Woche Fußballtoto spielt, ergibt sich der Rest von alleine.«
    Ich denke darüber nach. Vielleicht einen Moment zu lang.
    »Wenn etwas dein Leben ändert, ist es immer schwer, das zu verbergen.«
    Lucio neigt den Kopf zur Seite. Er redet jetzt leiser.
    »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass du mit diesen Worten eher dich selbst meinst als unseren Glückspilz mit seinen dreizehn Richtigen.«
    Ich erhebe mich und lasse den Gedanken in der Schwebe, bevor er sich noch in Neugier und folglich eine Frage verwandeln kann.
    » Time to go , Lucio.«
    Er versteht, und sein Ton wird wieder scherzhaft.
    »Wer nach einer durchwachten Nacht auf Anhieb den Faulpelz errät, verdient das Bett, das auf ihn wartet.«
    Ich nähere mich der Tür.
    »Danke für deine Gastfreundschaft. Du bist wirklich ein Mann, der Wort hält.«
    Die erwartete Frage ereilt mich, als ich die Tür öffne.
    »Will heißen?«
    »Der Kaffee war beschissen.«
    Das Gelächter wird gedämpft, als ich die Tür schließe, dann überquere ich den Treppenabsatz und bin im nächsten Moment in meiner Wohnung, die fünfundfünfzig Quadratmeter groß und genau spiegelverkehrt zu der von Lucio geschnitten ist. Wenige Schritte nur, und doch ist es eine andere Welt. Hier gibt es Farben, Plakate an den Wänden, Bücher in einem Regal, das Grün von zwei Pflanzen.
    Und einen Fernseher.
    Ich ziehe die Jacke aus, werfe sie aufs Sofa und leere die Taschen. Ihren Inhalt lege ich auf die Kommode gegenüber. Zigaretten, Portemonnaie, Piepser, Daytonas zerknitterten Schein. Das Blinken der Leuchtanzeige am Telefon verrät mir, dass Nachrichten auf dem Anrufbeantworter sind. Ich drücke eine Taste, und während ich mein Hemd aufknöpfe, höre ich das Rauschen des zurückspulenden Bands.
    Dann die Stimmen.
    Piep. Eine euphorische Stimme.
    » Ciao, Bravo, hier ist Barbara. Ich bin an der Côte d’Azur. Das
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