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Der Fluch des Khan

Der Fluch des Khan

Titel: Der Fluch des Khan
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
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anzulaufen und sich wieder in die Schlacht zu stürzen.
    Zwei Tage verstrichen, doch Temur und seine Männer sahen nichts als blaues Wasser. Das japanische Festland kam nicht in Sicht. Überlegungen, den Kurs zu ändern, wurden verworfen, als von Südwesten ein weiterer Orkan aufzog, zwar nicht so heftig wie der Taifun, aber dennoch ein ausgedehntes tropisches Sturmtief, das sich nur langsam weiterbewegte. Fünf Tage lang kämpfte das Schiff gegen schwere Regenfälle und starken Wind, der es hilflos herumwarf. Das angeschlagene Schiff schien die Grenzen seiner Belastbarkeit erreicht zu haben. Der Behelfsmast samt der Segel wurde erneut von Böen über Bord gefegt, und unter der Wasserlinie waren so viele Lecks, dass der Zimmermann rund um die Uhr arbeiten musste. Noch beunruhigender aber war, dass die gesamte Ruderanlage abgebrochen war und zwei von Temurs Männern, die sich daran festklammerten, mit in den Tod gerissen hatte.
    Als es so aussah, als könnte das Schiff nicht länger durchhalten, zog der zweite Sturm ab. Doch sobald sich das Wetter beruhigte, wurden die Männer an Bord besorgter denn je. Seit über einer Woche hatten sie kein Land mehr gesichtet, und allmählich schwanden die Vorräte. Die Männer flehten Temur an, das Schiff nach China zu steuern, doch das war wegen der vorherrschenden Winde und Strömungen gar nicht möglich, zumal die
Mugun
über kein Ruder mehr verfügte. Einsam trieb das Schiff im Ozean, orientierungslos, ohne Navigationshilfen und kaum einer Möglichkeit, es zu steuern.
    Temur verlor jedes Zeitgefühl, während die Stunden zu Tagen gerannen und die Tage zu Wochen. Als der Proviant zur Neige ging, ernährte sich die Besatzung von gefangenen Fischen und sammelte Regenwasser zum Trinken. Dann verzogen sich die grauen Sturmwolken allmählich, der Himmel klarte auf, und sonniges Wetter brach an. Mit dem Abflauen des Windes stieg die Temperatur. Das Schiff samt seiner Besatzung schien sich nicht von der Stelle zu rühren, trieb noch immer ziellos über eine glatte See. Bald darauf hielt der Tod Einkehr auf der
Mugun.
Bei jedem Sonnenaufgang fand man einen neuen Leichnam, war wieder ein verhungernder Seemann über Nacht gestorben. Temur kam sich geradezu entehrt vor, wenn er seine ausgezehrten Soldaten betrachtete. Statt des ruhmreichen Schlachtentods hatte ihnen das Schicksal ein elendes Verderben auf einem menschenleeren Ozean fern von der Heimat beschieden.
    Als die Männer rundum in der Mittagssonne vor sich hin dösten, brach an Backbord plötzlich lautes Geschrei aus.
    »Ein Vogel!«, schrie jemand. »Mach ihn tot.«
    Temur sprang auf und sah, wie drei Männer einen großen Meeresvogel mit schwarzem Schnabel zu umringen versuchten.
    Der Vogel hüpfte aufgeregt umher und beäugte die Männer mit wachsamem Blick. Einer der Männer ergriff mit knorriger, sonnenverbrannter Hand einen Holzhammer und warf ihn blitzschnell nach dem Vogel, in der Hoffnung, ihn zu betäuben oder zu töten. Der Vogel wich dem wirbelnden Hammer geschickt aus, stieß einen entrüsteten Schrei aus und schwang sich mit einem trägen Flügelschlag zum Himmel auf. Während die Männer lauthals fluchten, musterte Temur schweigend den Vogel und folgte ihm mit seinem Blick, als er gen Süden flog und allmählich am Horizont verschwand. Blinzelnd betrachtete er die blaue Linie in weiter Ferne, wo Wasser und Himmel ineinander übergingen, dann aber zog er eine Augenbraue hoch.
    Er zwinkerte ein paar Mal, sah wieder hin und straffte sich leicht, als er einen kleinen, grünen Punkt am Horizont bemerkte.
    Dann bestätigte ihm seine Nase, dass er nicht fantasierte. Die feuchte Salzluft, an die sich Temur mittlerweile gewöhnt hatte, roch mit einem Mal anders. Ein schwacher Blütenduft wehte zu ihm. Er atmete tief durch, räusperte sich und wandte sich an die Männer an Deck.
    »Da vorn ist Land«, sagte er mit ausgedörrter Stimme und deutete an die Stelle, wo die Möwe verschwunden war. »Jeder Mann, der noch bei Kräften ist, muss mithelfen, damit wir es ansteuern können.«
    Bei seinen Worten rappelte sich die erschöpfte und ausgezehrte Besatzung auf. Nachdem sie eine ganze Weile auf den fernen Fleck am Horizont gestarrt hatten, besannen sich die Männer und machten sich ans Werk. Ein großer Decksbalken wurde zersägt, an Tauen befestigt und über das Heck abgelassen, wo er als notdürftiges Ruder dienen sollte. Während drei Mann mit dem Balken kämpften, um das Schiff zu steuern, schnappten sich die restlichen
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