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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Nur noch ein Wunder.
    Als wir die kirchenschiffähnliche Vorhalle erreichten und das hohe, gezackte Felsenmaul des Ausgangs in Sichtweite war, geschah das Unerwartete:
    „Keine Bewegung!“, donnerte eine Stimme, gefolgt von einem gewaltigen Lichtblitz, der aus mindestens sechs Quellen gleichzeitig über uns hereinbrach. Wie versteinert blieben wir stehen und kniffen die Augen zusammen, die vom grellen Licht völlig geblendet waren. – Am liebsten hätte ich die Augen mit den Armen abgeschirmt, aber ich trug noch immer den grauen Karton.
    „Was zum Teufel soll das?“, zischte Carlos in einer Mischung aus Empörung, Wut und Furcht.
    „Legen Sie Waffen und Gegenstände auf den Boden und nehmen Sie sofort die Hände hoch!“, befahl die tiefe Stimme erneut. Und nun erkannten wir, was Sache war: drei Polizeiautos versperrten schräg parkend den Ausgang. Ihre Scheinwerfer waren auf uns gerichtet, und hinter ihnen lugten dutzende Polizisten aus ihrer Deckung hervor, die ihre Dienstwaffen auf Carlos und seine Bande gerichtet hatten.
    Ein großer Mann mit einem stattlichen Bauchumfang, von dem wir aufgrund des Lichtes nicht mehr als die enormen Umrisse wahrnahmen, stand in der Mitte zwischen den Autos und hielt einen Lautsprecher an seinen Mund. „Wird’s bald!“, mahnte er, als Carlos und seine Gefolgschaft zögerten. Rasch stellte sich heraus, dass dieses Verhalten eine Folge des Überraschungseffekts war, denn nun gehorchten sie wie kleine verschreckte Hündchen, und auch wir stellten unsere Gegenstände auf den Boden und hoben vorsichtshalber die Hände.
    „Hiermit erkläre ich Sie für verhaftet“, verkündete der Mann und ließ den Lautsprecher sinken. Auf seinen Wink mit dem Kopf sprangen fünf Polizisten hinter den Autos hervor und machten sich eifrig, an den Handschellen fingernd, auf den Weg zu den nun jämmerlich aussehenden Gangstern, die noch vor ein paar Momenten die stolzen Erben der Makaá gewesen waren.
    Gott sei Dank , dachte ich bei mir und atmete trotz meiner noch erhobenen Hände erleichtert auf. Das war ja noch mal gut gegangen!
    Carlos, der dicht neben mir stand, sah mit zusammengekniffenen Augen die Polizisten auf sich zukommen. Sein Atem ging schwer.
    „Nein, so leicht kriegen die mich nicht“, knirschte er zwischen den Zähnen hindurch.
    „Vergiss es, das Spiel ist aus“, zischte ich ihm zu.
    „Das Spiel ist erst aus, wenn ich es sage“, entgegnete er mir.
    Weder meine Familie noch die Polizisten konnten später sagen, wie es geschehen war, doch urplötzlich löste sich Carlos aus der Erstarrung. Er wirbelte herum, und ehe ich mich versah, packte mich sein starker Arm und hielt mich wie ein Schutzschild vor seinen Körper. Gleichzeitig zückte er seine Pistole und ich spürte deren kalte, tödliche Mündung hart an meiner Schläfe. Wie von Weitem hörte ich einen Schrei, der vermutlich von meiner Mutter stammte. Ich war so überrumpelt, dass ich fast taub gegen alles war. Kaum hatten Carlos’ Komplizen kapiert, was geschehen war, eilten sie ihm schon zur Hilfe. In Sekundenschnelle hatten sie Pistolen in der Hand, Bley allen voran, und richteten sie auf die Polizisten.
    „So“, rief Carlos und lachte dämonisch. „Jetzt spielen wir wieder nach meinen Regeln. Waffen runter!“
    Die herankommenden Polizisten waren hinter den Felsen in Deckung gegangen und hatten ebenfalls die Revolver im Anschlag.
    „Habt ihr nicht gehört?“, brüllte Carlos wütend. „Waffen runter!“
    Er drückte die Pistole noch fester gegen meinen Kopf und spannte den Abzug so energisch, dass das metallene Klackgeräusch tausendfach an den feuchten Höhlenwänden zurückgeworfen wurde. Das war Drohung genug. Der dicke Mann, der offenbar das Kommando hatte und vermutlich der Polizeichef war, ließ seine Männer die Waffen niederlegen. Nun war er es, der die Hände hob. „Machen Sie keinen Unsinn, Carlos. Selbst wenn Sie es aus dieser Höhle schaffen – Sie werden nicht weit kommen. Und das wissen Sie.“
    „Das werden wir ja sehen!“, brüllte Carlos zurück, doch ich spürte deutlich, wie er in Gedanken krampfhaft den nächsten Schritt zu planen versuchte, und wie wütend er wurde bei dem Gedanken, dass die Dinge wirklich schlecht für ihn standen. Doch so leicht würde er sich nicht geschlagen geben! Sein Atem ging unregelmäßig und schwer. Er hielt mich so fest umklammert, dass mir die Luft wegzubleiben drohte und der kalte, entschlossene Abzug an meiner Schläfe verursachte bei mir Schwindelgefühle
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