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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin
Autoren: Franc Helgath
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Finger verkrampften sich um Sessellehnen, Schweiß tropfte ungehindert von Stirnen, denn keiner wagte sich zu rühren, diese geisterhafte sphärische Musik auch nur durch eine Bewegung zu stören.
    Menschen atmeten schwer. Auch solche, deren Lungen und Bronchien voll in Ordnung waren. Nur einer blieb relativ gefasst. Professor Zamorra!
    Die Klänge waren zu einem brausenden Orkan angeschwollen, der die Sitze unter den Zuhörern vibrieren ließ. Die Trommeln tosten, hackten ihr Stakkato in den Saal, ließen Nervenenden zittern. Mühsam unterdrückte Schreie. Schnappen nach Luft… Dann vorne ein Glimmen. Wie von einer fernen, sehr fernen blauen Glut. Das Glimmen verstärkte sich, wurde intensiver, flackerte auf zum Dämonenfeuer.
    Plötzlich – ein hektischer Schrei! Wie ein Todesschrei! Doch außer dem blauen Feuer war nichts zu sehen. Den Menschen gefror das Blut in den Adern. Geballte Fäuste fuhren hoch zu weit geöffneten Mündern. Lippen wurden wund und blutig gebissen. Die Spannung, hochgepeitscht von dieser grässlichen und doch so durchdringenden Musik, stieg ins Unermessliche. Dann kam das Licht.
    Es kam von überall und in allen Farben des Regenbogens.
    Ein violetter Strahl konzentrierte sich auf einen weißen Nebel, dessen Konturen sich langsam verfestigten. Am Schluss stand ein nacktes Mädchen in abenteuerlicher Aufmachung an dieser Stelle.
    An den Brüsten goldene Pailletten, die absolut nichts verbargen.
    Verdeckt durch einen dreieckig zugeschnittenen Hermelinpelz waren die Schamhaare. Das Mädchen wand sich zu den Klängen wie unter zuckenden Schmerzen, stampfte ekstatisch mit den bloßen, mit goldenen Schellen bewehrten Beinen auf.
    Rund um das Dämonenfeuer waren andere Gestalten aus der Schwärze getaucht. Mädchengestalten.
    Nackt.
    Ihre Körper bewegten sich zum abstrusen Rhythmus dieser nie gehörten Musik. Die Leiber schimmerten rot, gelb und indigo. Eine Negerin mit unwahrscheinlich langen Beinen tanzte, als stünde sie unter Drogen, und ihr makelloser Körper glänzte wie gesalbt.
    Mit einem Schlag verloschen all die Lichter. Wie weggewischt all die vielen Mädchenkörper, die die Bühne bevölkert hatten.
    Dafür geriet das Feuer in Bewegung. Es nahm feste Gestalt an.
    Die Gestalt eines sarazenischen Krummschwertes.
    Die Horden von Dschingis Khan hatten sich mit diesen Schwertern die halbe damals bekannte Welt erobert, als sie auf ihren schnellen Pferden und in ihren Lederpanzern fast ganz Mitteleuropa und den Balkan überschwemmten. Eine gelbe Flut, die nichts zurückhalten konnte.
    Winzig klein war zuerst das Schwert. Und bläulich schimmernd.
    Nicht lange.
    Noch immer nicht hatten die Klänge wieder eingesetzt. Noch immer lastete tödliches Schweigen im Saal.
    Dann das sanfte und in seiner Sanftheit verwirrende Säuseln einer einzelnen Panflöte. Leise und getragen, unsagbar weich und samten die Melodie. Umso grauenerregender war das, was mit dem Schwert passierte.
    Es wurde während dieser sanften Töne größer, immer größer und Furcht gebietender. Verschwunden war das Feuer. Das Schwert stand im Raum.
    Auch hatte seine Farbe sich zu einem Goldton hin verändert. Reich verziert war der Griff. Grüne Smaragde wetteiferten in ihrem Glanz mit blutroten Rubinen und blaufeurigen Diamanten von Hühnereigröße.
    Blitzartig setzten die Trommeln wieder ein, paukten sich hoch zu einem berstenden Crescendo, das die Wände erzittern ließ. Der Boden unter den vielen Füßen der Damen in Abendrobe und der Herren im Frack erbebte und drohte an, das Kuppeldach des Saales auf sie herabstürzen zu lassen.
    Die ersten Schreie im Publikum, hinweggespült vom rasenden Lärm der alten Instrumente, zur Unhörbarkeit verdammt.
    Das Krummschwert verfloss, als würde es von einer unsichtbaren Flamme zerschmolzen. Überall dort, wo das flüssige Gold auf den Boden tropfte, wuchsen Gestalten aus dem Boden, wie die menschliche Fantasie sie sich kaum ersinnen kann. Horrorwesen, Fabelwesen.
    Wölfe mit weit geöffnetem Rachen und rot tropfenden Lippen. Mit nackten Mädchenkörpern, die sich auf alle viere niedergelassen hatten…
    Frauen mit violetten gespaltenen Zungen, die sich damit züngelnd über die nackten Körper leckten…
    Gefiederte Schlangen mit Frauenbrüsten. Stierköpfige Wesen mit Mädchenkörpern… Goldglänzende, glitzernde Leiber …
    Die Spannung im Zuschauerraum hatte fast schon den Siedepunkt erreicht, das Gold des Schwertes in Gestalten zertropft. Die Wesen öffneten ihre
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