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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge
Autoren: Prisca Burrows
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können.
    Aber wo sollte er etwas zu essen bekommen? Er hatte keine Münze bei sich, und er war auf der Flucht. Zu stehlen wie ein Dieb kam nicht in Frage, ganz abgesehen davon, dass Fionn gar nicht gewusst hätte, wie er das anstellen sollte.
    Er hatte sich noch nie ums Essen kümmern müssen, es hatte immer pünktlich auf dem Tisch gestanden. Woher all die Zutaten kamen und wie sie zubereitet wurden, hatte ihn nie interessiert. Nur der Genuss, der am Ende dabei herauskam und wohlig satt machte.
    Fionns Nase zuckte, konzentrierte sich auf die verschiedenen Gerüche, die in Wellen vorbeischwangen, und wies ihm schließlich den Weg: Er musste zu einem Gasthaus gehen und dort versuchen, an Essbares heranzukommen.
    Nach allen Seiten sichernd kroch Fionn aus der schützenden Deckung und ging, stets im Häuserschatten, eine Gasse entlang, die die meisten Düfte verströmte. Es war schon bedeutend ruhiger geworden, da der Nachmittag voranschritt und die meisten sich auf den Weg nach Hause machten. Auch einige Händler bauten ihre Stände ab, weil sie eine weite Heimreise hatten. Ridirean hatte deutlich hörbar Fünf posaunt, der Abend war nicht mehr fern.
    An einer Kreuzung entdeckte er ein Gasthaus, die Quelle aller Gerüche, und sah sich zugleich Hoffnung und Verzweiflung gegenüber. Hier gab es Essen zuhauf, und sicher wäre es wohlschmeckend. Eine Menge Pferde waren an der Nordseite angebunden, und einige Kutschen drängten sich in dem angrenzenden Hof. Auf dem Zunftschild waren ein saftiger Braten, ein schäumender Bierkrug und eine lachende Maid abgebildet, und der Name lautete »Zum Schlemmer«.
    Fionn lief das Wasser im Mund zusammen, und sein Magen knurrte nur noch lauter. Gab es vielleicht eine Möglichkeit, um ein wenig Essen zu betteln? Sollte er sich eine Geschichte über seinen kranken Herrn ausdenken, für den er etwas holen musste?
    Lügen ist auch nicht viel besser als stehlen. Und vor allem kannst du genauso wenig lügen wie stehlen.
    Aber er musste etwas essen, das stand fest, lange konnte er nicht mehr durchhalten. Erst recht, da nun die Genüsse schon beinahe greifbar vor ihm ausgebreitet waren. Fionn wäre schon um einen bescheidenen Ranken Brot dankbar gewesen.
    Vorsichtig schlich er sich näher heran, drückte sich im Hof herum, stets darauf bedacht, keinem Knecht zu begegnen. Ab und zu verließ jemand das Gasthaus, neue Gäste gingen hinein. Vielleicht konnte Fionn seine Dienste einem Knecht anbieten und dadurch etwas zu essen bekommen. Das erschien ihm noch der beste Plan zu sein, den er auch nicht zu lange aufschieben sollte. Die Sonne ging gnadenlos unter, bald würde das wärmende Licht der Kühle der Nacht weichen.
    Da hörte er ein Geräusch aus der Gasse nebenan, das seine Aufmerksamkeit erweckte. Es klang wie ein Zischen und Schnarren und schien näherzukommen. Etwa ein Verfolger? Vorsichtig zog er sich an den Rand zurück und lugte um die Ecke.
    Es war kein Verfolger. Zwei Menschen, einer ziemlich groß, eingehüllt in einen Kapuzenmantel, der andere eher gedrungen und in abgerissener Kleidung, hatten offenbar Streit.
    Das ging Fionn nichts an, und er wollte sich gerade wieder zurückziehen, da sah er einen Schatten, der sich dem großen Mann von hinten näherte, und verharrte misstrauisch.
    »Gib mir, was ich will, und wir scheiden als Freunde«, zischte der Gedrungene.
    »Geh mir aus dem Weg, und du scheidest nicht aus dem Leben«, antwortete der größere Mann mit dunkler, leicht rauer Stimme.
    Fionns Augen weiteten sich, als er sah, dass der Schatten ein weiterer Mensch war, der ein Messer in der Hand hielt. Er hatte sich fast bis auf Armlänge in den Rücken des größeren Mannes geschlichen.
    Ohne nachzudenken, bückte Fionn sich und hob einen Stein auf, dann rannte er los. »Achtung, Herr, hinter dir!«, rief er und warf den Stein.
    Er hatte nicht zielen können, doch er traf immerhin den Arm des Angreifers, der mit einem überraschten Schmerzlaut zurückwich.
    Der Mann, der ausgeraubt werden sollte, fuhr herum, und bevor der Heimtückische reagieren konnte, hatte er ihn mit einem Fausthieb niedergeschlagen.
    Der Kumpan stieß einen Wutschrei aus. »Was mischst du dich da ein, Bucca! «
    Bevor Fionn ausweichen konnte, bekam er einen heftigen Schlag auf den Kopf. Zuerst glaubte er, dass ihm das gar nichts ausmachte, aber dann zog es ihm plötzlich den Boden unter den Füßen weg, und er sackte zusammen. Vor seinen Augen tanzten Sterne, und er erkannte verschwommen, dass nun auch sein
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