Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Finca

Der Fluch der Finca

Titel: Der Fluch der Finca
Autoren: Deborah Dalton
Vom Netzwerk:
nach Hause gekommen, kein Zweifel möglich. Schlagartig wurde
ihr klar, dass sie die Schritte, die aus dem Flur gekommen waren, gleich erkannt hatte.
Es war Harrys einzigartige Weise zu gehen, die sie soeben gehört hatte.
    Michelle wirbelte vom Spiegel zur Badezimmertür herum und stürmte los.
    Sie rannte durch den Flur, sah die Wohnzimmertür angelehnt, wie sie sie hinterlassen
hatte und stieß sie mit angehaltenem Atem auf, als sie mit wenigen Schritten dort war.
Sie schloss die Augen und sammelte sich.
    Michelle wusste in diesem Augenblick mit unerschütterlicher Gewissheit, dass sie jetzt
niemand anderen als Harry sehen würde, sobald sie ihre Augen öffnen würde.
    Er würde sie einfach nur ansehen und dann würden sie sich in die Arme fallen und sich
mit tausend Küssen endlich wieder vereinen, nach all diesen Monaten.
    Natürlich war alles nur ein tragischer Irrtum gewesen. Harry war natürlich nicht tot. Man
hatte ihn fälschlich für tot erklärt, als man seinen ausgebrannten Patrouillenpanzer am
Rande der Nachschubroute gefunden hatte. In Wirklichkeit war er einfach von Aufständischen
gefangengenommen worden und jetzt war eben wieder frei und zurück bei
ihr.
    Michelle öffnete ihre Augen.
    Der Raum war leer. Sie hatte so gehofft, ihn zu sehen und sie spürte einen bitteren
    Schmerz. Natürlich war er leer. Harry war tot und würde es für immer bleiben.
    Jetzt rollte doch eine Träne über ihr Gesicht. Eine einzelne Träne nur, doch sie reichte
aus, Michelle in die Realität zurückzuholen. „ Verdammt Harry, hättest du es nicht sein
können?“
    Es klang wie ein Vorwurf und es war auch als Vorwurf gemeint. Das Zimmer schwieg
sie an.
    Dann fiel ihr Blick auf die Kommode, auf der ihr Flatscreen Fernseher stand.
    Die untere Schublade war halb geöffnet.
    Ihr Herz setzte für einen Schlag aus. Dann begannen ihre Schläfen zu pulsieren.
    Es war also doch jemand hier gewesen. Diese Schublade hatte Michelle seit vielen
Monaten nicht mehr angefasst, da war sie tausendprozentig sicher. Und doch glaubte
sie auch jetzt noch nicht an einen Einbrecher.
    In dieser Schublade lag der Brief, der ihr mit Harrys anderen Habseligkeiten übergeben
worden war, nachdem man sie von seinem Tod in Kenntnis gesetzt hatte.
    Die meisten Briefe dieser Art mussten niemals zugestellt werden. Die Soldaten brachten
ihren Einsatz hinter sich, kamen nach Hause und lebten mit ihren Familien weiter,
ohne dass sie jemals etwas von dem erwähnten, was sie in diesen Briefen aufgeschrieben
hatten. Diese Briefe wurden einfach vernichtet und die Männer begruben das darin
Gesagte zusammen mit ihren teils traumatischen Erlebnissen aus dem Einsatz in
irgendeiner abgelegenen Ecke ihres Unterbewusstseins.
    Doch manchmal musste ein solcher Brief eben doch an die Hinterbliebenen ausgehändigt
werden.
    Starb ein Soldat im Einsatz, wurde sein Spind geöffnet, die persönlichen Sachen
wurden gesichert, und wenn ein solcher Brief unter den Sachen war, dann sorgte die
Einheit auch dafür, dass er seinen Adressaten zusammen mit den anderen Hinterlassenschaften
des Gefallenen erreichte.
    Michelle hatten die beiden Offiziere, die damals vor ihrer Tür gestanden hatten, den
Brief persönlich und getrennt von dem kleinen Paket mit Harrys übrigen Sachen ausgehändigt.
    „Ma´am,
ich bin sicher, ihr Mann hätte gewollt, dass sie das hier bekommen“, hatte der
ältere der beiden gesagt und ihr den schlichten Umschlag mit einer unsicheren Handbewegung
überreicht.
    Michelle erinnerte sich später vage, dass dies der Moment gewesen war, als sie
zusammengebrochen war.
    Gelesen hatte sie den Brief, als der Notarzt, den die beiden Offiziere gerufen hatte, ihr
eine Beruhigungsspritze gegeben hatten und sie halbwegs wieder bei sich war,
    In diesem gedämpften Zustand konnte sie ihn lesen. Ohne diese Injektion wäre sie bis
heute nicht in der Lage gewesen, ihn zu lesen.
    Als die Wirkung des Mittels damals langsam nachgelassen hatte, war Michelle klar
geworden, dass sie die Kraft kein zweites Mal aufbringen würde, und hatte ihn in eben
diese Schublade gesteckt.
    Jetzt stand sie halb offen und legte stumm Zeugnis darüber ab, dass hier etwas vor sich
gegangen war, als sie allein im Badezimmer gewesen war.
    Nun bemerkte sie auch, dass nicht nur die Schublade der Kommode offen stand. Auch
das Wohnzimmerfenster war nur angelehnt.
    Einem Impuls folgend stürzte Michelle zum Fenster und riss die Gardine beiseite.
    Sie lehnte sich weit hinaus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher