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Der Fluch der falschen Frage

Der Fluch der falschen Frage

Titel: Der Fluch der falschen Frage
Autoren: Lemony Snicket
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er es bestimmt gleich wieder zu stehlen versuchen, und woher sollte ich wissen, wem ich trauen konnte und wem nicht? Stew Mitchum feixte mich hinter dem Rücken seiner Eltern an. Auch deshalb entschied ich mich dagegen, den Reißverschluss zu öffnen und Theodora die seltsame schwarze Statue zu zeigen, der wir den ganzen Ärger verdankten. Noch so eine falsche Entscheidung. Wobei es im Zweifel nichts geändert hätte.
    » Gut, dann bringen wir sie schleunigst der Familie Sallis«, sagte Theodora mit resolutem Nicken.
    » Der Familie Sallis?«, wiederholte Harvey Mitchum erstaunt. » Die wohnt hier schon ewig nicht mehr. In dem Herrenhaus ist kein Mensch.«
    » Außer vielleicht ein paar Mäusen«, fügte seine Frau hinzu.
    » Mimi, Mäuse sind keine Menschen.«
    » Das weiß ich, Harvey. Denkst du, das musst du mir erklären?«
    » Die rechtmäßigen Besitzer sind die Mallahans«, sagte ich zu Theodora. » Und zwar schon seit Generationen. Wenn Sie wollen, können Sie es in der Bibliothek nachschlagen.«
    Es ließ sich schwer sagen, was Theodora mehr wurmte– dass sie unrecht hatte oder dass sie in die Bibliothek gehen sollte, um sich schlauzumachen. » Schon möglich«, sagte sie, eine Floskel, die hier so viel bedeutet wie: » Ich bin im Unrecht, aber ich habe nicht den Mumm, es einzugestehen.«
    » Wir können euch zu den Mallahans mitnehmen«, bot Mimi Mitchum an. Ihr Mann ließ Stew vorn einsteigen, und Theodora, Ellington und ich pferchten uns auf die Rückbank, die Handtasche zwischen uns gequetscht. Wir sprachen nicht viel auf dem Weg zum Leuchtturm, aber die Wachtmeister Mitchum waren mehr als bereit, jede Gesprächspause mit Geprahle über ihren Goldjungen zu füllen. Ich hätte lieber die Geschichte von dem Silberschmied mit der verbrannten Hand weitergelesen oder die von der Familie, die im Wald Butter stampfte, oder sogar die über den Zauberer, der ja doch keinem half. Aber schließlich hielt der Kombi vor dem Leuchtturm, und Theodora stieß die Tür auf und stieg aus.
    » Du hast deine Probezeit bestanden«, sagte sie zu mir, » also kannst du auch alleine reingehen.«
    Sie hob die behandschuhte Hand, und ich dachte schon, sie wollte die verhinderte Ohrfeige von gestern Nacht nachholen. Aber auch damit lag ich falsch. Ihre Hand hing einen Augenblick leer vor mir in der Luft. Dann blickte ich Theodora mitten ins Gesicht und drückte die Hand, so fest ich nur konnte. Theodora zuckte unwillkürlich zusammen, und ich wandte mich ab, damit sie mein Lächeln nicht sah.
    » Na, Ende gut, alles gut«, sagte Wachtmeister Mitchum und salutierte zufrieden mit seiner dicklichen Hand.
    » Das wollte eigentlich ich sagen!«, sagte seine Frau tadelnd.
    » Viel Glück, Junker Snicket«, sagte Ellington und lächelte mich an.
    » Danke, Ellington«, sagte ich. » Ich werde mein Versprechen nicht vergessen.«
    » Ich werde mein Versprechen nicht vergessen«, äffte Stew mich nach und begann irgendeinen dummen Reim zu krähen: » Ei, ei, ei…«, hörte ich und etwas von einem verliebten Ehepaar. Ich ging zur Tür des Leuchtturms hinauf und klopfte, und die Tür öffnete sich, bevor Stew herauskrähen konnte, was das mit irgendwem zu tun haben sollte.
    » Was gibt’s Neues, Moxie?«, begrüßte ich das Mädchen, das mir aufmachte.
    » Lemony Snicket«, sagte sie erfreut und trat zur Seite, um mich einzulassen. » Was machst du hier? Wen hast du bei dir? Wann sagst du mir endlich, was hier vorgeht? Was ist in der Tasche?«
    » Etwas, das deiner Familie gehört«, sagte ich, » und das ich dir hiermit zurückbringe.«
    Sie schloss die Tür hinter uns. Ihre Schreibmaschine stand auf der Treppe, und ich wusste, dass Moxie an ihrem üblichen Ausguck gesessen und getippt hatte.
    » Also?«, sagte Moxie.
    » Dieser olle Plunder ist Teil einer langen Geschichte, über die ich nun endlich sprechen darf«, sagte ich. » Ich habe dir versprochen, deine Fragen zu beantworten, wenn das alles vorbei ist, also frag mich, was du willst.«
    » Gut«, sagte sie mit beglücktem Nicken. Ihr Hut nickte mit, während sie vor mir die Stufen hinaufstieg und sich die erste Frage überlegte. » Warum hast du die Statue gestohlen, und warum bringst du sie jetzt zurück?«
    » Ich habe versprochen, sie bei ihrem rechtmäßigen Besitzer abzuliefern«, sagte ich, » und das ist deine Familie.«
    » Aber das habe ich dir doch beim ersten Mal schon gesagt.« Moxie führte mich in die Nachrichtenredaktion. » Meine Familie hat diesen Kram jahrelang
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