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Der Fluch der falschen Frage

Der Fluch der falschen Frage

Titel: Der Fluch der falschen Frage
Autoren: Lemony Snicket
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gesammelt, solange die Zeitung noch erschienen ist, aber kein Hahn hat je danach gekräht– bis auf den Menschen, der damals das Telegramm geschickt hat.«
    Ich zog das Leintuch vom Tisch ab und stellte die Tasche zwischen all die anderen Bordunbestien-Souvenirs. » Derselbe Mensch, der dieses Telegramm geschickt hat«, sagte ich, » hat auch meine Mentorin angerufen und sich als dein Vater ausgegeben.«
    » Und hat mich angerufen«, sagte Moxie nachdenklich, » und sich als du ausgegeben.«
    » Und hat mich angerufen und sich als Ellington Feint ausgegeben«, sagte ich und begann den Reißverschluss aufzuziehen.
    » Das heißt, er ist offenbar gut darin, menschliche Stimmen zu imitieren«, sagte Moxie.
    Ich warf einen Blick aus dem Fenster über die grasige Felskante hinweg auf die geisterhaften Weiten des Klausterwaldes. Der Wald war ein gesetzloser Ort, erinnerte ich mich, aber Brandhorst brauchte etwas Näheres, von wo aus er seine Helfer im Auge behalten konnte. » Nicht nur menschliche Stimmen«, sagte ich. » Ich habe ihn auch Vogelrufe nachahmen hören.«
    Moxie schnappte nach Luft im selben Moment wie ich auch, aber nicht aus demselben Grund, weil wir nämlich in unterschiedliche Richtungen sahen. Moxie sah in die Tasche, deren Reißverschluss jetzt ganz aufgezogen war, und statt in die seltsamen, hohlen Augen der Bordunbestie starrte sie auf eine Packung Kaffee mit einer schwarzen Katzensilhouette darauf. Mein Blick dagegen ging immer noch aus dem Fenster. Die Wachtmeister Mitchum standen da und schwatzten mit Theodora, und Stewie schaute in einen Baum hinauf, ein grausames Lächeln im Gesicht und seine Steinschleuder in den Händen. Aber ein Stück entfernt jagte eine Gestalt durch die Bäume, die Gestalt eines langbeinigen Mädchens im langen Mantel. Es war Ellington Feint, und sie drückte einen dunklen Gegenstand an sich.

Dreizehntes Kapitel
    » Das heißt, der Butler war es?«, fragte Hector. Es w ar sei n zwölfter Geburtstag. Falls dieser Bericht irgendwelche Leser hat, wovon ich nicht ausgehe, dann kann ich nur hoffen, dass sie ihren zwölften Geburtstag nicht in der Hotelhalle des Weißen Torso mit einer Handvoll angestaubter Erdnüsse begehen müssen, während Prosper Weiss sie mit Argusaugen beobachtet. Die meisten Menschen haben ein Fest verdient.
    » Brandhorst war kein richtiger Butler«, erklärte ich meinem Verbündeten, » und der Täter in dem Sinn ist er auch nicht. Als sein Telegramm an die Mallahans unbeantwortet blieb, engagierte er Dame Sally Murphy, damit sie sich als Mrs Murphy Sallis ausgab. Er selbst gab sich als ihr Butler aus, um sie im Auge behalten zu können, während sie uns dafür engagierte, die Bordunbestie zu stehlen.«
    Hector furchte nachdenklich die Stirn. » Und dieses Mädchen hat er auch auf die Statue angesetzt?«
    » Ja. Er hat Ellington Feint damit gedroht, dass sie ihren Vater nie wiedersehen würde, wenn sie ihm nicht half. Sie brach in der Weißwimpelhöhe ein und suchte nach einem Weg, die Statue an sich zu bringen, aber dann hatte sie das Glück, dass ich sie ihr praktisch auf dem Silbertablett serviert habe. Als die Polizei kam, packte sie die Statue und eine Packung Kaffee in Zeitungspapier, so dass ich Theodora im Weißen Torso das falsche Päckchen schickte. Das richtige schickte sie derweil an sich selbst, c/o Gatto Nero Caffè, aber ich kam hinter den Schwindel und holte es ab, bevor sie es holen konnte. Dann hat sie die Statue gegen eine neue Packung Kaffee vertauscht, wahrscheinlich während wir bei den Mitchums im Kombi saßen, und ist damit weggerannt. Und jetzt finden wir sie nirgends.«
    » Glaubst du, sie hat die Statue Brandhorst übergeben?«
    » Ich weiß es nicht«, sagte ich. » Ich hoffe nicht.«
    » Es scheint ein ziemlicher Aufwand, nur um an so ein kleines Holzteil zu gelangen«, sagte er, » besonders wenn sich sonst keiner dafür interessiert. Wozu braucht er das Ding überhaupt?«
    Ich sah mich in der Hotelhalle um. Drei Tage waren vergangen, und es waren keine einfachen Tage gewesen. All diese Fragen hatten auch mich umgetrieben, während ich lesend in der Bibliothek saß oder am Tresen vom Gatto Nero Caffè dem Pianola lauschte und darauf hoffte, dass Ellington Feint zur Tür hereinkam. Zu jedem Rätsel gibt es eine Geschichte, und solche Geschichten beginnen für gewöhnlich mit einer Spur. Ich hatte die Spur der Bordunbestie verfolgt, aber allmählich begann ich zu ahnen, dass ich einer ganz anderen Spur hätte folgen müssen.
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