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Der Fluch der falschen Frage

Der Fluch der falschen Frage

Titel: Der Fluch der falschen Frage
Autoren: Lemony Snicket
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herausgebracht hatte, dass die Statue den Mallahans gehört, musste ich nur in der Weißwimpelhöhe auf meine Chance warten, in den Leuchtturm einzubrechen und sie zu stehlen. Dann sah ich dich und deine langmähnige Verbündete im Leuchtturm verschwinden und über die Trosse wieder herauskommen. Und dann bist du auch noch in meinen Baum gefallen. Als du die Bordunbestie vor mich hingestellt hast, wusste ich, dass meine Chance gekommen war.«
    » Alles wäre glattgegangen«, sagte ich, » wenn du mir nicht vom Gatto Nero Caffè erzählt hättest. Warum hast du das getan?«
    Ellington zuckte die Achseln, und ihre Wangen röteten sich leicht. » Weil du mir sympathisch bist, Junker Snicket«, sagte sie. » Ich dachte, du könntest den Laden interessant finden, selbst wenn du keinen Kaffee magst.«
    » Ich finde ihn auch interessant«, sagte ich. » Ich finde diese ganze Geschichte hochinteressant. Ich habe versprochen, dir zu helfen, und ich halte mein Versprechen. Dein Vater ist in verbrecherische Hände gefallen, aber das heißt nicht, dass wir selbst zu Verbrechern werden müssen. Wir können ihn befreien, ohne vor einem Schurken wie Brandhorst unseren Kotau zu machen.«
    » Unseren was?«
    » Einen Kotau machen heißt so viel wie servil sein.«
    » Dieses Spiel könnte ich die ganze Nacht spielen, Junker Snicket. Was heißt ›servil‹?«
    » Uns wird gar nichts anderes übrig bleiben, Miss Feint«, sagte ich. » An die Bordunbestie komme ich erst morgen früh wieder. Wir bringen sie zu den Mallahans zurück, und dann finden wir deinen Vater und legen Brandhorst das Handwerk.«
    Ich hatte gehofft, zuversichtlicher zu klingen, als ich mich fühlte, aber so wie Ellington die Stirn runzelte, nahm sie mir meine Zuversicht offenbar nicht ab. » Wie sollen zwei Jugendliche ihm denn ganz allein das Handwerk legen?«, fragte sie.
    » Wir sind nicht allein«, sagte ich. » Ich habe Verbündete.«
    » Die Frau mit der Mähne?«
    » Nicht nur.«
    » Sind sie hier in der Nähe?«
    Ich schwieg einen Moment und lauschte auf das Pianola, das unten klimperte. Kein anderer Laut war zu vernehmen. Es war schon spät. Gut möglich, dass die Person, an die ich dachte, tief unter der Erde war. » Nicht so nah, wie ich sie gern hätte«, gab ich zu.
    » Du bist mir ein Rätsel, Junker Snicket«, sagte Ellington. » Ich habe dir alles darüber erzählt, wie ich in diese Stadt gekommen bin, aber du hast nichts darüber verraten, was du hier machst.«
    » Wie schon gesagt, ich habe eine unorthodoxe Erziehung genossen«, sagte ich. » Meine Ausbildung ist jetzt abgeschlossen, aber momentan bin ich Praktikant bei S. Theodora Markson. Von den zweiundfünfzig Mentoren, die zur Auswahl standen, rangiert sie an letzter Stelle.«
    » Du hast etwas Besseres verdient«, sagte Ellington.
    » Ich habe sie ganz bewusst ausgewählt«, sagte ich. » Ich dachte, das würde mir mehr Zeit für meine eigentliche Aufgabe lassen.«
    » Was für eine Aufgabe? Suchst du auch nach deinem Vater?«
    » Mein Vater ist gesund und munter«, sagte ich und dachte mit einem Schauder an den Mann im Schierlings Schreibwaren & Café. » Nein, meine Aufgabe besteht darin, einen Tunnel zu den Kellerräumen eines Museums zu graben.«
    » Warum das?«
    » Weil sich dort ein bestimmter Gegenstand befindet«, sagte ich. » Ein Ausstellungsstück, das in die richtigen Hände gelangen muss.«
    » Aber warum durch dich?«, wollte Ellington wissen. » So was ist doch Erwachsenensache. Warum helfen deine Eltern dir nicht?«
    Ich dachte an meine Eltern und dann an die Leute, die sich als meine Eltern ausgegeben hatten, und an die geisterhafte Wolke, die in der Seitengasse aufgestiegen war, als Theodora meinen Laudanum-Tee ausgego ss en hatte. Ich spürte eine verworrene Beklemmung, als säße mir ein Knäuel aus Drähten oder Tangsträngen in der Brust, und als Ellington mir eine Hand auf die Schulter legte, schoss es mir durch den Kopf, dass ihre langen Finger wahrscheinlich sehr gut im Entwirren von Dingen waren. » Meine Eltern können mir nicht helfen«, sagte ich. » Sie sind selbst machtlos.«
    » Wie mein Vater«, sagte Ellington leise, und ein paar Sekunden erlaubte ich es mir, mich schrecklich nach meinen Eltern zu sehnen. Ich sah erst das Gesicht meines Vaters vor mir und dann das meiner Mutter, beide lächelnd. Nur ein paar Sekunden, Snicket, befahl ich mir und kniff mehrmals fest die Lider zusammen, denn in ein paar Sekunden wird dir Ellington die nächste Frage
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