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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin
Autoren: Birgit Jaeckel
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ihre Gabe nicht verloren hatte, durchflutete sie zusammen mit der Faszination über die Fremdheit von Nandos Seele. Beides ließ sie mutig werden.
    »Warum entführst du mich? Das ist es doch, oder? Du hast mich nicht hierhergebracht, um mich zu töten oder den Druiden zu übergeben. Was willst du von mir?«
    Oder was willst du von Caran?,
fügte sie im Stillen hinzu. Wusste er, wessen Enkelin sie war? Sollte sie eine Geisel sein, damit er – oder jemand, in dessen Auftrag er handelte – Caran erpressen konnte? Womöglich ging es gar nicht um sie. Und wenn dem so war: War das gut oder schlecht?
    Sumelis ahnte nicht, dass ihr Stirnrunzeln die Hälfte ihrer Gedanken verriet. Nando hätte beinahe gelacht, als er bemerkte, wie wenig sie in der Lage war, sich zu verstellen. Ihre Unerschrockenheit war jedenfalls eine Überraschung. Fast wie ein Kind, dabei war sie eindeutig eine Frau. Sie war sogar recht hübsch, nur ein wenig kleiner als er selbst, und sie hatte sich mit einer Geschicklichkeit gegen ihn zur Wehr gesetzt, die er niemals bei einer Frau ihres Standes erwartet hätte. Vielleicht aber war er einfach nur andere Frauen gewohnt, überlegte er, und seine Vorstellung davon, wie sich die Enkelin eines keltischen Fürsten und angebliche Zauberin bei ihrer Entführung benehmen sollte, falsch. Sie hatte ihn ja noch nicht einmal verflucht!
    Oder sie war tatsächlich etwas so Besonderes, wie ihm gesagt worden war.
    Nando tat den Gedanken mit einem Schulterzucken ab. Wenn Sumelis sich in eine Krähe hätte verwandeln und einfach davonfliegen können, hätte sie es schon längst getan. Immerhin war sie kein Feigling und schien auch nicht zu Tränen zu neigen. Das war eine Erleichterung. Es würde vieles einfacher machen – für ihn und ganz sicher für sie.
    Mit einer geschmeidigen Bewegung stand er auf und bückte sich nach seinen Waffen. »Nichts«, antwortete er mit einiger Verspätung auf die Frage, was er von ihr wolle. »Ich will gar nichts von dir, außer, dass du tust, was ich dir befehle.« Er warf sein Messer in die Luft und fing es spielerisch zwischen Daumen und Zeigefinger wieder auf. Kurz darauf presste sich die Klinge einen kalten Moment lang gegen Sumelis’ Kehle. Die junge Frau schrak zurück. Über Nandos ausdrucksloses Gesicht huschte ein wissendes Lächeln, als er seine Erwartungen endlich erfüllt sah.
    Das Lächeln verunsicherte Sumelis mehr als das Messer, das vor ihren Augen schwebte.
     
    Talia setzte ihren Korb ab und ging, begleitet von einem vertrauten Knacken in den Knien, in die Hocke. Ihr Messer vollführte kleine präzise Bewegungen, während sie die jungen Blätter abschnitt und in ihrem Korb verstaute. Sie riss eine Blattspitze ab und zerrieb sie zwischen den Fingern. Der starke würzige Geruch des Bärlauchs stieg ihr in die Nase. Genüsslich atmete Talia tief ein.
    Jetzt, da der Winter vorüber war, würden die Speisen endlich wieder nach frischen Zutaten schmecken, nicht nur nach getrockneten Kräutern und altem Obst und Nüssen. Nicht, dass sie noch allzu viele Vorräte übrig gehabt hätten, dachte Talia und verzog das Gesicht. Zwar ging es ihnen nicht schlecht, und sie hatten noch niemals Probleme gehabt, wohlgenährt über den Winter zu kommen, dennoch war sie sicher, dass Sumelis in Alte-Stadt abwechslungsreichere Wintermonate verlebt hatte – und das nicht nur geschmacklich.
    »Trauerst du dem Überfluss und Reichtum als Carans Erbin nach?«
    Ertappt richtete sich Talia auf. Atharic kannte sie einfach zu gut. »Habe ich diesen Winter über so viel gejammert?«, fragte sie, derweil sie darauf wartete, dass seine Arme ihre Taille umschlossen und er sie an sich zog. Sein Gesicht grub sich in ihre Haare, bis er ihr Ohr fand und sie sanft ins Ohrläppchen biss. Er roch nach Pferd und Erde.
    »Du hast nur ungefähr hundertmal betont, wie gerne du jetzt bei Sumelis wärst.«
    »Das liegt daran, dass ich sie vermisst habe.«
    »Aha. Dass Sumelis wahrscheinlich die ganze Zeit über Wein trinken konnte, diese römischen Fischsaucen gegessen hat, die ich absolut widerlich finde …«
    »Garum.«
    »Genau, Garum. Danke. Jedenfalls hat das alles ganz bestimmt nichts damit zu tun, dass du dich nach Alte-Stadt gewünscht hast.«
    Sie boxte ihm in die Rippen. »Hör auf! Du vermisst sie doch auch! Denn wen habe ich letztens dabei ertappt, wie er einen Blick in ihre Truhe geworfen hat, nur um ihre Sachen zu berühren?«
    »Vielleicht war ich auf der Suche nach ein paar Amphoren mit
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